Nummer 34, 2004
NACHRICHTEN
aus dem Institut für Geschichte der
Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
HAMBURG
Chronik von März 2003 bis März 2004
Inhalt
Chronik und Berichte -- März 2003 bis März 2004
Vorträge der MitarbeiterInnen des SPGN
Veröffentlichungen der MitarbeiterInnen des SPGN
Lehrveranstaltungen
in den letzten zwei Semestern
SS 2003 und
WS 2003/04
Kolloquien und Gastvortäge
in den letzten zwei Semestern
SS 2003 und
WS 2003/04
Seit 1. April 2003 ist die Geschichte der Biologie wieder vertreten;
Prof. Dr. Stefan Kirschner aus München nahm im Sommersemester 2003
seinen Dienst auf. Herr Kirschner ist Mitherausgeber der
,,Nicolaus-Copernicus-Gesamtausgabe''.
Ein Highlight war am 1. Dezember 2003 der
Kolloquiums-Experimentalvortrag von Prof. Dr. Willy Schmidt
(Lübeck) mit dem Thema ,,Alexandrinische Mechaniker -- Eine
unterhaltsame Betrachtung über ein folgenreiches Kapitel antiker
Technik''. Das Museion in Alexandria (Ägypten),
das von etwa 320 v.Chr. bis 300 n.Chr. Mittelpunkt antiker
Gelehrsamkeit war und an der u.a. Euklid, Archimedes und Ptolemaios
studierten und lehrten, war auch die Geburts- und Pflegestätte einer
uns heute kurios anmutenden technischen Mechanik. Dabei sollte daran
erinnert werden, daß das griechische Wort
,,μηχαναω'' ursprünglich ,,eine List
ersinnen'' bedeutet. Überraschend, was die ,,Listenreichen'' sich
alles ausdachten! Einige Ergebnisse dieser antiken Mechanik wurden in
Modellen, die von der Fachhochschule Hamburg hergestellt worden waren
(unter Mitwirkung von Herrn Berthold Witte), von Jürgen Gottschalk und
Wolfgang Lange vorgeführt und sogar als Video aufgenommen (Dr.
Hans-Christian Dehne und Dr. Jürgen Trahms).
In Göttingen gab es vom 26. Oktober 2003 bis 18. Januar 2004 eine
interessante Ausstellung ,,Russland und die ,Göttingische Seele''' im
Rahmen von Aktivitäten zu ,,300 Jahre St. Petersburg''. An der
Ausstellung, am Katalog und der zugehörigen Vortragsreihe beteiligten
sich Karin Reich und Elena Roussanova. An der Ausstellungseröffnung
nahmen mehrere Mitglieder unseres Instituts teil.
Die Reihe ,,Nuncius Hamburgensis -- Beiträge zur Geschichte der
Naturwissenschaften'' (Hamburg: Hamburg University Press) wurde 2003
gegründet, unterstützt von der Schimank-Stiftung. Als erster Band
erscheint im Jahr 2004 ,,Hans Schimank (1888--1979) Ausgewählte
Schriften. Mit einem Beitrag ,Hans Schimanks Otto von Guericke' von
Fritz Krafft. Bearbeitet von Igor Abdrakhmanov.''
Der Schwerpunkt plant ein Symposium ,,From Magnetism to Electrodynamics''
anläßlich des 200. Geburtstags von Wilhelm Weber zu veranstalten.
Als Termin ist vorgesehen: 10.--12. März 2005 (Donnerstag bis
Samstag). Tagungssprachen sind Englisch und Deutsch. Ergänzend zum
Symposium soll auch eine Ausstellung in der Staatsbibliothek Hamburg
im März und April 2005 dargeboten werden.
http://www.math.uni-hamburg.de/spag/ign/events/weber04.htm
Karin Reich organisierte und leitete die Tagung der DMV,
Sektion Geschichte der Mathematik, in Rostock, 14. bis 19. September 2003.
Gudrun Wolfschmidt organisierte im September 2003 mit Axel
Witmann (Göttingen) und Wolfgang Schmidt (Freiburg) eine Tagung des
Arbeitskreises Astronomiegeschichte mit dem Thema ``Development of
Solar Research'' in Freiburg im Breisgau, einem Zentrum der
Sonnenforschung, die unter internationaler Beteiligung stattfand. Nun
ist sie mit der Herausgabe der Proceedings beschäftigt.
