BOTANIK
ELISABETH BLACKWELL (1712 - 1770)
Wichtigste Werke:
A curious Herball, containing 500 cuts of the most useful plants
which are now used in the practice of physick.
2 Bände. London 1737, 1739 und 1751.
Vermehrte und verbesserte Ausgabe in 6 Bänden: Herbarium Black-
wellianum emendatum et auctum, id est Elisabethae Blackwill collectio
stirpium quae in pharmacopolis ad medicum usum asservantur,
quarum descriptio et vires ex anglico idiomate in latinum
conversae sistuntur.
Nürnberg 1754 - 1773.
(herausgegeben und ins Lateinische übersetzt von dem deutschen
Botaniker Christian Jakob Trew).
Sie war die Tochter eines Händlers aus der Umgebung Aberdeens.
Auf sich selbst gestellt, weil ihr Mann in Schuldhaft genommen
worden war, wollte sie sich zunächst dem Hebammenberuf zuwenden.
Aufgrund ihres Maltalentes erhielt sie aber ein Angebot zur Anfertigung
von Bildern für ein Herbarium und widmete sich fortan
dem Sammeln und Zeichnen von Heilpflanzen. Angeleitet von Sloane
und Mead unternahm sie die Ausgabe ihres Werkes über Heilpflanzen
mit fünfhundert selbst gezeichneten, gravierten und kolorierten
Tafeln. Um jederzeit Anschauungsmaterial zur Verfügung zu haben
und dadurch naturgetreue Abbildungen gewährleisten zu können,
bezog sie eine Wohnung gegenüber dem Garten der Apothekerzunft in
Chelsea. Der Text war eine von ihrem Mann angefertigte Kurzfassung
von P. Miller's Catalogus Plantarum Officinalium 1730.
Die Botaniker Philibert Commerson (1773) und Bernard de Jussieu
(1776) nannten eine Pflanzenart aus der Familie der Flacourtiazeen
ihr zu Ehren "Blackwellia".
KATHARINA HELENA DÖRRIEN (1717 - 1795)
Wichtigste Werke:
Verzeichnis und Beschreibung der sämtlichen in den Fürstl. Oran.
Nassauischen Landen wildwachsenden Gewächse. Herborn 1777.
Sie stammte aus Hildesheim und lebte als Erzieherin in Dillenburg
an der Lahn am Hofe der Fürstin von Nassau. 1762 - 1773 beschäftigte
sie sich mit der Bestandsaufnahme und Zeichnung der dortigen
Flora; die Ergebnisse gab sie 1777 in Druck. Doch schon vorher
veröffentlichte sie botanische Aufsätze, so z. B. 'Von der
Fragaria Sterili' und 'Von den Wurzeln der Cuscuta' im Hannöverschen
Magazin 7 (1770) 35. und 65. Stück, Sp. 558 bzw. 981-982,
in denen sie über die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen
Forschungsarbeiten berichtet. Daneben verfaßte sie auch
hauswirtschaftliche (z. B. 'Über das Los- und Löchrigwerden der
Mettwurst') und erzieherische Schriften.
Über sich selbst und ihre Entwicklung gibt sie im "Magazin für
Frauenzimmer" 4 (1785) 125-135 Auskunft in dem Briefe
'Nachrichten von K. H. Dörrien von ihr selbst erzählt in einem Briefe an
Herrn Professor Seybold'. Bezeichnend ist, daß sie, ganz die
verstandesbetonte Aufklärerin, in dieser Entwicklungsgeschichte nur
über ihre Lehrer und über die Art, wie sie sich besonders in der
Botanik ausbildete, Bericht erstattet. Er endet mit den Worten:
"Und nun, mein Herr! hoffe ich Ihrem Verlangen einigermaßen ein
Genügen getan zu haben. Ich zweifle im Geringsten nicht, sie
werden mit mir übereinstimmen, daß das Bewußtsein, seine Zeit nicht
ganz unnütze angewandt zu haben, uns am Ende unserer Laufbahn eine
große Beruhigung verschafft."
Sie war Ehrenmitglied der botanischen Gesellschaft zu Florenz und
der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin.
JOHANNA ELISABETH LÜDERS (1811 - 1880)
Wichtigste Werke:
Einige Bemerkungen über Diatomeen-Cysten und Diatomeen-
Schwärmsporen.
in: Botanische Zeitung 18(1860)377-380.
Beobachtung über die Organisation, Teilung und Kopulation der
Diatomeen.
in: Botanische Zeitung 20(1862)41-43, 49-52, 57-61, 65-69.
Über Abstammung und Entwickelung des Bacterium Termo Duj., Vibrio
lineola Ehrb.
in: Botanische Zeitung 24(1866)33-39, 41-46.
sowie unter gleichem Titel aber "mit verbesserten Beweisen":
in: Schultze's Archiv 3(1867)317-341.
