Universität Hamburg - Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik

NACHRICHTEN
aus dem Institut für Geschichte der
Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
HAMBURG


Nummer 28, April 1998

Chronik der Zeit vom März 1997 bis Februar 1998

Anfang September 1997 erhielt Frau Dr. Gudrun Wolfschmidt, die vorher am Deutschen Museum in München tätig war, den Ruf auf die 1996 ausgeschriebene C3-Stelle für Physikgeschichte. Am 1. Oktober trat sie ihren Dienst an. Wir wünschen ihr alles Gute!
Das Habilitationsverfahren von Frau Wolfschmidt an der Universität München wurde am 19. November 1997 abgeschlossen. Herr Dr. Frans van Lunteren (Utrecht) hatte im Sommersemester die Stelle als Gastdozent vertreten.

Unsere frühere langjährige Bibliothekarin, Frau Ingeborg Quintus-Winther, verstarb am 5. November 1997 im Alter von 83 Jahren. Sie war vom 1. November 1963 an auf einer Halbtagsstelle, seit dem 1. Januar 1967 ganztägig am Institut tätig und wirkte somit schon bei der Aufbauphase der Institutsbibliothek unter Walter Baron (1906-1971) mit. Am 31. Oktober 1978 verließ sie uns aus Altersgründen und zog im Ruhestand zu ihrer Tochter nach Weil am Rhein. Dem Institut sandte sie von Zeit zu Zeit Grüße von ihren großen Reisen. Zuletzt sahen wir sie, als sie 1985 aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Institutes nach Hamburg gekommen war.

Am 25. Juli 1997 feierte Herr Hünemörder seinen 60. Geburtstag. Zum 60. Geburtstag von Herrn Troitzsch fand am 9. Januar 1998 ein Empfang im Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte statt.

Frau Karin Reich und Herr Dr. Schlote von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften initiierten einen zunächst auf den Zeitraum von fünf Jahren begrenzten Arbeitskreis zur Geschichte der Wechselwirkung zwischen Mathematik und Physik.

Frau Luciene Justo führte ihre Doktorarbeit über die Geschichte der Großforschung in Deutschland am Beispiel des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht fort. Als Angestellte des IGN im Rahmen des Hochschulprogramms der GKSS untersuchte sie die für die Großforschung ereignisreiche Zeit von 1969 bis 1982 unter der Regierung der sozialliberalen Koalition. Im Zuge der forschungspolitischen Reformen zu Beginn der siebziger Jahre beschränkte sich die GKSS nicht mehr auf das Gebiet der Kernenergieforschung für den Schiffsantrieb, sondern bezog andere Probleme wie die Reaktorsicherheit, die Unterwasser- und Meerestechnik sowie die Umweltforschung in ihr Arbeitsprogramm ein. Frau Justo arbeitete über diese Verschiebung der Forschungsschwerpunkte, die kontextuelle Forschungspolitik des Bundes und analysierte die technischen Entwicklungen.

Herr Weyer hielt sich auch im Jahr 1997 im Zusammenhang mit seinem Forschungsthema ,,Graf Wolfgang von Hohenlohe und die Alchemie`` in Weikersheim bzw. Schäftersheim auf. Während eines Schäftersheim-Besuches vom 24. Februar bis 10. März 1997 fertigte er unter anderem eine provisorische Vitrine an und machte damit Stellproben in den beiden zukünftigen Ausstellungsräumen in Schloß Weikersheim, was sich als eine außerordentlich wertvolle Hilfe für die Planung der Ausstellung erwies.
Vom 8. bis 11. Mai 1997 nahm er an einer Arbeitstagung zum Thema ,,Wasserrad und Dampfmaschine - Anfänge der Industrialisierung in - Baden-Württembergisch Franken bis zum Ersten Weltkrieg`` in dem an - der Jagst gelegenen Kloster Schöntal teil und hielt einen Vortrag über die Glashütten in jener Region.
Vom 9. bis 11. September arbeitete Herr Weyer im Hohenlohe-Zentralarchiv in Neuenstein und suchte nach Material über Graf Wolfgangs Beschäftigung mit der Alchemie in seiner Langenburger Regierungszeit, die bisher spärlich dokumentiert ist. Bei einem anschließenden Schäftersheim-Aufenthalt vom 11. bis 25. September fertigte er unter anderem einen provisorischen chemischen Herd für die Ausstellung an und sichtete die Schäftersheimer Kirchenbücher.
Am 7. und 8. November nahm er mit einem Vortrag an einem Libavius-Kolloquium in Coburg teil. Anlaß dieser Tagung war das Erscheinen der ,,Alchemia`` von Andreas Libavius vor 400 Jahren, des ersten Lehrbuches der Chemie.