Ferner nahm Gudrun Wolfschmidt an diversen Tagungen im In- und Ausland
teil. Bibliotheksrecherchen wurden in Göttingen, München und
Marseille durchgeführt. Eine Forschungsreisein im August/September
2003 die USA diente dem Studium wissenschaftlicher Instrumente,
besonders in Harvard University, Boston Science Museum und in
Washington (Air & Space Museum, National Museum of American History).
In der Gauss-Gesellschaft wirkte sie im Vorstand als Herausgeber der
Mitteilungen.
Schließlich ist sie Vorsitzende des Fördervereins Hamburger
Sternwarte. Im Jahr 2003 organisierte sie wieder in der Hamburger
Sternwarte die ,,Lange Nacht der Museen'', den ,,Tag der Offenen Tür''
und die Mittwochs-Vortragsreihe im Sommer, alles in Kooperation
unseres SPGN mit der Hamburger Sternwarte; zusätzlich gab es zwei
literarische Angebote von Rena Larf (Hamburg) und Guido Fahrendholz
(Berlin): Lesung unterm Sternhimmel: Traumhafte Lyrik und
Kurzgeschichten zum Thema: ,,Sonne, Mond und Sterne'' (2. Juli 2003)
und die Weihnachts-Lesung ,,Sternenzauber zur Weihnachtszeit''
(3. Dezember 2003); beide Lesungen wurden mit Bildmaterial in einer
PowerPoint-Präsentation illustriert. Am Samstag 23. August 2003 wurde
zudem am ,,Bundesweiten Astronomietag'' mit einem reichhaltigen
Programmangebot in der Sternwarte teilgenommen.
Die neue Adresse von Christian Hünemörder im Rheinland ist:
Weizenfeld 2, 51545 Waldbröl, Tel.: 02291/808236,
e-mail: ch.huenemoerder@freenet.de
Jost Weyer nahm vom 20. bis 22. März 2003 an der Tagung der
Fachgruppe ,,Geschichte der Chemie'' der Gesellschaft Deutscher
Chemiker in Cottbus teil. Auf dieser Tagung erhielt Frau Roussanova
den Bettina-Haupt-Förderpreis für ihre Diplomarbeit über Julia
Lermontova als erste promovierte Chemikerin, die von Herrn Weyer
betreut worden war. Auch in diesem Jahr widmete er sich der Arbeit an
seiner Chemiegeschichte. Inzwischen sind von den etwas mehr als
dreißig Kapiteln acht fertiggestellt, so dass noch ein paar Jahre
vergehen werden, bevor sein ,,magnum opus'' vollendet ist.
Auch die Dauerausstellung über Graf Wolfgang von Hohenlohe und die
Alchemie in Schloß Weikersheim nahm noch einmal seine Zeit in
Anspruch. Dort sind immer noch zahlreiche Korrekturen auszuführen,
deren Erledigung für mehr als ein Jahr zum Erliegen gekommen war. Bei
einem Weikersheim-Aufenthalt im Mai 2003 fand im Schloss ein
Dreier-Treffen zusammen mit einer Vertreterin der Staatlichen
Schlösser und Gärten Baden-Württemberg und einem Vertreter des
Staatlichen Vermögens- und Hochbauamtes Heilbronn statt, wobei in
allen Punkten bezüglich der Korrekturen Einigkeit erzielt wurde. So
besteht die Hoffnung, dass zum Saisonbeginn im Frühjahr 2004 diese
Phase der Nachbereitung endgültig abgeschlossen ist.
Schließlich wurden auch die Forschungsarbeiten im weiteren Umkreis zum
Thema Wolfgang von Hohenlohe und die Alchemie fortgesetzt. Während
eines zweiten Weikersheim-Aufenthalts machte er einen Abstecher nach
Neuenstein und arbeitete vom 10. bis 12. September in
Hohenlohe-Zentralarchiv. Schwerpunkte seiner archivalischen Recherchen
waren dieses Mal Dokumente zur praktischen Chemie in Weikersheim unter
Wolfgangs Nachfolger Georg Friedrich von Hohenlohe und zum Schicksal
des alchemischen Laboratoriums.
Igor Abdrahmanov nahm an folgender Tagung teil: International
Society for the History, Philosophy and Social Studies of Biology
(ISHPSSB meeting 2003) in Wien von 16. bis 20. Juli 2003. Dabei wurde
Herr Abdrahmanov in das ,,Student Advisory Committee'' gewählt (bis
2005).