Sie wurde in Hamburg als Tochter des Advokaten Karl Friedrich de
Boor und der Johanna Elisabeth geb. Amsinck geboren und heiratete
mit zwanzig Jahren den Juristen Peter Lüders in Glückstadt, der
später Regierungsrat in Schleswig wurde und nach seiner
Pensionierung nach Kiel zog. Nachdem 1851 ihre Söhne auf die
Universität gegangen waren und ihre Tochter geheiratet hatte, konnte
sie sich endlich ganz der Botanik widmen, eine Tätigkeit, die sie
schon längere Zeit, z. B. durch das Erlernen der lateinischen
Sprache, vorbereitet hatte. In Kiel fand sie hierfür günstige
Voraussetzungen vor: Prof. Jessen machte sie mit den allgemeinen
Grundlagen vertraut, Prof. Nolte führte sie in die einheimische
Flora ein und bei Prof. Hensen erlernte sie das Mikroskopieren.
Zunächst sammelte sie Moose und Algen, über die sie zahlreiche
Beiträge für Ludwig Rabenhorsts 'Algen Sachsens' (herausgegeben
von E. Stitzenberger, Dresden 1860) lieferte, bald aber begann
sie mit spezielleren Untersuchungen, zunächst der Diatomeen. Ihre
diesbezüglichen Arbeiten werden in Pfitzer's Abhandlung über die
Bacillarien gewürdigt. Danach begann sie Experimente über
Schimmelpilze, die allerdings umstrittener waren. Aus gesundheitlichen
Gründen mußte sie ihre Forschungen allerdings bald darauf
aufgeben und verbrachte ihre letzten Lebensjahre in Badenweiler. Ihre
botanischen Sammlungen und ihre Bibliothek vermachte sie dem
botanischen Institut der Universität Kiel.
AMALIE DIETRICH (1821 - 1891)
Amalie Dietrich bestritt den Lebensunterhalt für sich und ihre
Tochter mit dem Sammeln und Verkaufen von Pflanzen. Anfang 1863
lernte sie auf einer ihrer Verkaufsreisen in Hamburg den Kaufmann
J. C. Godeffroy kennen, der für sein Handelshaus naturkundliche
und völkerkundliche Sammelreisen in die Südsee durchführen ließ.
Sie Überzeugte ihn, sie für eine eigene Sammelreise anzuwerben.
Im März 1863 fuhr sie auf einem seiner Schiffe nach Australien.
In Queensland, Ostaustralien sammelte sie bis 1871 und
anschließend bis 1873 auf den Tonga-Inseln. Mit dem ihr eigenen
Eifer und einer besonderen Beobachtungsgabe trug sie eine
bedeutende botanische, zoologische und ethnologische Sammlung
zusammen. Diese gilt als die umfangreichste Sammlung ihrer Art,
die je von einer Einzelperson zusammengetragen wurde.
1873 kehrte sie nach Hamburg zurück und blieb Angestellte im
Museum Gideffroy, Nachdem die Hansestadt Hamburg die Sammlugen des
Museum Godeffroy 1886 übernommen hatte, gelangten die 30.000
Stücke der botanischen Abteilung in den Besitz des Botanischen
Museums, wo Amalie Dietrich weiterhin mit ihnen beschäftigt war.
(Text Carola Huhn).
Sekundärliteratur:
Charitas Bischoff: Amalie Dietrich. Ein Leben. 1909 und
zahlreiche weitere Auflagen. Englische Übersetzung 1931.
ROSE STOPPEL (1874 - 1970)
Die erste Professorin für Botanik in Deutschland habilitierte
1924 an der Universität Hamburg mit der Schrift 'Beitrag zum
Problem der Perzeption von Licht- und Schwerereiz durch die
Pflanze'. Dem ging ein, für die erste Akademikerinnengeneration
allerdings durchaus nicht ungewöhnlicher, gewundener Bildungsgang voraus.
Sie stammte aus Ostpreußen und begann sich als Landkind
schon früh für Naturvorgänge zu interessieren. Zwar veranlaßte
ihre frühverwitwete Mutter die Töchter "etwas zu lernen", an ein
Studium war aber nicht zu denken. Zwölf Jahre lang war sie als
Hausgehilfin tätig, dann absolvierte sie eine Gartenbaulehrzeit
und arbeitete als botanische Zeichnerin in Berlin. Sobald sie
endlich das Einverständnis ihrer Mutter erhalten hatte begann sie
sich Schritt für Schritt den Weg zum Studium zu erkämpfen. Mit 29
Jahren holte sie 1904 extern das Abitur nach (erst 1904 gab es
ja, wie wir bei Margarethe von Wrangell gesehen haben, die ersten
offiziellen Abiturientinnen in Stuttgart) und nahm das Studium in
Berlin, Straßburg und Freiburg auf. "Es folgte eine Zeit unerhörten
Glückes. Sie war natürlich nicht ohne Kampf. Damals mußte
eine studierende Frau die Erlaubnis jedes einzelnen Dozenten
einholen, bei dem sie ein Kolleg hören wollte." Der Physikprofessor
zum Beispiel warf sie zunächst einmal wieder hinaus. "Schon währ-
end meiner Studienzeit machte ich die Beobachtung, daß die Pflan-
zen des Nachts gewisse Schlafbewegungen ausführen. Ich studierte
also lange Zeit hindurch die Schlafbewegungen der Blüten und
spezialisierte meine Beobachtungen schließlich auf die Bohne." 1910
promovierte sie mit der Arbeit 'Über den Einfluß des Lichtes auf
das Öffnen und Schließen einiger Blüten'. Auf ihrer ersten
Assistentenstelle zahlte man ihr nur 30 Mark statt der für Männer
üblichen 100 Mark. In Hamburg setzte sie ihre Forschungen über die
Bewegungen der Pflanzen fort. "Eines Tages konnte sie mit Hilfe
der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft eine wissenschaftliche
Expedition ausrüsten und nach Island reisen, um das Verhalten
der Pflanzen während der dauernden Nacht oder des dauernden
Sommertages zu beobachten. Sie nahm einen Mediziner und zwei
Studenten mit; und so begab sich der in der Wissenschaft wohl einzig
dastehende Fall, daß eine Frau Leiterin einer Expedition wurde.
