Nach den vielen Irritationen, mit denen die Emeritierung von Herrn Scriba und der glücklicherweise gescheiterte Versuch der Streichung der C4-Stelle verbunden waren, hat Frau Reich den Ruf angenommen und ihre Professur zum 1.4.1995 angetreten. Wir freuen uns über diese neue Kollegin, die sich inzwischen sehr gut eingelebt hat und die Traditionen des IGN gemeinsam mit den bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fortführt und weiterentwickelt. Zum gleichen Zeitpunkt trat Herr Hünemörder sein Amt als Geschäftsführender Direktor an. Als seine Stellvertreterin ab 1. August 1995 wurde Frau Reich gewählt. Das nächste wichtigere Ereignis war der an Herrn Kleinert ergangene Ruf auf die C-4 Professur für Geschichte der Naturwissenschaften an der Universität Halle, den er zum 1. August 1995 angenommen hat. Am 22. Januar 1996 hat er sich mit einer Abschiedsvorlesung ,,Die Erschließung des Nachlasses von Hans Schimank (1888-1979). Bericht über ein Seminar'' mit anschließendem Empfang offiziell verabschiedet. Herrn Dipl.-Phys. Kai Handel, dem im Oktober 1995 der Wilhelm-Dettmering-Preis für seine Diplomarbeit verliehen wurde, hat er als Mitarbeiter nach Halle mitgenommen. Inzwischen konnte er dort auch Institutsräume beziehen. Die durch Kleinerts Fortgang eingetretene Lücke in der Wahrnehmung der Physikgeschichte wurde vorübergehend dadurch geschlossen, daß Frau Renneberg für ihn im Rahmen einer Vertretungsprofessur im WS 1995/96 eingesprungen ist. Dadurch konnte ihre Dienstzeit als Wiss. Assistentin bis Ende September 1996 verlängert werden. Für das kommende Sommersemester gelang es, Herrn Dr. Friedrich Steinle (Göttingen) als Lehrbeauftragten für Physikgeschichte zu gewinnen. Das Institut hat selbstverständlich einen Antrag auf Wiederzuweisung einer C-3 Professur für Physikgeschichte gestellt, über den jedoch wegen der für das notwendige Einsparvolumen des Universitätsetats immer weiter steigenden Finanzsumme bisher noch nicht entschieden wurde. Der Verlust dieser 4. Professur hatte für das Institut zur Folge, daß es keinen eigenen Institutsrat mehr besitzt und dem Fachbereich direkt untersteht. Ein Ausschuß in gleicher Stärke wie der Institutsrat ist an dessen Stelle getreten.
Aber auch sonst zeichnen sich bedrohliche Entwicklungen ab, da auch die C-2 Stelle von Herrn Weyer zu einem späteren Zeitpunkt eingespart werden soll. Wir sind jedoch fest entschlossen, für jede bedrohte Stelle im Institut und anderswo, wie z.B. um den Erhalt der C4-Professur für Geschichte der Naturwissenschaften in Göttingen und der C3-Stelle für Mathematikgeschichte in München, entschlossen zu kämpfen, weil wir der Meinung sind, daß die Geschichte der Naturwissenschaften immer noch viel zu wenig an deutschen Universitäten vertreten ist, obwohl sowohl großes Interesse für das Fach besteht als auch wissenschaftlich sehr gute Repräsentanten unter den gegenwärtigen Hochschullehrern sowie qualifizierter Nachwuchs vorhanden sind.
Das Habilitationsverfahren von Frau Irmtraut Scheele wurde im Mai 1995 erfolgreich abgeschlossen. Leider wurde sie durch Krankheit bisher daran gehindert, das Institut durch eine Lehrveranstaltung zu unterstützen. Anfang März 1996 mußte sie sich völlig überraschend einer lebensbedrohenden Operation unterziehen, von der sie sich langsam zu erholen beginnt. Wir wünschen ihr baldige Genesung und erfolgreiche Wiederaufnahme ihrer Arbeit an der Publikation des Trommsdorff-Briefwechsels als Mitarbeiterin von Prof. Christoph Friedrich in Greifswald!
Herr Klaus Hentschel (Göttingen), der 1989 bei Herrn Kleinert promoviert hatte, hat sich wegen der Streichung der C4-Professur in Göttingen am 24. Januar 1996 am Fachbereich Mathematik habilitiert. Seine Habilitationsschrift trägt den Titel: ,,Zum Zusammenspiel von Instrument, Experiment und Theorie am Beispiel der Rotverschiebung im Sonnenspektrum und verwandter spektraler Verschiebungseffekte von ca. 1880 bis etwa 1960.''
Im WS 1995/96 unterstützte Frau Dr. Jeanne Peiffer aus Paris das Institut wieder durch mehrere Lehrveranstaltungen im Rahmen einer Gastprofessur.
Die §-24-Nachwuchsstelle erhielt zum 1. April 1995 nach Ausscheiden von Herrn Dipl.-Math. Andreas Wilke der Dipl.-Phys. Gerhard Wiesenfeldt. Als EDV-Beauftragter für die inzwischen installierten 6 Computer im Institut hat er eine wichtige Funktion.
An Stelle der ausgeschiedenen studentischen Hilfskräfte sind für den Zeitraum vom 1. April 1995 bis 30. September 1996 tätig: Anna Jávor, Uta Langenbuch, Jörg Lohse, Christoph Pawek, Klaus Reese und Wolfgang Thurau.