Constantin Canavas arbeitet auf dem Gebiet der Geschichte der
Alchemie und der Regelungen mit besonderer Berücksichtigung der
Spätantike und des arabisch-islamischen Kulturraums. Der Schwerpunkt
in der arabisch-islamischen Alchemiegeschichte liegt in der
Untersuchung von Illustrationen arabischer alchemischer Handschriften.
Dazu diente ein Besuch in der Handschriftenbibliothek der
St. Petersburger Abteilung der Russischen Akademie der Wissenschaften
im August 2003. Theoretische Ansätze vergleichender Ikonographie und
hermeneutische Modelle zu Überlieferungsstrategien der
Wissensrepräsentation führten zu einem Austausch mit dem SFB
,,Erinnerungskulturen'' der Universität Gießen. Für die Verörtung der
Alchemie vor dem Horizont der arabisch-islamischen Geistesgescichte
erschien außerdem die Einbeziehung philosophisch-theologischer
Traditionen mit Bezug auf die Naturwissenschaften als sehr
hilfsreich.
Auf dem Schwerpunkt der Regelungen wurden in vergleichenden Studien Fäden verfolgt, welche die Wechselwirkung zwischen Entwicklungen von Regelungskonzepten in Technik, politischen Theorien und Biologie bzw. Physiologie erschließen und das lange Leben einer (sehr alten) Fazination der Kontrolle belegen. Constantin Canavas ist für das ganze Sommersemester 2004 auf Praxissemester in Griechenland.
Katrin Cura hat ihre Dissertation über die ,,Die Geschichte
der Klebstoffe'' begonnen, die von Frau Gudrun Wolfschmidt
betreut wird. Quellenrecherchen hat sie in der Kunstbibliothek
des Preussischen Kulturbesitz in Berlin durchgeführt und einen
Vortrag über das Thema auf der Jahrestagung der Georg-Agricola-
Gesellschaft gehalten.
Eines der Ziele unseres Schwerpunktes ist es, die Geschichte der
Naturwissenschaften auch in der Schule, besonders im Gymnasium, zu
fördern. So verfolgt Katrin Cura auch weiterhin ihr Ziel, die
Geschichte der Naturwissenschaften im Unterricht zu thematisieren. Im
diesem Zusammenhang besuchte sie mit Schülern die
Schwerpunkts-Bibliothek, lud Dr. Rüting in den Unterricht ein und
führte eine Exkursion durch. Über die Aktivitäten bzgl. der
Zusammenarbeit zwischen Geschichte der Naturwissenschaften und der
Schule informieren die Berichte S. 19 und 20.
Jürgen Gottschalk ist weiterhin mit seiner Forschungsarbeit über
Leibniz' Arbeiten (Entwürfe, Berechnungen, Planungen) auf technischen
Gebiet -- auch in Verbindung zu den übrigen Leibnizforschungsstellen
(Hannover, Münster und Berlin) und des IGN Hamburg -- beschäftigt.
Im Personenlexikon ,,Hamburgische Biografie'', Band 2, erschienen von
Jürgen Gottschalk zwei Beiträge: 1. über Baudirektor Dr.-Ing. Kurt
Förster (1904--1987). Er war bei ,,Strom- und Hafenbau'' tätig und
hatte u.a. wesentlichen Anteil am Wiederaufbau des im 2. Weltkrieg
zerstörten Hamburger Hafens, ferner besaß er Patente für neuartige
Schiffsdalbenkonstruktionen und war ein geschätzter Planer und
Gutachter für weitere Hafenanlagen im In- und Ausland. 2. über
Oberbaudirektor Professor Otto Sill (1906--1984). Als Leiter des
Tiefbauamtes der Baubehörde leistete er einen bedeutenden Beitrag zum
Wiederaufbau Hamburgs nach Kriegsende (1947: Aufstellung eines
Generalverkehrsplans, 1954 bis 1970: Flughafenausbau, 1964 bis 1968:
Ausbau der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße, 1966 bis 1969:
Erweiterung des Klärwerks Köhlbrandhöft). Seine Fachkompetenz war auch
auf Bundesebene und im Ausland gefragt. Für den in Vorbereitung
befindlichen Band 3 liegen von J. Gottschalk zwei weitere Beiträge
vor: 1. über Baudirektor Curt Merckel (1858--1921). Er war zunächst
in der Baudeputation tätig. Mit Erweiterung seines Tätigkeitsbereich
wurde ihm ab 1912 die Leitung des Dezernats für Transportwesen,
Eisenbahn, Stadterweiterung, Straßenreinigung, Abfuhr und Vermessung
übertragen. 2. über Wasserbaudirektor Christian Nehls (1841--1897).
