ZOOLOGIE
"Was Swammerdam verspricht / was Harvey einst verloren / kommt
jedermann zu Ohren; daß ein kunstreiches Weib diß alles selbst
geleist / zu ihrer Zeit-vertreib."
(C. Arnold, in: Lobgedicht auf Maria Merian, 1679)
Seit dem 17. Jahrhundert fanden mehrere Frauen über die Malerei,
den Kupferstich oder die Herstellung von anatomischen Wachsmodel-
len Zugang zu biologischen Fächern. Dies galt natürlich auch für
die Zoologie.
MARIA SIBYLLA MERIAN (1647 - 1717)
Wichtigste Werke:
Neues Blumenbuch allen kunstverständigen Liebhabern zu Lust,
Nutz, und Dienst mit Fleiß verfertiget.
Nürnberg 1680.
(Dieses Buch erschien im Verlag ihres Mannes unter dem Namen
Maria Sibylla Graffin, mit dem Zusatz "M. Merians des Altern
seel. Tochter". Später nahm sie ihren Mädchennamen wieder an und verzichtete auf den Hinweis auf ihren Vater).
Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung
worinnen durch eine gantz-neue Erfindung Der Raupen, Würmer,
Sommervögelein, Motten, Fliegen und anderer dergleichen Thierlein
Ursprung, Speisen und Veränderungen samt ihrer Zeit, Ort und
Eigenschaften Den Naturkündigern, Kunstmahlern und Gartenliebhabern zu Dienst fleißig untersucht, kürzlich beschrieben, nach dem Leben abgemahlt ins Kupfer gestochen und selbst verlegt.
1. Teil Nürnberg 1679.
2. Teil Frankfurt 1683.
3. Teil Amsterdam 1717 (in holländischer Sprache herausgegeben
von ihrer Tochter Dorothea Henriette).
Lateinische Übersetzung: Erucarum ortus, alimenta, et Paradoxa
metamorphosis...Amsterdam 1718.
Französische Übersetzung: Histoire des Insectes de l'Europe.
Amsterdam 1730.
Herausgegeben und übersetzt von Joh. Marret.
De generatione et metamorphosi insectorum Surinamensium.
Amsterdam 1705.
Holländische Übersetzung: Over de Voortteeling en Wonderbaerlyke Veranderingen der Surinaamsche Insekten. Den Haag 1719 und Amsterdam 1730.
Französische Übersetzung: Dissertation sur la génération et les
transformations des insectes de Surinam. Den Haag 1726 und Paris
1768.
Sie war die Tochter des weltberühmten Malers und Kupferstechers
Matthäus Merian dem Älteren. Allzuviele Anregungen kann sie von
ihm aber nicht empfangen haben, denn er starb, als sie erst drei
Jahre alt war. Wichtiger wurde für sie ihr Stiefvater Jacob
Marrell, selbst ein bekannter Blumenmaler, der sich gegen den
Widerstand ihrer Mutter entschloß, sie in der Malerei und im
Kupferstechen auszubilden, nachdem er einige Zeichnungen des Kindes
durch Zufall entdeckt hatte. Mehr als die Blumen interessierte
sie jedoch deren biologisches Umfeld - 'das Widerstreben ihrer Mutter
mag auch damit zusammenhängen, daß sie in ihren Schürzentaschen nur zu oft Raupen, Käfer und anderes Gewürm nach Hause brachte. Auch ihre Ehe mit dem zehn Jahre älteren Andreas Graff scheint von ihren diesbezüglichen Interessen von Anfang an ein
wenig belastet gewesen zu sein. Mit halbherziger Erleichterung
schrieb sie in einem Brief über den Umzug nach Nürnberg, es sei doch gut, dadurch gezwungen zu sein, ihre Insektenaufzucht zu
dezimieren, da die Raupen immer im ungünstigsten Moment aus ihren
Pappschachteln hervorgekrochen seien.
In Nürnberg widmete sie sich zunächst dem Unterhalt des Hausstandes, gründete eine Malschule für höhere Töchter, führte Auftragsarbeiten durch und betrieb einen Farb- und Firnishandel, da ihr Mann sich weder geschäftlich noch künstlerisch als tüchtig erwies.
