NATURKUNDE
"Rien ne saurait, en effet, mieux s'allier que la femme et les
fleurs;...la femme qui n'est que dévouement et amour, comment
n'aimerait-elle pas ces čtres délicats comme eile, ...ces čtres
qui demandent, comme ses enfants, les soins de tous les moments
et l'attention la plus soutenue."
(Charles Morren, 1838)
Die oft zitierte "Natur der Frau" galt im Allgemeinen nicht in
gleichem Ausmaß wie bei den exakten Naturwissenschaften als
Hinderungsgrund für die Beschäftigung mit biologischen Phänomenen.
Das Thema "Natur und Frau" hat zahlreiche Wandlungen erfahren und
kann in diesem Rahmen nicht behandelt werden, so wichtig es auch
für die jeweils betroffenen Frauen war. Es soll aber spätestens
hier daraufhin gewiesen werden, daß auch das Naturbild selbst im
Laufe der Geschichte der Wissenschaften nicht gleichblieb (1).
HILDEGARD VON BINGEN (1098 - 1179)
Wichtigste Werke:
Noch liegt keine kritische Edition der Hildegard-Werke vor, und
die Frage der Echtheit ist noch nicht in allen Fällen endgültig
geklärt.
Ihre naturkundlichen Schriften sind:
Physica (Liber Subtilitatum diversarum naturam creaturarum =
Liber simplicis medicinae).
Causae et curae (Liber compositae medicinae de aegritudinum
causis, signis atque curis); mitsamt Ergänzung im Codex Berolin.
Lat. Qu. 674.
Sie war eine bedeutende Mystikerin, hatte großen Einfluß auf das
kulturelle und politische Leben ihrer Zeit und gründete und leitete
die Klöster Rupertsberg und Eibingen. Von ihrem Briefwechsel
sind ca. 500 Briefe erhalten.
Sie war auch eine hervorragende Kennerin der zeitgenössischen
Naturkunde und mit dem antiken Gedankengut und den medizinischen
Theorien wohlvertraut. Die sogenannte Physica oder Naturkunde
umfaßt eine Beschreibung der den Pflanzen, Elementen, Flüssen,
Mineralien und Tieren innewohnenden Heilkräfte. In keinem anderen
zeitgenössischen Werk ist die belebte und unbelebte Natur so
umfassend wie hier beschrieben worden. Es läßt sich zeigen, daß sie
auch selbständige Beobachtungen über die einheimische Flora und
Fauna sowie über die biologischen Charakteristika ihrer Naturobjekte
angestellt haben muß. Die als 'Causae et curae' bezeichnete
Heilkunde hat eine Pathologie und Physiologie des Menschen zum
Inhalt und schließt eine systematische Kosmologie und Anthropologie
ein. Innerhalb dieser Schriften verknüpfte sie das naturkundlich-
rational fundierte Weltbild mit einer religiösen Schau und
begriff die Wiederherstellung des Heiles des Körpers und der Seele
als Einheit, eine Sichtweise, die erst mit der psychosomatischen
Medizin wieder aufgegriffen worden ist.
Sekundärliteratur:
Werner Lauter: Hildegard-Bibliographie. Wegweiser zur Hildegard-
Literatur. Alzey 1970.
Neuere Schriften:
Irmgard Müller: Die pflanzlichen Heilmittel bei Hildegard von
Bingen. Salzburg 1982.
(1) Zu dieser Problematik siehe auch: Carolyn Merchant: The Death of
Nature. Women, Ecology and the Scientific Revolution.
San Francisco Harper & Row 1980.
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