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Geschichte der
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HAMBURG

Der Hamburger Universität blieben dank ihrer späten Gründung die Querelen um das Frauenstudium erspart. Aber ihre Vorläufer hatten auch schon einen Beitrag zur Frauenausbildung geleistet. Schon in der Frühaufklärung nahmen die anonymen Verfasser des 'Patrioten' eindeutig Stellung gegen die Benachteiligung der Töchter gegenüber den Söhnen bei der "Kinder-Zucht", und ersannen einen Entwurf einer "eigenen für die Töchter anzulegenden Academien".
Vier Jahre später legte der 'Patriot' seine "Frauenzimmer- Bibliothek", eine Liste mit den Frauen zu Lektüre empfohlenen bildenden und erbaulichen Schriften vor(1), die allerdings einige Parallelen mit einer 1705 anonym erschienenen 'Frauen-Zimmer- Bibliotheckgen' aufweist, von der Ebert allerdings schon 1706 (2) bemerkt hatte: "Der unlängst ein Verzeugnüß der Bücher vor ein Frauen=Zimmer aufgesetzet / hat sie gar sparsam versorget / und mit sehr wenigen abspeisen wollen".
1748 vermeldete nun schließlich der 'Hamburgische Correspondent', es sei eine "Academie für die Demoiselles" gegründet worden. Auf dem Lehrplan stand allerdings neben Sprachunterricht nur Geschichte und Geographie, wohl kaum die Umsetzung der Pläne des 'Patrioten'.
Da auf die Geschichte der Mädchenbildung nicht weiter eingegangen werden kann, hier nur ein einziges weiteres Erziehungsinstitut: In der Folge der Revolution 1848 wurde auf Betreiben Emilie Wüstenfelds (1817-1874) eine "Hochschule für das weibliche Geschlecht" unter der Leitung Karl Fröbels eingerichtet (3), wobei aber das Wort "Hochschule" nur in sehr eingeschränktem Sinn zu verstehen war.
Der Stundenplan bestätigt diesen Eindruck. Immerhin standen auch naturwissenschaftliche Fächer auf dem Lehrplan. Interessanterweise wurde für das Winterhalbjahr 1850/1851 sogar ein Kurs "Geschichte der gesellschaftlichen Stellung der Frauen" angekündigt.
Karl Fröbel distanzierte sich zwar ausdrücklich von der Absicht, etwa gelehrte Frauen bilden zu wollen. Doch stieß er mit dieser Haltung auf wachsende Schwierigkeiten, über die daß er sich 1851 bei dem Verwaltungsausschuß beklagte. Wegen zunehmender Schwierigkeiten wurde die "Hochschule" bald wieder geschlossen. Die unmittelbaren Vorläufer der Hamburger Universität machten nun wirklich Ernst mit einer wissenschaftlichen Ausbildung für Frauen.
Die Oberschulbehörde hatte 1907 dem Professorenkonvent der Wissenschaftlichen Anstalten die Einrichtung von Vorlesungskursen für Oberlehrerinnen angetragen, noch im selben Jahr wurden solche Kurse in Physik und Chemie eingerichtet. Als der Professorenkonvent 1909 obendrein die vertrauliche Mitteilung erhielt, daß diese Kurse sozulagen das Provisorium einer Übergangsphase darstellten, nach der ein Universitätsstudium auch für werdende Oberlehrerinnen gefordert werden solle, erklärten sie sich bereit, diese Kurse im Rahmen des öffentlichen Vorlesungswesens zu übernehmen, mit besonderem Schwergewicht auf den Naturwissenschaften, um "ein allmählich erwachsenes Bedürfnis" zu befriedigen.
Ab 1912 wurde die Einstellung der Kurse erwogen, doch wegen dem wachsenden Bedarf durch die schneller als erwartet ansteigenden Zahlen von Höheren Mädchenschulen noch einige Male hinausgeschoben.

Der Professorenrat des Kolonialinstituts hatte 1908 beschlossen, "daß Damen als Hörerinnen und Hospitantinnen unter denselben Bedingungen und Voraussetzungen zuzulassen sind wie die Herren" - ein Beschluß, der nicht allein auf die Anfrage einer studierwilligen "jungen Dame" zurückzuführen war, sondern nicht zuletzt auch auf ein Manuskript, "welches das Hamburgische Kolonialinstitut in einer Frauenzeitung behandeln soll."
1911 war es soweit: die erste Hörerin wurde im Kolonialinstitut immatrikuliert.
Aber schon im Jahre 1910 hatte das Institut einen Ansturm von Hospitantinnen erlebt, Schülerinnen der Haushaltungsschule, die Prof. Voigts Vorlesung über Koloniale Nutzpflanzen hören wollten.
Als schließlich 1919 die Hamburger Universität gegründet wurde, konnte sie sofort mit einer weiblichen Lehrbeauftragten glänzen: Rose Stoppel, die sich 1916 mangels anderer Beschäftigung um eine Anstellung bei der Hamburger Schulbehörde bemühte, war vom damaligen Staatsinstitut für Allgemeine Botanik "abgeworben" worden. 1919 wurde sie als wissenschaftliche Angestellte mit in die Universität übernommen.

Auch die ersten Studentinnen stellten sich ein. Eine Reihe von ihnen promovierte sogar in naturwissenschaftlichen Fächern. Die erste psychologische Arbeit über die Studentinnen(4) entstand ebenfalls im Rahmen einer Promotion an der Universität Hamburg.
Persönlicheres über Ihre Studienzeit an der Hamburger Universität erzählt Gertrud Warburg in ihrer Familiengeschichte(5). Dort berichtet sie auch über das Eindringen faschistischer Ideen an der Universität und über das Schicksal einer der ersten in Hamburg praktizierenden Ärztinnen, Betty Warburg.

Anmerkung:
Wenn die entsprechende Literatur in allgemein gebräuchlichen Nachschlagewerken zu finden ist, sind die "Wichtigsten Werke" der dokumentierten Frauen nicht eigens aufgeführt. Ein für alle wissenschaftshistorischen Fragestellungen äußerst nützliches Nachschlagewerk ist zum Beispiel: J. C. Poggendorff: Biographisch-Literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften. Unter Mitwirkung der Akademien der Wissenschaften zu Berlin, Göttingen, Heidelberg, München und Wien herausgegeben von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig.
Die Bände sind aufgeteilt nach Berichtsjahren.




(1) siehe Peter Nasse: Die Frauenzimmer-Bibliothek des Hamburger "Patrioten" von 1724: zur weiblichen Bildung in der Frühaufklärung. Stuttgart 1976.
(2) Johann Caspar Ebert: Eröffnetes Cabinett des Hoch- und Wohlgelahrten Frauenzimmers. Frankfurt und Leipzig 1706.
(3) siehe Christine Hartwig: Frauenbewegung und Frauenbildung in Hamburg während und nach der Umbruchzeit 1848/49. Examensarbeit 1981.
(4) Elisabeth Knoblauch: Zur Psychologie der studierenden Frau. Eine Untersuchung über die Einstellung zum Studium und zur späteren Berufstätigkeit bei Studentinnen. Hamburg 1930. Abgedruckt in: Zeitschrift für angewandte Psychologie 36 (1930) 438-523.
(5) Gertrud Burchard-Wenzel: Granny. Gerda Warburg und die Ihren. Hamburger Schicksale. Hamburg 1970.

 
 Seitenanfang  Impressum 23.04.2004, Joachim Feltkamp

Last modified: Gudrun Wolfschmidt, 9. April 2018.