1675 begann sie, ihr 'Neues Blumenbuch' herauszugeben, das
ihren Lebensunterhalt erst einmal sicherte. So konnte sie sich
nun ganz ihren Studien über die Insekten widmen, wobei sie in
ihrer zehnjährigen Tochter Johanna Helena eine Helferin beim
Betreuen der Raupen und beim Sammeln des Futters fand. Ihr Buch
'Der Raupen wunderbare Verwandlung' eröffnete erstmals den Blick
für die natürlichen Zusammenhänge zwischen Insekt und
Nahrungspflanze, während bis dahin die Insektenwelt überhaupt noch weitgehend unerforscht war. Nach der Trennung von ihrem Mann schloß sie sich zunächst der labadistischen Sekte an und zog mit ihrer Mutter und ihren beiden Töchtern nach Wieuwerd in Westfriesland. Dort lernte sie Latein, studierte die Fachliteratur ihrer Zeit
und knüpfte Kontakte mit holländischen Gelehrten und Sammlern an.
Als sie eine Schmetterlingssammlung aus Niederländisch-Guayana zu
sehen bekam, stand ihr Beschluß fest: 1699 machte sie ihr Testament
und schiffte sich mit ihren Töchtern von Amsterdam aus auf
einem Dreimaster nach Surinam ein. Dort wagten sich die Frauen
kühn ins Land hinein, durchstreiften den Dschungel, unternahmen
weite Flußfahrten und nutzten jede Gelegenheit, um Schmetterlinge,
Kröten, Käfer, Eidechsen und Pflanzen zu sammeln. In der
Regenzeit zeichneten und präparierten sie, was sie gesammelt hatten,
und beobachteten die Entwicklung der Raupen in den Raupenkästen.
Obendrein waren die meisten Raupen monophag, also streng
kostgebunden, was ihre Arbeit zusätzlich erschwerte, denn sie
mußten das Futter von dort herbeischaffen, wo sie die Raupen gefunden Latten. Widerwillig brach sie nach zwei Jahren, durch eine
schwere Malaria gezwungen, ihren Aufenthalt ab und kehrte nach
Amsterdam zurück. Dort begann sie, die Berge von mitgebrachtem
Material zu ordnen, und ihre Sammlung selbst auszuwerten. Nur die
Bestimmung der Pflanzen überließ sie dem Demonstrator am
Botanischen Garten zu Amsterdam, Professor Caspar Commelin. Ihre ältere Tochter kehrte bald darauf nach Surinam zurück, wo sie sich verheiratete und ihrer Mutter fortwährend neue Beobachtungen und Zeichnungen übermittelte, die jüngere half der Mutter in Amsterdam.
1705 erschien ihr Hauptwerk mit einem zu jeder der sechzig
Tafeln von ihr selbst verfassten Text. Hierzu schreibt sie: "Ich
hätte den Text wohl ausführlicher gestalten können, da aber die heutige Welt sehr feinfühlig ist und die Ansichten der Gelehrten unterschiedlich sind, bin ich nur einfach bei meinen Beobachtungen geblieben. Ich liefere dadurch Stoff, aus dem jeder nach eigenem Sinn und eigener Meinung Schlüsse ziehen und diese nach eigenem Gutdünken auswerten kann. Für ihre Leistungen zählte Linné sie "unter die Zahl der Unsterblichen".
Sekundärliteratur:
Wilhelm Treue und Hildegard Treue: Maria Sibylla. Der Lebensroman der deutschen Künstlerin und Forscherin Maria Sibylla Merian. Berlin 1940.
C. JURINE (gestorben 1814)
Ihr Vater Louis Jurine, Arzt in Genf, leitete sie schon früh an,
wissenschaftlich zu arbeiten. Ihr Hauptinteresse galt dem Gebiet,
das damals als "Naturgeschichte" bezeichnet wurde. Sie erwies
sich als so begabt, daß Francois Huber, Entomologe und Privatmann
in Genf, ihr oft Untersuchungen übertrug, als er zu erblinden
begann. So entstand ihre Arbeit über die Wachsproduktion der Bienen.
Auch ihre Entdeckung der verkümmerten Eierstöcke bei den
Arbeitsbienen ging auf seine Anregung zurück. Er hatte sie gebeten,
gewisse in ihrem Bau und Verhalten vom Normalfall abweichende
Bienen zu untersuchen, die er in einem seiner Bienenstöcke
beobachtet hatte. Im Laufe ihrer Untersuchungen entwickelte sie ein
neues Präparationsverfahren, das ihr erlaubte, genauere
vergleichende Beobachtungen anzustellen. Diese führten sie zu ihrer
Entdeckung, die eine langandauernde entomologische Streitfrage
entschied. Einige ihrer Arbeiten, bzw. Zusammenfassungen ihrer
Ergebnisse, erschienen in den Schriften Hubers, z. B. in: Francois
Huber: Nouvelles Observations sur les Abeilles. 2. ed. T. 1. 2.