An Doktorarbeiten wurden die Dissertationen von Frau Beate Ceranski und Frau Ariane Dröscher erfolgreich abgeschlossen. Frau Ceranski erhielt für ihre von Herrn Kleinert betreute Dissertation ,,Und sie fürchtet sich vor niemandem - Die Bologneser Physikerin Laura Bassi (1711-1778)'' den Greve Preis 1995 der Joachim-Jungius-Gesellschaft Hamburg. Zum 1. April 1995 trat sie die Assistentenstelle in Stuttgart bei Herrn Hermann an.
Herr Handel vertrat im Sommersemester Frau Renneberg auf der Assistentenstelle und führte die Studienberatung durch. Im Oktober 1995 erhielt er den Dettmering-Preis. Ferner fertigte er ein Register zu ,,Cosmotheoros'' von Huygens an.
Von den größeren Forschungsarbeiten im Institut ist zu berichten, daß die Förderung des DFG-Forschungsvorhabens des Thomas III-Kommentars von Herrn Hünemörder mit Ende Juli 1995 wie vorgesehen eingestellt wurde. In seinem vergangenen Forschungssemester hat er durch die Identifizierung von drei wichtigen Zwischenquellen des wahrscheinlich in Wien wirkenden Kompilators von Thomas III die Forschung erheblich vorangetrieben und den dies berücksichtigenden Kommentar bis einschließlich des 4. Buches vorläufig abgeschlossen.
Die von Herrn Scriba dank einer Sachbeihilfe der DFG begonnene Vorbereitung einer Edition des Briefwechsels des Oxforder Mathematikers John Wallis (1616-1703) ist insofern ins Stocken geraten, als sein Mitarbeiter Dr. Siegmund Probst zum 1. April 1995 auf eine Dauerstelle bei der Leibniz-Edition nach Hannover wechselte. Die Einstellung eines Nachfolgers verzögerte sich. Dagegen wirkte als Nachfolgerin von Herrn Christian Alberti zunächst ab 1. April 1995 Frau Birgit Burmeister mit, seit dem 1. Oktober 1995 ist Frau Sergine Dupont als studentische Hilfskraft mit der Manuskriptherstellung beschäftigt.
Frau Renneberg nutzte den ,,Sonderurlaub ohne Bezüge'', der ihr für das Sommersemester 1995 gewährt wurde, zu längeren Forschungsaufenthalten unter anderem im Deutschen Museum in München und in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen. Nachdem Herr Kleinert den Ruf nach Halle angenommen hatte, übernahm sie dessen Vertretung für das Wintersemester 1995/96.
Herr Weyer befand sich auch in diesem Jahr zu Studien im Umkreis seines Themas ,,Graf Wolfgang von Hohenlohe und die Alchemie'' in Weikersheim bzw. Schäftersheim. Bei einem Schäftersheim-Aufenthalt vom 6.-17. Februar 1995 begann er mit dem Bau eines provisorischen Modells des alchemistischen Laboratoriums, das Wolfgang in Schloß Weikersheim hatte errichten lassen. Das Modell soll als Vorbild und Hilfe für ein vom Fachmann gebautes Modell dienen, wenn einmal im Weikersheimer Schloß die beiden Ausstellungsräume zur Erinnerung an Wolfgang von Hohenlohe und seine Beschäftigung mit der Alchemie eingerichtet werden (vgl. Nachrichten Nr.25, April 1995). In diese Zeit fiel auch ein Besuch und Arbeitsgespräch bei Herrn Keil in Würzburg, der vor kurzem mit dem Institut für Geschichte der Medizin in ein neues Gebäude umgezogen war. Ein zweiter Aufenthalt vom 4.-17. September begann mit einem dreitägigen Besuch des Hohenlohe-Zentralarchivs in Neuenstein. Er diente der Durchsicht von Apothekeninventaren aus dem frühen 17. Jahrhundert und von Dokumenten, die Auskunft über das spätere Schicksal des Laboratoriums geben sollten. Die übrige Zeit war der Auswertung der Dokumente und dem Bau des Modells gewidmet. Im Oktober erfuhr er durch einen Anruf aus Stuttgart, daß die Renovierung der beiden zukünftigen Ausstellungsräume im Jahr 1998 beginnen soll.
Von August 1994 bis Ende Juli 1995 hielt sich, wie bereits im letzten Nachrichtenblatt erwähnt, erneut Herr Dr. Evgeny Zaitsev aus dem Institut für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau bei uns auf, finanziert durch ein von der Gerda Henkel Stiftung bewilligtes Stipendium. Im Anschluß daran konnte er seine Studien zur Entwicklung der Geometrie im Mittelalter noch für einige Monate an der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel fortsetzen. Wie er zeigen konnte, lassen sich in den Abhandlungen zur Geometrie - stärker als bisher bekannt - zeitgenössische philosophische und theologische Einflüsse auf die Auswahl und Darbietung von Lehrsätzen aus den Elementen Euklids und von praktischen Verfahren nachweisen.
Die Bibliothek erhielt wieder zahlreiche Schenkungen von Büchern und Sonderdrucken. Stellvertretend seien als Spender genannt die Herren Drubba, K. Müller und Dr. Heinrich Schönemann (Moers). Allen sei herzlich gedankt!