Nehls war nach 1870 Leiter der ,,Sektion für Strom- und Hafenbau'' der
Baudeputation und maßgeblich beteiligt am Generalbebauungsplan für das
Freihafengebiet. Er genoß hohes Ansehen als Wissenschaftler und
Mathematiker und wurde 1880 zum außerordentlichen Mitglied der
Königlich Preußischen Akademie für Bauwesen ernannt.
Anfang Dezember 2003 erschien das Buch ,,Die 4. Röhre des Elbtunnels
in Hamburg'' -- Eine Dokumentation über neue Wege in der Bau- und
Arbeitsvorbereitung, Baudurchführung und für die Sicherheit von
Straßentunneln. (ISBN 3-00-012594-9).
Auf der Herbsttagung der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg mit
dem Thema ,,Mathematische Modellierung'' hat Jürgen Gottschalk am
Samstag, den 08. November 2003 über ,,Die vierte Röhre des Elbtunnels
in Hamburg -- Konstruktion und statische Belange'' vorgetragen und
nachmittags eine Exkursion zur Tunnelbetriebszentrale (zuständig für
alle vier Elbtunnelröhren) geleitet.
Dieter Herrmann hat in 2003 den institutionellen Briefwechsel
aus dem Schimank-Nachlass bearbeitet. Gegenstand war die Korrespondenz
mit Universitäten und wissenschaftlichen Vereinigungen, mit
Bildungseinrichtungen von beruflichen und politischen Organisationen,
mit Kommunen und Ministerien, mit Firmen sowie Archiven. Insgesamt
sind etwa 120 Einrichtungen erfasst worden mit etwa 1300 Briefen und
anderen Dokumenten (ausgenommen: die Materialien zur Institution VDI).
Herrn Herrmanns Auswertung führte zu statistischen Beschreibungen, der
Heraushebung der jeweiligen Funktion bzw. Einbindung Schimanks in die
betreffende Einrichtung, sowie von Merkmalen seiner speziellen
Aktivitäten. Beispiele sind: Vereinbarungen zu Vorträgen, Gutachten
zur Förderung von wissenschaftlichen Arbeiten, Empfehlungen zur
Einrichtung von Lehrstühlen und deren Besetzung, Vorbereitung von
Gedächtnisfeiern, Firmengeschichte, Nachforschung in Archiven,
Austausch von Quellenmaterial. In Ergänzung zur Korrespondenz mit
Personen wird auf diese Weise das Bild des Forschers, Lehrers und
Bildungspolitikers Schimank abgerundet.
Jürgen W. Koch befaßt sich seit etwa einem Jahr mit der
Redaktion der Chronik zum 750-jährigen Gründungstag unserer Gemeinde
Holm am 29. April 2005.
Pia Köppel legt seit 2003 unter Betreuung von Gudrun Wolfschmidt
eine Datenbank unserer Sammlung wissenschaftlicher Instrumente und
didaktischer Objekte an; das Projekt wird finanziell unterstützt von
der Schimank-Stiftung.
Henning Krause übernahm seit Februar 2003 bis März 2004 die
regelmäßigen Führungen in der Ausstellung ,,Wandel im Weltbild -- Von
Copernicus bis zur modernen Kosmologie'' in der Hamburger Sternwarte
in Bergedorf, eine Zusammenarbeit des Schwerpunkts mit der Hamburger
Sternwarte und dem Förderverein Hamburger Sternwarte.
Herr Krause informierte sich im Rahmen seines einwöchigen
Studienaufenthalts (1. bis 7. September 2003) am Deutschen Museum
über interessante Themen für seine Diplomarbeit. Für Ihre freundliche
Beratung sei Herrn Füßl, Herrn Eckert, Herrn Wolff, Herrn Hashagen,
Herrn Petzold und Herrn Heinzerling gedankt.