Paris 1814. Es ist leider noch nicht geklärt, ob weitere Arbeiten
aus dem Genfer Kreis auf ihre Forschungen zurückgehen.
NETTIE STEVENS (1861 - 1912)
Anfang des 20. Jahrhunderts stellten die Genetiker die Bedeutung
der X- und Y-Chromosomen fest. Obwohl Nettie Stevens in den
meisten Texten hierzu nicht erwähnt wird, steht fest, daß sie an
dieser Entdeckung einen bedeutenden Anteil hatte. Meist wird
angenommen, daß Wilson und Stevens unabhängig voneinander zu dem Resultat kamen, daß die X- und Y-Chromosomen bestimmend für das Geschlecht eines Lebewesens sind, aber es scheint, daß Wilson sich der Interpretation Stevens erst anschloß, nachdem er ihre
Resultate gesehen hatte. Da er aber Mitherausgeber des "Journal
of Experimental Zoology" war, erschien sein Papier vor dem ihren.
Stephen C. Brush bemerkt hierzu: "Because of Wilson's more
substantial contributions in other areas, he tends to be given most
of the credit for this discovery, as a result of the operation of
the "Matthew effect" noted by sociologist Robert Merton. ("Unto
every one that hath shall be given, and he shall have in abundance;
but from him that hath not shall be taken away even that
which he hath" - Matthew XXV:29).'
Nettie Stevens war die Tochter eines Tischlers in Vermont. Ihr
Interesse an der Zoologie wurde wahrscheinlich in Sommerkursen im
Marine Biological Laboratory in Woods Hole, Massachusetts, bzw.
in Martha's Vineyyard geweckt. Zunächst wurde sie Lehrerin und
ersparte sich in diesem Beruf genug Geld, um 1896 an der Stanford
University das Studium aufzunehmen, 1900 ging sie als Doktorandin
an das Bryn Mawr College. Noch bevor sie 1903 ihre Promotion
abschloß, hatte sie bereits neun Arbeiten veröffentlicht und erhielt ein Stipendium, das es ihr ermöglichte, bei Theodor Boveri
an der Universität Würzburg zu arbeiten. Außerdem erhielt sie eine Auszeichnung der "Association for Maintaining the American
Woman's Table at the Zoological Station at Naples and for Promoting
Scientific Research among Women" für die beste von einer Frau
verfasste wissenschaftliche Arbeit des Jahres (1). Dank der Fürsprache T. H. Morgana erhielt sie ein Stipendium aus dem Graduierten-
förderungsprogramm der Carnegie Institution, das es ihr erlaubte,
ihre Forschungen 1904 - 1905 unbelastet von Lehrverpflichtungen
weiterzuverfolgen, und deren Ergebnisse S. Gilbert folgendermaßen
einschätzt:" Wilson was the major spokesman and Nettie Stevens
the major source of Evidence" (2).
Sekundärliteratur:
Stephen G. Brush: Nettie M. Stevens and the Discovery of Sex
Determination by Chromosomes. In: Isis 69 (1978) 162-172.