Herr Oestmann begann im Frühjahr 1997 mit einer Forschung über Uhren- und Instrumentenbau in Braunschweig und Wolfenbüttel. Herzog August d.J. besaß neben seiner Sammelleidenschaft für Bücher auch eine ausgesprochene Vorliebe für wissenschaftliche Instrumente und Uhren. Zu deren Instandhaltung berief sein Nachfolger Rudolf August die Brüder Wolfgang und Michael Tobias Hager aus Arnstadt. Im 17. und 18. Jahrhundert waren 15 Mitglieder der Familie als Uhrmacher und Hersteller wissenschaftlicher Instrumente tätig, von denen bislang 54 Objekte bekannt sind, darunter neben tragbaren Sonnenuhren auch Taschenuhren, astronomisch-meteorologische Bestecke und Schrittzähler. Angeregt wurde diese Arbeit durch den 1900 geborenen Chemiker Dr. Walther P. Buchler, einen Nachfahren der Familie Hager, der vor etwa 30 Jahren begann, die erhaltenen Instrumente zu lokalisieren und die einschlägigen Quellen zu sammeln. Der bereits fertiggestellte Werkkatalog soll durch Biographien und eine Geschichte der vertretenen Instrumentengattungen ergänzt werden.

Die Forschungen über das Verhältnis des dänischen Statthalters Heinrich Rantzau zur Astrologie wurden fortgesetzt. Im Mittelpunkt stand die Bearbeitung der erhaltenen Instrumente aus dessen Besitz im Hinblick auf eine geplante Ausstellung zum 400jährigen Todestag Rantzaus in Kiel.

Im Jahr 2000 soll anläßlich der Tagung der Astronomischen Gesellschaft in Bremen eine Ausstellung über Leben und Werk des Arztes und Astronomen Wilhelm Olbers ausgerichtet werden. Mit der Sichtung des schriftlichen Nachlasses in der Bremer Universitätsbibliothek wurde begonnen.

Herr Scriba leitete gemeinsam mit Prof. J. W. Dauben (New York) vom 25. bis 30. Januar 1998 ein weiteres Treffen der Arbeitsgruppe ,,Historiographie der Mathematik`` der International Commission on the History of Mathematics im Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach. Dabei wurden die inzwischen weitgehend vorliegenden Manuskripte der rund 40 Mitarbeiter kritisch beurteilt und noch offene Fragen der Gestaltung diskutiert. Das endgültige Manuskript soll im kommenden Herbst dem Verlag übergeben werden. Frau Anke Jobmann, die seit dem 1. Mai 1996 als studentische Hilfskraft bei bibliographischen Arbeiten mitwirkte und die Druckvorlage im Editionsprogramm LaTeX erstellte, legte im Dezember ihre Diplomprüfung in Geschichte der Naturwissenschaften ab und erhielt ein Doktorandenstipendium des Graduiertenkollegs ,,Genese, Struktur und Folgen von Wissenschaft und Technik`` an der Universität Bielefeld.
Ab 1. April 1998 übernimmt Frau Elena Opaets, die ebenfalls Geschichte der Naturwissenschaften im Hauptfach studiert, ihre Aufgaben. Wie Frau Jobmann wird sie aus einer Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft bezahlt.

Das von Herrn Kleinert begonnene Nachlaß-Seminar, das sich gegenwärtig vorwiegend mit dem Ordnen und Abfassen von Regesten der wissenschaftlichen Korrespondenz von Hans Schimank beschäftigt, wurde auch in den beiden vergangenen Semestern von Herrn Scriba weitergeführt. Inzwischen sind rund 1350 Korrespondenten namentlich erfaßt. Etwa ein Fünftel der Briefe konnte bisher in Regestenform in eine Datenbank aufgenommen werden.

An der von Herrn Scriba begonnenen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch eine Sachbeihilfe geförderten Edition des Briefwechsels des Oxforder Mathematikers John Wallis (1616-1703) setzte Herr Dr. Philip Beeley als wissenschaftlicher Mitarbeiter seine Arbeit fort, weiterhin unterstützt von Frau Alexandra Grigat als studentischer Hilfskraft.

Als Bestandteil des 3. Zyklus des Graduiertenkollegs fand erstmals vom 20. Oktober bis zum 14. November 1997 ein Nachwuchsforum statt. Es hatte das Ziel, junge in- und ausländische Nachwuchskräfte, die an ihrer Promotion arbeiten, im Rahmen der Schwerpunkte und verwandter Disziplinen des Kollegs zu fördern. Die Veranstaltung begann mit einem dreitägigen Plenarkolloquium im Warburg-Haus, bei dem Teilnehmer und Kollegiaten ihre Projekte vorstellten. Am 24. Oktober hielt Herr Prof. Dr. H. Maehler aus London den Eröffnungsvortrag (,,Warum sind Papyri so spannend?``), am 25. fand eine Exkursion nach Hildesheim statt. Weitere Veranstaltungen schlossen ein Kompaktseminar ,,Griechische und lateinische Paläographie`` in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, ein Blockseminar ,,Textkritik`` und einen Workshop zum Einsatz von Photo- und Labortechnologie bei Papyri, Handschriften und Alten Drucken ein, an dem Fachleute aus Köln mitwirkten. Zum Abschluß des Nachwuchsforums hielt am 13. November 1997 Herr Prof. Dr. Fritz Krafft, Marburg, einen Vortrag über das Thema ,,Am Anfang war es nur ein Wort: Basaltes``.