Seit Oktober 2003 arbeitet Herr Krause als studentische Hilfskraft in
der Bibliothek Geschichte der Naturwissenschaften.
Herr Krause absolvierte ab Februar 2004 ein sechswöchiges Praktikum
beim Hamburger Abendblatt im Ressort Wissen. Für die
Sonnabend-Ausgabe, 6. März 2004, schrieb er den Titelseiten-Aufmacher
(http://www.abendblatt.de/daten/2004/03/06/270341.html). Er wird auch weiterhin Kontakt zu den dortigen
Wissenschaftsjournalisten pflegen.
Jürgen Kühl (Tremsbüttel) bearbeitet das Forschungsprojekt:
{it Recheneinschreibebücher in Schleswig-Holstein
Recheneinschreibebücher sind umfangreiche Handschriften aus der Zeit
zwischen 1500 und 1850, in denen die Bearbeitung von Aufgaben aus
einem oder mehreren Rechenbüchern protokolliert ist,
,,eingeschrieben'' wurde, wie es in diesen Büchern meist heißt.
Inzwischen haben sich innerhalb Schleswig-Holsteins in Archiven,
Bibliotheken und im Privatbesitz über 100 bis zu 850 Seiten starke
Exemplare gefunden. Es gibt drei Schwerpunkte: Arbeiten von Schülern,
Arbeiten von Rechenmeistern oder Amateuren, die sich zumeist mit
Veröffentlichungen von Mitgliedern der ,,Kunstrechnungsliebenden
Sozietät in Hamburg'' befassen und Arbeiten in Verbindung mit
Navigationsschulen, vor allem auf der Insel Föhr. Die dort ansässige
Ferring-Stiftung hat für diesen Zweck bereits zweimal mehrtägige
Aufenthalte auf der Insel finanziert, um weiterreichende Studien zu
ermöglichen. Der Stiftung sei hiermit ganz herzlich gedankt. Im
übrigen Deutschland kamen ohne systematische Suche weitere 15
Exemplare von Einschreibebüchern ans Tageslicht. Der
Arbeitsschwerpunkt lag im vergangenen Jahr auf den
Navigationshandschriften.
Wolfgang Lange bearbeitet den Briefwechsel Gauß -- Benzenberg.
Carl Friedrich Gauß (1777--1855) hat neben seiner umfangreichen
Publikationtätigkeit einen umfangreichen Briefwechsel geführt. Von
diesem Briefwechsel ist der mit Bolyai, Schumacher, Gerling, A. von
Humboldt, Olbers, Zimmermann, Bessel und J.G. Repsold
veröffentlicht. Die Bedeutung zeigt sich in den umfangreichen
reprints.
Zu dem nicht veröffentlichten Material gehört der Briefwechsel mit
Johann Friedrich Benzenberg (1777--1846). Im Nachlass Gauß existieren
ca. 45 Briefe von Benzenberg an Gauß, nur wenige kurze Notizen von
Gauß an Benzenberg. Benzenberg ist im Schöller, im Bergischen Land
bei Wuppertal geboren. Sein Vater ist Pastor in der dortigen
Reformierten Gemeinde. Über seine Jugend ist nichts bekannt. Bis 1798
besucht er die Hohe Schule Herborn und die Universität Marburg, um
dort Theologie zu studieren. Nach eigenem Bekunden lernt er während
dieser Zeit nur das freie studentische Leben kennen.
Das ändert sich schlagartig als er 1797 nach Göttingen kommt. Dort
kommt er mit den führenden Naturwissenschaftlern der Zeit Lichtenberg
und Blumenbach zusammen. Ob diese erst sein
naturwissenschaftlich-astronomisches Interesse wecken ist
unbekannt. Sicher ist nur, dass er seine ganzes Leben an
physikalischen Fragen interessiert ist und dazu auch publiziert. Seine
große Liebe aber gilt der Astronomie.
Äußeres Ergebnis der Göttinger Zeit ist die Publikation 1800 seines ersten Werkes, zusammen mit H.W. Brandes, ,,Versuche, die
Entfernung, die Geschwindigkeit und die Bahnen der Sternschnuppen zu
bestimmen''. In dieser Zeit muß er Gauß kennengelernt haben. Der
Briefwechsel beginnt am 27. Januar 1802 mit einem Brief aus Hamm --
Benzenberg hatte Göttingen bereits wieder verlassen, in Duisburg
promoviert und eine Stellung in dem Mädchenerziehungsinstitut von
Caroline Rudolphi angenommen. Seine erster Brief betrifft
astronomische Fragen, vor allem Fragen nach dem neu entdeckten
Planeten Ceres.