MARIA VON LINDEN (1869 - 1936)
Das für das Frauenstudium günstige Klima in Tübingen, das die Mutter Margarethe von Wrangells hervorhob, erklärt sich aus dem Wirken Maria von Lindens, der ersten Studentin dieser Universität. Nachdem sie 1887 aus dem Victoria-Pensionat in Karsruhe entlassen
worden war, setzte sie ihre Studien selbständig fort, wobei
die Aufnahmebedingungen des Polytechnikums in Zürich ihr als
Leitfaden dienten, um festzustellen, welche Bildungslücken sie
noch habe. Ab 1888 nahm sie, unterstützt von ihrem Onkel, dem
Staatsminister Joseph Freiherr von Linden, und sehr gegen den
Willen ihres Vaters, den Kampf um Zulassung an der Universität
Tübingen auf. Viele Briefe wurden gewechselt, während sie bereits ihre ersten wissenschaftlichen Arbeiten in Fachzeitschriften
veröffentlichte. Gleich der erste Aufsatz, 'Die Indusienkalke der
Hürbe', wurde mit großem Interesse aufgenommen, und sie begann mit einer Reihe von namhaften Wissenschaftlern in Korrespondenz
zu treten, unter anderem mit dem Tübinger Ordinarius für Geologie und Mineralogie, Friedrich August Quenstedt. Inzwischen hatte ihr
Onkel ein Realgymnasium entdeckt, dessen Rektor sich mit Vergnügen bereit erklärte, sie nach einjähriger Vorbereitungszeit zum
Abitur zuzulassen. Er schrieb: "Das ist noch nie dagewesen und
wird voraussichtlich auch nicht so bald wiederkehren. Umso
begieriger wäre ich, einen solchen seltenen Fang im Käfig des
Realgymnasiums zu machen. Das Realgymnasium macht Ansprüche in der höheren Mathematik, welchen von einer Frau noch niemals genügt worden ist." Dennoch bestand sie 1891 die Prüfungen, und nun geriet die Universität Tübingen in Zugzwang. Mit zehn zu acht Stimmen sprach sich die naturwissenschaftliche Fakultät dafür aus, sie ausnahmsweise zum Studium zuzulassen, und mit 1000 Mark in der Tasche, die sie von einem schwunghaften Heilkräuterhandel und von Honoraren für Schreibarbeiten erspart hatte - ihr Vater lehnte ihre Pläne immer noch ab - und der Hoffnung auf ein späteres Stipendium des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins nahm sie zum Wintersemester 1892 das Studium der Zoologie auf. Damit sie ihre selbständigen Arbeiten fortführen konnte, bot ihr der Ordinarius für Zoologie, Professor Theodor Eimer, einen Arbeitsplatz in seinem Institut an. Nach sechs Semestern schloß sie an diesem Arbeitsplatz ihre Promotionsarbeit über 'Die Entwicklung der Zeichnung und der Skulptur der Gehäuseschnecken des Meeres' ab. Bis 1898 blieb sie dann als Assistentin am Zoologischen Institut. Im folgenden Jahr trat sie eine Stelle als Assistentin am Hygiene-Institut
der Universität Bonn an, 1908 wurde ihr die Leitung des
dort neu geschaffenen Parasitologischen Laboratoriums übertragen.
In Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen erhielt sie
1910 den Professorentitel. Für ihre Arbeit 'Die Farben der
Schmetterlinge und ihre Ursachen' wurde sie von der französischen
Akademie der Wissenschaften mit dem Da-Gama-Machado-Preis
ausgezeichnet. Wichtige Ergebnisse erbrachten auch ihre Arbeiten
über Kohlensäureassimilation von Schmetterlingspuppen. 1933 wurde sie plötzlich beurlaubt und zog sich nach Lichtenstein zurück.
Sekundärliteratur:
Johanna Kretschmer: Maria von Linden - die erste Studentin der
Universität Tübingen. In: Attempto 8 (1962) 78-88.
RACHEL CARSON (1907 - 1964)
Schon als Kind entdeckte sie die beiden Interessen, die ihren
späteren Lebensweg prägen sollten: die Zoologie und die Schriftstellerei.
Erst auf dem Pennsylvania College for Women (dem heutigen
Chatham College), entschied sie sich endgültig für die Wissenschaft.
