Universität Hamburg - Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik

NACHRICHTEN
aus dem Institut für Geschichte der
Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
HAMBURG


Nummer 28, April 1998


Graduierten-Kolleg Textüberlieferung

* Griechische und byzantinische Textüberlieferung *
* Wissenschaftsgeschichte *
* Humanismusforschung und Neulatein *

Da auch der zweite Durchgang unseres interdisziplinären Graduiertenkollegs, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Hansestadt Hamburg getragen wird, sehr positiv beurteilt wurde, konnten wir zum 1. April 1997 den dritten und unwiderruflich letzten Zyklus beginnen.
Die interessante und gut besuchte offizielle Eröffnungsfeier fand aber deswegen erst am 24. Oktober im Vortragsraum der Staats- und Universitätsbibliothek statt, weil einige Graduierte bis zum Wintersemester noch anderweitig gebunden waren. Auch diesmal kommen die Graduierten und die beiden Postgraduierten aus vielen Ländern, darunter zum erstenmal je einer aus Rußland und der Schweiz. Gerade diese beiden Klassischen Philologen konnten für ein wissenschaftshistorisches Thema im Bereich des Hohen Mittelalters gewonnen werden.

Dmitri Abramov aus Moskau bereitet seit April 1997 die Erstedition der um 1245/50 entstandenen naturkundlichen Enzyklopädie des Ps.-John Folsham nach den drei annähernd vollständigen Handschriften und einem mit der ,,Versio abbreviata`` des Thomas von Cantimpré überlieferten pflanzenkundlichen Exzerpt daraus vor. Diese zwar lange bekannte, aber erst 1996 in ihrer Bedeutung für die Thomas III-Fassung gewürdigte Enzyklopädie hat einen naturphilosophischen Zuschnitt und erschließt mehrere aristotelische Schriften und ursprünglich arabische Quellen für das lateinische Mittelalter.

Bodo Näf aus der Schweiz widmet sich dagegen der Epitome der Naturalis historia des Älteren Plinius von Robert von Crikelade aus dem 12. Jh., durch die eine Plinius-Renaissance als Vorläufer der lateinischen Aristoteles-Rezeption eingeleitet wurde. Zwar ist die Wirkungsgeschichte dieser behutsamen Bearbeitung noch völlig unerforscht, doch wird sie sich in Verbindung mit dieser kritischen Textausgabe in Zukunft erforschen lassen und neue Erkenntnisse liefern.

Neben diesen im IGN arbeitenden Nachwuchsforschern sind weitere Doktoranden aus unserem Institut dem Graduiertenkolleg assoziiert und profitieren somit nicht nur von den speziellen Lehrveranstaltungen wie etwa der Einführung in die Paläographie und Textkritik, sondern auch von dem geistigen Austausch der Graduierten untereinander und der Unterstützung bei der Beschaffung von Mikrofilmen. Zwar entstammen die meisten Themen der begonnenen Dissertationsvorhaben des Kollegs der engeren Klassischen Philologie, etwa der griechischen Lexikographie, aber auch unser Bereich erfährt davon in einigen Grenzgebieten eine wertvolle interdisziplinäre Förderung. Nicht zuletzt dadurch werden grenzüberschreitende Promotionen möglich, aus denen wichtige Erkenntnisse für alle beteiligten Bereiche erwachsen.

Christian Hünemörder



Die letzte Änderung stammt vom 27. November 1998.

wolfschmidt@math.uni-hamburg.de


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