Während seines kurzen Aufenthalts 1802 bis 1803 führt er die Versuche
durch, deren man sich heute in Hamburg erinnern sollte. Für Jedermann
war es selbstverständlich zu glauben, dass sich die Erde um ihre
eigenen Achse dreht; es fehlt nur der Beweis. Frühere Versuche von
Robert Hooke und Guglielmini waren erfolglos. Benzenberg kann durch
Fallversuche in der Michaeliskirche als erster exakt nachweisen, dass
die schon lange vermutet Ost-West-Abweichung beim freien Fall
vorhanden ist. Die Ergebnisse werden veröffnetlicht in:
,,Versuche über das Gesetz des Fall. über den Widerstand der Luft und über die Umdrehung der Erde'' 1804. Eine Neuberechnung dieser Ergebnisse
unter Berücksichtigung der Versuche von Ferdinand Reich 1832 erscheint
1845. Es ist Benzenbergs Schicksal, dass L‚on Foucault später einen
einfacheren und augenfälligeren Versuch durchführt. Von Hamburg geht
Benzenberg in seine alte Heimat zurück. Dort mischt er sich in die
Tagespolitik durch Publikationen in Zeitungen. Reise nach Paris
bringen ihn mit führenden französischen Naturwissenschaftlern (z.B.
LaPlace) zusammen -- die er mehrfach Gauß gegenüber als Autoritäten zitiert. Der Briefwechsel wendet sich nach 1810 den Problemen der
barometrischen Höhenmessung zu.
Danach spiegeln sich hauptsächlich sein alten Interessen wider: es
geht um die Errichtung von Sternwarten und das nicht nur für
Universitäten und Akademien, sondern auch für Gymnasien. Einen breiten
Raum nimmt die Finanzierung ein, die er für nicht so schwierig hält.
Benzenberg selbst erfüllt sich seinen Lebenstraum, indem er eine
Privatsternwarte in Bilk (heute Stadtteil von Düsseldorf) errichtet.
Die Sternwarte wird 1845 in Betrieb genommen. Im Nachlass befinden
sich nur wenige kurze Antwortbriefe, die zeigen, dass Gauß stets
herzlich, aber in der Sache streng die manchmal etwas fordernden
Briefe beantwortet. Es schimmert stets durch, dass er Benzenberg nicht
zu den führenden Naturforschern der Zeit zählt.
Der Briefwechsel gibt nur wenig Auskunft über private Vorkommnisse, da
eine Vertrautheit nie aufkommt. Es fehlt z.B. jeder Hinweis auf den
zeitlich nahen Tode beider Ehefrauen (Charlotte Benzenberg stirbt
20jährig am 9.1.1809, Johanna Gauß stirbt 29jährig am 11.10.1809),
sowie der Unfall und Schlaganfall Benzenbergs 1824, der ihn lebenslang
am Schreiben hinderte. Die Briefe werden einem Sekretär diktiert,
Benzenberg unterschreibt in einer sehr eckigen Schrift. Von dem, was
man an Benzenberg als ,,ersten rheinischen Liberalen'' bezeichnet hat,
fehlt jede Spur. Politik spielt im Briefwechsel mit Gauß keine Rolle,
wohl aber im Leben Benzenbergs. Es gibt von Benzenbergs vielen
selbstständigen Schriften kein verlässliches Verzeichnis. Noch viel
weniger weiss man über seine Publikationstätigkeit in Zeitungen und
Zeitschriften, bis auf seine Tätigkeit im {sc Westphälischen
Anzeiger. Zur Bearbeitung wurden die Briefe eingescannt. Sie
liegen z.Zt. in Dateien im txt-Format vor. An Korrekturen und an
dem Apparat wird noch gearbeitet.
Cornelia Lüdecke hat seit 1.10.2003 ihr Forschungsprojekt
begonnen mit dem Thema ,,Wissenschaftsgeschichtliche Aufarbeitung
ausgewählter deutscher Polarexpeditionen im Zeitraum 1900 bis 1945
hinsichtlich Geschichte der Polarforschung und
Polararchäologie/Denkmalschutz''. Förderer ist die
Fritz-Thyssen-Stiftung, Köln; die Laufzeit des Projekts ist bis zum
30.9.2005.
