Klaus Barthelmess
(Köln)
Tierische Navigationsfehler? Zur Kultur- und Wissenschaftsgeschichte von
Wal-Strandungen
Auf ihren saisonalen Wanderungen verirren sich Tiere selten. Meist fallen
diese ,,Navigationsfehler'' nur Fachleuten auf. Kommt das verirrte, fremde
Tier zu Tode, ist diesem ,,Exoticum'' etwas größere Aufmerksamkeit gewiss.
Sensationell indessen sind gestrandete Wale, die der Überlieferung seit
Jahrhunderten der Überlieferung wert waren. Vielfältig, zu verschiedenen
Quellengattungen gehörend, waren die Formen der Überlieferung. In dem
Kolloquium werden die kulturgeschichtlichen Quellentypen über Walstrandungen
aus 13 Jahrhunderten vorgestellt und ihr Erkenntniswert für die moderne
Forschung über historische Verbreitungs- und Strandungsmuster
diskutiert.
PD Dr. Cornelia Lüdecke (Universität Hamburg, SPGN -- München):
Die Bewohner der Arktis und ihre Erforschung - ein deutscher Beitrag aus dem 1. Internationalen Polarjahr 1882-1883
In Deutschland wurden ethnologische Studien in der ostkanadischen Arktis hauptsächlich von zwei Expeditionsberichten beeinflußt, die beide 1881 publiziert wurden. Der böhmische Reisende Heinrich Klutschak (1848-1890) nahm als Geodät an der letzten amerikanischen Franklinsucherexpedition (1878-1880) unter der Leitung von Friedrich Schwatka (1849-1892) teil. Sie wurden von ansässigen Eskimos geführt und lebten von den Resourcen des Landes. Nach der Rückkehr veröffentliche Klutschak in seinem Buch "Als Eskimo unter Eskimos" einen detaillierten ethnologischen Bericht über die Eskimos. Die Expedition bewies, daß Europäer ohne zusätzliche Lebensmittel im Hohen Norden reisen konnten, wenn sie von einheimischen Eskimos unterstützt wurden und sich selbst an ihre Lebensweise anpassten.
Als 1880 Hagenbecks Völkerschau erstmals Eskimos nach Berlin brachte, nutzte der Ethnologe Adolf Bastian (1826-1905) die Möglichkeit für anthropologische Vermessungen dieser bisher wenig bekannten Menschenrasse aus.
Auch das ethnologische Interesse des Physikers und Mathematikers Heinrich Abbes (1856-1937) aus Bremen wurde geweckt, als er während des 1. Internationalen Polarjahres (1882-1883) auf der deutschen Station am Cumberland Sund (Baffin Island) als Assistent tätig war. Die deutsche Station wurde zu einem Knotenpunkt für reisende Eskimos, die ihre Stammesmitglieder besuchten,
welche auf der Station arbeiteten und den Fremden halfen, mit den klimatischen Herausforderungen des Hohen Nordens zurecht zu kommen. Abbes interessierte sich nicht nur für ethnographische Artefakte wie Kleidung, Jagdwaffen, Zelte oder Igloos, sondern auch für Kajaks und die Sprache.
Als das von der Deutschen Kommission für das Polarjahr gecharterte Schiff ,,Germania'' die Stationsbewohner im September 1883 vom Cumberland Sund wieder abholte, brachte es den Berliner Geographiestudenten Franz Boas (1858-1942) mit, der Baffin Island und seine Einwohner erforschen wollte. Boas' erste Studien in dieser Gegend, die auf Klutschaks und Abbes Vorarbeiten basierten, bestimmten seine weitere Karriere als Ethnologe und Gründer der amerikanischen Kulturanthropologie.
PD Dr. Karl Heinrich Wiederkehr
(Universität Hamburg, SPGN):
Vortrag zur Ausstellung Navigation:
Wie hat Columbus navigiert?
Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Frage, welche Navigationsmethoden Christoph Columbus bei seinen vier Entdeckungsfahrten von 1492 bis 1504 benutzt hat. War es die astronomische Methode mit Astrolab, altem Quadranten und Jakobsstab, die entscheidend zur Entdeckung der Neuen Welt geführt haben, oder war es die Koppelnavigation mit Karte, Kompass, Lineal und Zirkel einschließlich der Bestimmung der Schiffsgeschwindigkeit. In der Flut von Büchern und Abhandlungen finden sich darüber die verschiedensten Ansichten. Dank der Harvard Columbus Expedition 1939/40, die anhand der Tagebuchaufzeichnungen von Columbus den Routen des Entdeckers folgten - dabei waren nautisch ausgebildete Fachleute -, wurden viele Irrtümer der Chronisten revidiert. Die damaligen Vorstellungen über die Gestalt der Erde werden betrachtet. Ebenfalls werden die Verdienste der Portugiesen, die das Entdeckungszeitalter eingeleitet hatten, kurz dargestellt. So wird auch über den neuen überseetüchtigen Schiffstyp, die Karavelle kurz referiert, und zum Schluss noch über das tragische Lebensende von Columbus mit seinen Enttäuschungen berichtet.
Neuere Forschungen/Kolloquium seit 1995