Wiechert-Seismographe der Hamburger Erdbebenwarte

Geräte:

Die in der Erdbebenwarte verwendeten seismischen Apparate bestanden aus einem Wiechertschen Horizontalseismographen (Pendelmasse 1000 kg) zur Aufzeichnung des horizontalen Anteils der Bodenbewegung (Nord-Süd- und Ost-West-Richtung) und einem Wiechertschen Vertikalseismographen (Pendelmasse 1300 kg) zur Aufzeichnung der vertikalen Komponente. Beide Geräte sind mit einer Vorrichtung zur mechanischen Registrierung (Rußschreibung) versehen und zeichnen sehr schnelle Bodenbewegungen , bei denen die schwere Masse stationär bleibt, rund zweihundertmal vergrößert auf. Die großen Massen sind erforderlich, um die Trägheits- bzw. Reibungswiderstände, welche durch die Mechanik entsteht, mittels ihres großen Trägheitsmomentes möglichst unschädlich zu machen. Zur raschen Unterdrückung der Eigenschwingungen, deren Periode bei dem Horizontalseismographen rund 10 Sekunden und bei dem Vertikalseismographen 5 bis 6 Sekunden beträgt, ist eine Luftdämpfung vorhanden.
Bei dem Horizontalseismographen ist die 1000 kg schwere Masse als umgekehrtes Pendel so aufgestellt, daß sie theoretisch nur in einem Punkt unterstützt ist, so daß sie sich in labilem Gleichgewicht befindet. In Wirklichkeit wird sie in äquivalenter Weise von einem auf dem Fundament sitzenden cardanischen Federngehänge getragen und vor dem Umfallen durch den leichten Gegendruck je eines Paares elastischer Blattfedern bewahrt, welche sie in den beiden Komponenteneinrichtungen drehbar mit dem umgebenden Gerüst verbindet. Durch die variierbare Beanspruchung der Blattfedern kann die Eigenperioe des Pendels reguliert werden. Als Maß der Empfindlichkeit kann gelten, daß der Apparat auf eine dauernde Neigung um 1 Bogensekunde (1 / 206.000 des Kreisumfanes) in der Nord-Süd- oder in die Ost-West-Richtung mit einem "Indikatorausschlag" (Ausweichung der Schreibnadel aus ihrer Ruhelage) von rund 24 mm reagiert.
Bei dem Vertikalseismographen besitzt die 1300 kg shwere Pendelmasse vertikale Führung, indem sie an starken Spiralfedern aufgehängt ist. Zur Erhöhung der Eigenperiode ist auch hier eine, in diesem Fall aber etwas kompliziertere Astasierungsvorrichtung angebracht. Auf eine dauernde Änderung der Schwerkraft um 1 / 206.000 ihres Betrages. d.h. auf eine vertikale Beschleunigung von nicht ganz 1 / 2 Zehntel-Milimeter (0,048 mm pro Sekunde), antwortet der Apparat mit einem Indikatorausschlag von etwa 7 mm.


Abb.1 Kammer zur Einrußung des Meßpapieres

Abb.2 Mit dieser Maschiene wurde das Meßpapier
eingerußt, auf dem die Bewegungen aufgezeichnet wurden

Abb.3 Wiechertscher Horizontalseismograph

Messung:

Neben einwandfrei registrierenden und genügend empfindlichen Seismographen ist aber auch ein anderes Gerät für eine sachgemäß ausgerüstete Erdbebenwarte erforderlich: Eine zuverlässige Uhrenanlage, welche die Zeit absolut wenigstens auf 1 Sekunde genau gewährleistet. Diese Genauigkeit ist angesichts der schon in den obersten Erdschichten ansehnlichen Geschwindigkeiten der Erdbebenwellen von rund 3 bis 6 km pro Sekunde mindestens zu fordern. Berechnungen, die mit der Ermittlung der Herdtiefe eines Bebens zusammenhängen, verlangen eine Genauigkeit von 1 / 10 bis 1 / 20 Sekunden.
Um nun den Registrierlinien die Einsätze seismischer Wellenzüge auch der Zeit nach entnehmen zu können, kann mann bei Rußschreibung die Schreibarme etwa alle Minuten wenige Sekunden vom Registrierpapier, das durch ein Uhrwerk gleichmäßig fortbewegt wird, abheben lassen, so daß in regelmäßigen Abständen kleine "Minutenlücken" entstehen, die abzuzählen sind.
Beträgt dann z.B. die Fortbewegungsgeschwindigkeit des Registrierbogens 15 mm in der Minute, wie dies bei den Wiechertschen Seismographen der Fall ist, so kann man leicht durch Abmessungen zwischen den einzelnen Minutenlücken auch die Sekunde bestimmen, indem ja in unserem Fall 1 Sekunde immer noch 1 / 4 mm entspricht.
Die Schreibarme werden immer genau am Ende der 57. Sekunde abgehoben und am Ende der 60. Sekunde wieder gesenkt. Dies geschieht mit Hilfe eines Elektromagneten, der mittels eines Relais, welche mit einer Uhr gekoppelt ist, der regelmäßig zu den angegebenen Zeiten den Stromkreis unterbricht bzw. schließt. Um die Stunde leichter ermitteln zu können, fällt die Minutenlücke zu jeder vollen Stunde fort, so daß dann eine ununterbrochene Linie von fast 30 mm Länge entsteht. Es ist dabei natürlich sehr wesentlich, daß die Registrierbogen völlig gleichmäßig fortbewegt werden, da sonst die Interpolation zwischen den aufeinanderfolgenden Minutenmarken ungenau wird.
Um einen möglichst gleichmäßigen Gang zu gewährleisten, ist außerdem bei dem Horizontalseismographen ein Zentrifugalregulator und bei dem Vertikalseismographen ein Kegelpendel eingeschaltet. Für den Zeitdienst verfügte die Hamburger Erdbebenstation über drei astronomische Uhren, die regelmäßig z.B. von der Sternenwarte in Bergedorf synchronisiert wurden.
Web-Adresse:
Institut für Geophysik - Universität Hamburg