Sie legte ihren M.A. an der John Hopkins University ab
mit der Arbeit 'The Development of the Pronephros During the
Embryonic and Early Larval Life of the Catfish (Inctalurus
Punctatus)'. Dann lehrte sie jeweils abwechselnd im Winter an der
University of Maryland und im Sommer an der John Hopkins Summer
School und arbeitete im Woods Hole Marine Biological Laboratory
in Massachusetts. 1936 nahm sie aus finanziellen Gründen eine
Stelle als "Junior Aquatic Biologist" im Bureau of Fisheries in
Washington an. In diesem Amt blieb sie bis 1952, als sie, ermutigt
durch die Erfolge ihrer populärwissenschaftlichen Schriften
('Under the Sea-Wind', 1941; 'The Sea Around Us', 1950) das Wagnis
einging, als freie Schriftstellerin zu leben. Auch hatte es
Umstellungen im Fish and Wildlife Service gegeben, die sie
befürchten ließen, daß "the way is being cleared for a raid upon our natural resources that is without parallel within the present
century" (aus einem Brief an die Washington Post 1953). Ab 1945
hatte sie sich mit den Auswirkungen der Verwendung von DDT auf
die Natur beschäftigt. In den fünfziger Jahren wurde DDT in immer größerem Maßstab verwendet, die verheerenden Effekte wurden jedoch schlichtweg geleugnet. Als Unabhängige stellte sie ihr Fachwissen Kommitees und Bürgerinitiativen für Anhörungen zum Thema Naturschutz zur Verfügung, doch erreichten diese keine größere Öffentlichkeit. 1962 veröffentlichte sie dann ihr berühmtes Buch 'Silent Spring' (Der stumme Frühling), das sofort heftige Kontroversen
auslöste. Eine chemische Firma hatte bereits versucht,
die Drucklegung zu verhindern. Die Pestizidindustrie und
Regierungsbehörden griffen ihre Aussagen schärfstens an, nannten sie ein "hysterisches Weib", das nicht einmal ausgebildete Biologin
sei. Erstmals wurde mit diesem Buch jedoch eine breitere internationale
Öffentlichkeit auf Umweltprobleme aufmerksam gemacht und
damit eine Ächtung von DDT vorbereitet.
Sekundärliteratur:
Paul Brooks: The House of Life. Rachel Carson at Work. Boston 1972.
Philip Sterling: Sea and Earth. The Life of Rachel Carson. 1970.
ROSALIND FRANKLIN (1921 - 1958)
Ihrer Ausbildung nach war sie Kristallographin. Sie arbeitete
einige Jahre in Paris an der Röntgenanalyse komplexer chemischer
Moleküle. Dann wechselte sie in die Biophysik über und beschäftigte sich im King's College in London mit der Aufklärung der DNS-Struktur. Unabhängig davon versuchten Francis Crick und James Watson ein Modell des DNS-Moleküls zu erbauen, ein Ansatz, den sie ablehnte. Ohne ihr Wissen zeigte Maurice Wilkins, ihr Kollege
im King's College, eine Kopie ihrer noch unveröffentlichten Arbeit
und ihre besten Diffraktionsaufnahmen, die bewiesen, daß es
sich um eine Helix handeln müsse, diesen beiden Forschern, die
daraufhin ein neues Modell konstruierten, dem sie zustimmte. Der
Nobelpreis für die Strukturaufklärung der DNS ging 1962 allerdings allein an Watson, Crick und Wilkins. Rosalind Franklin arbeitete
später am Birkbeck College in London über den Tabakmosaik-Virus und kurz vor ihrem Tode über den Polio-Virus. James Watson
widmete ihr einige sarkastische Bemerkungen in seinen Erinnerungen (3),
die er im Nachwort allerdings relativierte: Er habe leider erst
später bemerkt, wie groß die Schwierigkeiten seien, auf
die eine Frau im Wissenschaftsbetrieb stoße.
Sekundärliteratur:
R. Hubbard: Reflections an the Story of the Double Helix. In: Women's
Studies International Quarterly, 1979.
A. Sayre: Rosalind Franklin and DNA. 1975.
(1) Diese Association ging auf die Initiative von Ida H. Hyde
zurück, der dritten Amerikanerin, die an der Zoologischen Station
Neapel gearbeitet hatte, und die aufgrund des Unterschiedes
zwischen der Haltung Anton Dohrns, des Leiters der Station, und
der der anderen deutschen Universitätsprofessoren, später
schrieb. "Grateful for the generous spirit that pervaded all
departments of the Station and the valuable benefits offered to
men and women alike, 1 resolved upon returning to the United
States to do all in my, power to enable eligible women scientists
to avail themselves of the laboratory's unexcelled
opportunities." (in: 'Before Women Were Human Beings: Adventures
of an American Fellow in the German Universities of the '90s.'
in: AAUW Journal 31 (1938) 235). Eine weitere Anekdote am Rande:
in den 70er Jahren (des 20. Jahrhunderts) stießen
Biologiestudentinnen noch auf Schwierigkeiten, wenn sie auf dem
zu Ehren dieses liberalen Zoologen benannten deutschen
Forschungsschiff mitfahren wollten.
(2) S. Gilbert: Sex Determination and the Embryological Origins of
the Gene Theory. Masters thesis (John Hopkins University) 1975,
S. 42.
(3) James Watson: The Double Helix. 1968.
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