Die Hamburger Erdbebenwarte ist aus einer Privatsammlung ihres
Stifters R. Schütt (sein Vorname ist nicht überliefert)
hervorgegangen. Der Hamburger Kaufmann hatte ein teures Hobby:
Erdbeben mit einem Horizontalseismographen zu messen.
Vor allem aber, sammelte er jegliche Bücher und
Publikationen zum Thema Erdbeben und Seismik.
Die Horizontal-Pendelstation wurde am 17. Juli 1898 auf
seinem Privatgrundstück im Stadtteil Hohenfelde
in Betrieb genommen. 1903 wurde die Station als eine
'Hauptstation für Erdbebenforschung'
in den internationalen Dienst gestellt. Dazu war es nötig,
die Station unter staatlicher Aufsicht zu stellen.
R. Schütt übergab die Station, mit dem zwei Jahre
später fertig erstelltem Stationsgebäude, als Geschenk dem Staat. Als Gegenleistung wurde er zum Vorsteher und Professor ernannt.
Neben der Hamburger Station, mit dem Standort an der
Jungiusstraße, waren acht weitere Stationen im deutschen
Reich entstanden. Die Baukosten der Meßstation betrugen
60.000 Reichsmark (zum Vergleich: Ein Arbeiter verdiente damals monatlich ca. 60 RM). Das Wesentliche am Bau der Station war, die möglichst vollkommene Isolierung der sehr empfindlichen Registrierapperate. Die beiden Instrumentenräume waren so konstruiert, daß man sie als eigene Gebäude betrachten konnte. Die beiden Räume waren von den Wänden und Decken des restlichen Gebäudes Isoliert.
Der Sokel der Meßgeräte war von dem Boden des Innenraumes zusätzlich getrennt, damit Peronen keine Erschütterungen erzeugten, die die Registrierungen beeinflußten. Die Station war jeweils mit einem Wiechertschen Horizontal- und Vertikalseismographen ausgerüstet.
Die Station blieb bis zum Jahre 1942 hin aktiv.
Abb.1 Hauptstation für Erdbebenforschung in Hamburg.
Von Osten gesehen
Die im Zweiten Weltkrieg beschädigte Station wurde nicht wieder aufgebaut, da der zunehmende Verkehr zu große Störungen verursachte. Die Bodensockel der Geräte sind als einzigstes briggeblieben. Sie sind heute noch im Keller der Physik-Hörsäle, die darauf erichtet wurden, zu erkennen.
Als Ausweichquartier boten sich die ehemaligen Munitionsbunker im Hamburger Waldgebiet Haake am Stadtrand an. Viele Teile der Meßgeräte waren während des Krieges abhanden
gekommen, und mußten anhand von Prospekten und mit viel Phantasie nachgebaut werden. Der Horizontalseismograph wurde 1952 in Betrieb genommen, 1953 folgte der Vertikalseismograph. Seit März 1994 erfolgen regelmäßige Auswertungen und Veröffentlichungen. Ab 1975 wurden die Wiechertschen Seismographen durch moderne elektromagnetisch betriebene Seismographen, die einfacher zu bediehnen waren, ersetzt und blieben bis 1990 aktiv. Ein Nachteil besaßen die modernen Geräte allerdings: Sie hatten nicht die Auflösung der mechanischen Seismographen. Erst die 1990 in Betrieb genommenen Seismographen, die 3. Generation, konnten die Auflösung bei weitem überbieten.
Die Bahnlinie in Richtung Cuxhafen verursachte kaum Irritationen bei den Aufzeichnungen, da ihre erzeugte Frequenz bekannt ist und herausgefiltert werden kann. Mit der Fertigstellung der nahegeliegenden Autobahn und dem darauf rollenden Schwerlastverkehr wurden die Unruhen im Haake-Boden und damit die damit verbundenen Erschütterungen zu groß. Die neue Heimstatt wurde schließlich in den Kalkhöhlen von Bad Segeberg gefunden. Die gemessenen Werte laufen über ISDN in der Haake zusammen. Hier ist ab Dezember 1999 die 4. Generation von Seismographen im Betrieb, da die voriege Generation das Jahr-2000-Problem besaß.
Viele der alten Schätze wie antiquarische Bücher (unter anderem: 'Geschichte und Naturbeschreibungen der merkwürdigsten Vorfälle des Erdbebens welches an dem Ende des 1755ten Jahres einen großen Theil der Erde erschüttert hat' von M. E. Kant), Pendeluhren, astronomische Uhren, Fotos, Aufzeichnungen, Berichte und den Wiechertschen Seismographen stehen in einem der Haake-Bunker und können von Interessenten, nach Absprache des Geophysikalischem Institutes, eingesehen werden. Für die Einrichtung eines Museums fehlt bis jetzt leider noch das Geld.
Das aktuelle Forschungsthema der Station ist momentahn die
Mikroseismik. Die Forscher peilen eine neue Untersuchungsreihe an und versuchen Bodenunruhen mit dem Wettergeschehen zu verknüpfen. Zentrale Fragestellung ist, ob es eine Zunahme von Stürmen gegeben hat oder ob es sich lediglich um periodische Schwankungen handelt. Dafür muß der gesamte vorhandene Datensatz neu untersucht werden.