Kurzbeschreibung: Nachdem Ende 2000 durch die Gründung des
International Polar Heritage Committee (IPHC) ein besonderes Augenmerk
auf die Überreste von Expeditionen in Polarregionen gerichtet wurde,
soll nun dieser Aspekt auch in Deutschland erstmals bearbeitet werden,
dessen nationale Vertreterin im IPHC Cornelia Lüdecke ist. Ziel des
vorgeschlagenen Projektes ist, durch umfangreiche Archivarbeiten
herauszufinden, wo ausgewählte deutsche Expeditionen und
Hilfsexpeditionen im Zeitraum 1900 bis 1945 ihre Stationen,
Observatorien, Stützpunkte und Depots eingerichtet hatten und wie sie
ausgestattet waren. Dazu gehört neben der gezielten Auswertung des
gedruckten Materials vor allem auch die Suche nach weiteren
Informationsquellen wie Tagebücher, Fotos, Filme usw. in Archiven und
Nachlässen im Familienbesitz. Diese Archivstudien sollen für die
jeweiligen Feldstudien einerseits die benötigten Angaben liefern, wo
was zu finden ist, und andererseits die Identifizierung des Gefundenen
ermöglichen. Anschließend sollen neben projektrelevanten Ergebnissen
auch wichtige Informationen für konservatorische Maßnahmen
hinsichtlich eines künftigen Denkmalschutz in den Polargebieten
erzielt werden.
Das erste Teilprojekt betrifft die Dokumentation von Überresten
deutscher Marinewetterstationen aus dem Zweiten Weltkrieg in
Spitzbergen, die in Kooperation mit schwedischen Kollegen von der
Universität in Ume{aa und der Königlich-Schwedischen Akademie der
Wissenschaften in Stockholm geplant ist. Im zweiten Teilprojekt sollen
die bisherigen Fundorte von Expeditionsrelikten der Ende 1912 in
Nordostspitzbergen verunglückten Schröder-Stranz-Expedition und das
der während einer Hilfsexpedition gesunkene Schiff ,,Loevenskj{old''
in Zusammenarbeit mit der Tauchgruppe von Prof. Fricke vom
Max-Planck-Institut in Seewiesen dokumentiert werden. Das dritte
französisch-deutsch-englische Gemeinschaftsprojekt beinhaltet
archäologische Feldarbeiten auf den französischen Kerguelen
(Südindischer Ozean) auf dem Gelände der ehemaligen englischen Station
zur Beobachtung des Venustransits vor der Sonne aus dem Südsommer
1874/75 und der am selben Ort 1901--03 betriebenen deutschen
meteorologischen und magnetischen Station in der Beobachtungsbucht.
Cornelia Lüdecke besuchte im Rahmen ihrer Forschungen das Bundesarchiv
in Berlin vom 8. bis 9.9.2003. Sie nahm an der Tagung der
,,Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte'' in Heidelberg,
29.--31.5.2003, teil, die unter folgendem Thema stand ,,Blendung,
Täuscher, Scharlatane: Betrug in den Wissenschaften''. Ferner war sie
auf der Vorstandssitzung der ,,Deutschen Gesellschaft für
Polarforschung'' in Kiel, Geomar, am 16.3.2003 und leitete die
Mitgliederversammlung des Arbeitskreises ,,Geschichte der
Polarforschung'' am 17.3.2003. Sie war auch auf der Vorstandssitzung
der ,,Deutschen Gesellschaft für Meteorologie'' am
GeoForschungsZentrum in Potsdam vom 21. bis 22.9.2003 und leitete die
Mitgliederversammlung des Fachausschusses ,,Geschichte der
Meteorologie'' am 25.9.2003. Zusammen mit Hans Volkert,
Oberpfaffenhofen, organisierte und leitete sie die 4. Tagung des
Fachausschusses ,,Geschichte der Meteorologie'' am Telegraphenberg in
Potsdam vom 25. bis 26.9.2003; das Thema war ,,Die Entwicklung der
Meteorologie im 19. Jahrhundert''.
Schließlich übernahm Cornelia Lüdecke die polar- und
meteorologiehistorische Beratung bei Lore Prasch (München) für die
Filmproduktion des BR, und zwar für den Film über Josef Enzensperger,
gesendet am 5.1.2004 unter dem Titel ,,Von Deutschlands höchstem
Gipfel ans Ende der Welt. Der Meteorologe Josef Enzensperger''.