Die in Island sehr abweichenden Verhältnisse regten außerdem zu
eingehenden Untersuchungen an, die sich mit dem Tagesrhythmus des
menschlichen Organismus befaßten." (aus: Hamburger Fremdenblatt
1940, Nr. 120). In einem Interview anläßlich ihres neunzigsten
Geburtstages teilte sie mit, daß sie von Gleichberechtigung in
der Wissenschaft nichts halte: "Männer, mit ihrer Liebe zu
Ordnung und Systematik, denken doch meist mechanisch. Die Frau
dagegen, mit ihrem Sinn für die Natur, sie denkt lebendig. Und dabei
kommt sie eben auch in der Wissenschaft auf Gedanken, die dem
Mann niemals einfallen würden." (aus: Hamburger Abendblatt vom
22. 12. 1964).
Sekundärliteratur:
F. Brabec, H. Engel und H. Söding: Rose Stoppel. 26.12.1874 -
20.1.1970. in: Berichte der Deutschen Botanisachen Gesellschaft
84(1971) 351-361.
ILSE ESDORN (1897 - 1985)
An ihrem Bildungsgang zeigen sich die zunehmend verbesserten
Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen: sie besuchte das Herzogin
Elisabeth Lyzeum zu Braunschweig, dem bereits eine Studienanstalt
mit Oberrealschulcharakter angeschlossen war. Dann absolvierte
sie eine pharmazeutische Lehrzeit in Bergedorf und Braunschweig,
bestand 1918 das Pharmazeutische Vorexamen und arbeitete
anschließend als Apothekengehilfin in Rostock. In den betreffenden
Jahrgängen der Pharmazeutischen Zeitung läßt sich noch heute
nachlesen, mit welcher Verve die Auseinandersetzung geführt
wurde, ob die kriegsbedingte Annahme weiblicher Lehrlinge und
Gehilfinnen in Apotheken etwa auch auf Friedenszeiten ausgedehnt
werden solle. 1922 bestand sie das Pharmazeutische Staatsexamen,
holte die Reifeprüfung an der Gauss-Oberrealschule in Braunschweig
nach und nahm das Studium der Pharmazie mit besonderer
Berücksichtigung der Botanik auf. 1924 promovierte sie in Kiel
mit der in Braunschweig angefertigten Dissertation 'Untersuchungen
über Einwirkung von Röntgenstrahlen auf Pflanzen' und blieb
Assistentin am botanischen Institut der Technischen Hochschule
Braunschweig, bis sie 1927 als wissenschaftliche Angestellte an
das Hamburgische Staatsinstitut für angewandte Botanik ging. Dort
habilitierte sie 1930 mit der Arbeit 'Untersuchung über die
Hartschaligkeit der gelben Lupine' über das erschwerte Ankeimen
dieser und anderer Gründüngungspflanzen. Bald aber wurde es auch für
sie zunehmend schwieriger, sich als Frau an der Universität zu
halten: 1932 - 1938 erhielt sie einen Lehrauftrag für Pharmakognosie,
ab 1939 wurde sie mit der Abhaltung von Heilkräuterexkursionen
für Mediziner beauftragt. 1940 wurde sie endgültig von
ihrer Stelle als wissenschaftliche Angestellte beurlaubt und vom
Reichsinstitut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft in
Reinbek übernommen, ihre Besoldung war nur quartalsweise aus Mitteln
der Deutschen Forschungsgemeinschaft gesichert. 1950-1962 war
sie Abteilungsleiterin für Pharmakognosie an der Universität Hamburg.
Mit der sich heute wiederbelebenden Beschäftigung mit Phytopharmaka
und ihrer Geschichte dürften besonders ihre Beiträge
über Wild- und Heilpflanzen von neuem Interesse sein.
Sekundärliteratur:
Ernst-Dietrich Algrimm: Nachruf auf Frau Prof. Dr. Esdorn.
In: Pharmazeutische Zeitung 130 (1985) 2505.
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