Im Rahmen des ,,Straßburg-Projekts`` arbeiteten Frau Marielle Cremer über die Geschichte der Geophysik an der Straßburger Universität und Herr Florian Hars über die Geschichte der Physik. Die Astronomie wurde von Frau Wolfschmidt behandelt. Frau Julia Thiele und Frau Wolfschmidt beteiligten sich am Projekt ,,Deutsch-ungarische Beziehungen in Naturwissenschaft und Technik nach dem II. Weltkrieg``, das Herr Dr. Fischer vom Finnisch-Ugrischen Seminar der Universität Hamburg organsisierte.

Am XX. Internationalen Wissenschaftshistorischen Kongreß, der vom 20. bis 26. Juli in Lüttich stattfand, beteiligten sich drei Mitglieder des Instituts mit Vorträgen (Hünemörder, Oestmann und Wiesenfeldt).

Zum Beginn des Jahres 1998 (am 23. Januar) konstituierte sich der Förderverein Hamburger Sternwarte e.V. Zweck der Vereinigung ist der Erhalt und sowohl die wissenschaftliche als auch volksbildende Nutzung des inzwischen denkmalgeschützten Ensembles auf dem Gojenberg in Hamburg-Bergedorf. In den Vorstand wurden Gudrun Wolfschmidt und Günther Oestmann gewählt.

Eine Exkursion zum Kasseler Museum für Astronomie und Technikgeschichte fand am 16. Mai statt; am 5. Dezember wurde die Leibniz-Edition in der Niedersächsischen Landesbibliothek (Hannover) besucht. Neben einer Besichtigung der Cimelien (darunter auch der Rechenmaschine) wurden von den Mitarbeitern die editorischen Fortschritte und Probleme eingehend vorgestellt.

Die wissenschaftshistorische Exkursion des IGN führte in diesem Jahr nach Dänemark. Am 16. Juni ging es zunächst nach Århus zur Besichtigung des Steno-Museums, dessen Direktor, Herr Prof. Moesgaard, eine sehr interessante Führung veranstaltete und anschließend zu Pizza und Wein in den Museumsräumen lud. Am zweiten Tag führte der Weg über die neue Beltverbindung nach Taastrup nahe Kopenhagen. Dort ist durch das langjährige Engagement des Musikers und Wissenschaftshistorikers Claus Thykier ein kleines Museum zum Leben und Werk des Astronomen Ole Römer entstanden. Thykier war es 1978 gelungen, den in unmittelbarer Umgebung des Museums gelegenen Standort von Römers Observatorium zu finden. Bei einem Imbiß berichtete Herr Thykier über die Geschichte der Entstehung des Museums und führte im Anschluß durch die Ausstellung. Die Prunkstücke stellen getreue Rekonstruktionen des von Römer konzipierten Planetariums, Lunariums und Jovilabiums dar, die von dem Uhrmacher und Restaurator Sören Andersen verfertigt wurden.
Der letzte Tag war einem Besuch der Reste von Tycho Brahes Observatorien auf der Insel Hven vorbehalten. Bei strahlendem Wetter ging es per Schiff von Kopenhagen nach Bäckviken, dem kleinen Inselhafen. Außer einer Andeutung des Grundrisses der ,,Uraniborg`` ist von dem prunkvollen Hauptgebäude der Sternwarte Brahes nichts mehr zu sehen. Dagegen sind vor kurzem Teile der Umwallung und der Gartenanlagen rekonstruiert worden. Die Reste der nahegelegenen, schon vor längerer Zeit freigelegten ,,Stjärneborg``, einem unterirdisch angelegten Observatorium, wurden ebenfalls besichtigt. Ein winziges Museum erinnert an Brahes Tätigkeit auf der Insel, die im ausgehenden 16. Jahrhundert der Mittelpunkt astronomischer Forschung war.

Die Bibliothek erhielt auch im Berichtszeitraum wieder zahlreiche Bücherschenkungen, für die wir herzlich danken. Stellvertretend seien als Institutionen genannt: die Bibliothek der Hamburger Universitätssternwarte in Bergedorf, die G. Daimler- und K. Benz-Stiftung und die Gesellschaft Deutscher Chemiker sowie als persönliche Spender die Herren Hans Dennert (Fa. Aristo), Dr. Heyckendorf, Dr. D. Stolzenberg und Prof. K. Heyns.

Bei den studentischen Hilfskräften haben sich folgende Änderungen ergeben:
Herr Johannes Kückens (Nachfolger von Herrn Cremer) arbeitet seit dem 1. April 1997. Frau Kathrin-Johanna Teerling (Nachfolgerin von Herrn Rosendahl) hat am 1. Oktober 1997 ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Verlängerungsanträge für Herrn Krisztián Peters und Frau Heike Frank sind gestellt worden. Alle oben genannten Studenten waren stets einsatzbereit, haben sorgfältig und gewissenhaft gearbeitet.


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Die letzte Änderung stammt vom 14. Oktober 1998.

wolfschmidt@math.uni-hamburg.de