hab - Wird die Wissenschaftsgeschichte neu geschrieben? Die zwei größten Institute der BRD, Hamburg und Berlin, trafen sich in Wolfenbüttel zum X. Gipfel. Im Mittelpunkt der 2-tägigen Konferenz stand die Debatte um Elektrizität und Magnetismus im 17./18. Jahrhundert. Das Seminar war ein großer Erfolg. Frau Dr. Renneberg, Leiterin der Hamburger Delegation, sprach von "einem Brückenschlag von William Gilbert bis hin zu Hans Christian Oersted". Die Teilnehmer hatten in mühevoller Kleinarbeit monatelang recherchiert und präsentierten zu Teil verblüffende Erkenntnisse. Kontakte zwischen den Delegierten wurden auch außerhalb des offiziellen Rahmens geknüpft.
Blockseminar in Wolfenbüttel, das heißt 12 Referate in zwei Tagen über große Forscher und große Theorien. Das heißt, das Pensum eines Semesters in vier Blöcken à drei Stunden zu verdauen. 15 Studenten und zwei Dozenten aus Hamburg und Berlin trafen sich, um den historischen Grundriß der Theorien für Elektrizität und des Magnetismus im 17. und 18. Jahrhundert zu vermessen. Im Gepäck hatte jeder von uns in Form eines Referates einen Teil des Puzzles, welches sich zu einem facettenreichen Bild der damaligen Sichtweise und Forschungspraxis fügen sollte. Stand uns also eine Ochsentour bevor? Im Gegenteil. Wir genossen die angenehme Atmosphäre eines ovalen Tisches, hinter uns im Regal der Bibliothek über 3000 verschiedene Bibeln, eine größer als die andere. Vor der Tür prangte das bedeutungsvolle Schild mit der Aufschrift "Konferenz: Bitte nicht stören!" Zu den Kaffeepausen, wie von unsichtbarer Hand war immer für frisches Geschirr und Getränk gesorgt, trieben wir im Foyer Konversation. Für einen Vortrag war inklusive Diskussion eine Stunde vorgesehen. Die zeitlich direkte Abfolge im Programm stellte sich für uns als Vorteil dar; das chronologische Abschreiten der genannten Zeitspanne war eher nachvollziehbar und die im Seminar sonst übliche Frage "Wie war das denn noch bei..." entfiel.
Es boten sich mehrere Gelegenheiten, die tägliche Kopfarbeit angemessen zu belohnen. Die Freizeit (mittags und abends) nutzten wir, um die kulinarischen Qualitäten der Stadt Wolfenbüttel zu testen. Gleich nach der Anreise am Mittwoch beschnupperten wir die Berliner Abordnung bei einem Kaffee. Die Liebhaber französischen Milchkaffees wurden mit einem offensichtlich spanischen Verwandten, dem Kaffee Olé, konfrontiert. Es sollte jedoch der einzige größere Patzer bleiben. Abends testeten wir den Zustand der süddeutschen Küche im "Bayrischen Hof". Urgemütliches Ambiente mit Leberkäse und Abatzter (sprich: Obatzter, eine Käsespeise), dazu ein schmackhaftes Bier; eine bodenständige Grundlage für die bevorstehende Kopfarbeit. Auf dem Heimweg ins Hotel bemerkten wir, daß der typische Wolfenbütteler seine Stadt nach 22.30 Uhr nicht mehr nutzt. Wir waren, bis auf verstreute Einzelgänger, die einzigen Passanten. Nach der Übernachtung im Hotel wartete ein reichhaltiges Frühstücksbuffet auf uns. Auch die nächsten Tage sollten wir nicht verhungern. So hatten wir sogar am Donnerstag die Möglichkeit, die Küche des Anna-Vorwerk-Hauses zu nutzen - das bedeutete Zucchini, Pasta, Obstsalat begleitet von Wein und Knoblauch. Den Jungköchen unserer Gruppe an dieser Stelle nochmals ein Kompliment. Das Anna-Vorwerk-Haus ist das Gästehaus der Herzog-August- Bibliothek, deren Ziel es unter anderem ist, Studenten durch Stipendien oder Sommerseminare die Reise und die Arbeit mit den Originalwerken zu ermöglichen.
Das Seminar war also eine gelungene Mischung aus saftigen Mahlzeiten und intellektuellem Brot. Wer die Verträglichkeit dieser Mischung selbst testen möchte, wird gebeten, an der nächsten Fahrt nach Wolfenbüttel samt Vorbereitung teilzunehmen. Gibt es ein nächstes Mal?
Falk Aupers, Klaas Klaassen