Weitere wissenschaftliche Beratungen lieferte sie für das
Sterntagebuch (Leipzig) für eine Filmproduktion über den Krieg im
Nordmeer und für die JC Filmproduktion (Wiesbaden) für die ARD für
einen Film über Expeditionen im Dritten Reich.
Gabriele Perner bearbeitete seit Mitte 2003 bis Februar 2004 ein
Projekt ,,Frauen in der Naturwissenschaft'' (Aufbereitung fürs
Internet), gefördert vom Frauenförderfond der Universität Hamburg;
Antragstellerin ist Gudrun Wolfschmidt. Die Arbeit wird fortgesetzt
und vollendet im SS 2004 von Joachim Feltkamp.
Elena Roussanova arbeitet weiter an der Fragestellung der
deutsch-russischen Beziehungen in der Chemie. Während ihres
Aufenthaltes in St. Petersburg im Februar 2003 setzte sie ihre
Recherchen im Archiv der Akademie der Wissenschaften (St. Petersburger
Filiale), im Russischen Staatsarchiv, im staatlichen Zentralarchiv der
Stadt St. Petersburg und in der Handschriftenabteilung der Russischen
Nationalbibliothek fort. Sie reiste nach Moskau und sichtete in der
Moskauer Filiale des Archivs der Akademie der Wissenschaften eine
Reihe von Dokumenten. In Moskau recherchierte sie auch in der
Russischen Staatsbibliothek. Weitere Recherchen in Deutschland führte
sie vorwiegend in der Handschriftenabteilung der Staats- und
Universitätsbibliothek Göttingen durch.
Elena Roussanova nahm vom 20. bis 22. März 2003 an der Tagung der
Fachgruppe ,,Geschichte der Chemie'' der Gesellschaft Deutscher
Chemiker in Cottbus teil. Vom 12. bis 13. September 2003 war sie bei
dem internationalen Symposium ,,Lavoisier in Perspective'' im
Deutschen Museum in München. Anfang des Jahres 2003 begann für
Roussanova interessante Mitarbeit an dem Ausstellungsprojekt in
Göttingen, anläßlich des Jubiläums von St. Petersburg. Sie nahm an den
Sitzungen des Beratergremiums der Ausstellung in Göttingen teil. In
der Ausstellung ,,Russland und die ,Göttingische Seele': 300 Jahre
St. Petersburg'', die in der Paulinerkirche Göttingen präsentiert
wurde, übernahm Elena Roussanova zwei Beiträge über die zwei ersten
Frauen-Promotionen in den Naturwissenschaften: von der Chemikerin
Julia Lermontowa und Mathematikerin Sofja Kowalewskaja, und über den
Chemiker Friedrich Konrad Beilstein, der auch im Mittelpunkt ihrer
Doktorarbeit steht. Sie initiierte die Aufnahme des Themas ,,Friedrich
Wöhler'' in die Ausstellung, das vom Göttinger Chemiehistoriker Dr.
Günther Beer bearbeitet wurde. Im Rahmen dieser Ausstellung wurde am
29. Oktober 2003 in Göttingen an dem historischen Gebäude von
Friedrich Wöhlers chemischem Laboratorium (Hospitalstraße 10) eine
Gedenktafel für die russische Chemikerin Julia Lermontowa enthüllt.
Bei dieser Gedenktafelenthüllung, die in Göttingen eine gute und lange
Tradition hat, wurde Lermontowa -- die erste Frau, die den Doktortitel
in der Chemie erwarb -- durch eine von Elena Roussanova gehaltene
Laudatio gewürdigt. Diese Ehrung ist ohne Zweifel ein wichtiges
Ereignis für die Chemiegeschichte. Im Jahre 2003 wurde Elena
Roussanova Mitglied der Gesellschaft der Deutscher Chemiker.
Dirk Siebers nahm am Internationalen Frontinus-Symposium teil
mit dem Thema ,,Wasserversorgung aus Qanaten -- Qanate als Vorbilder
im Tunnelbau'', 02.--05.10.2003 in Walferdange, Luxemburg,
ausgerichtet von der Frontinus-Gesellschaft e.V., 53058 Bonn.
Unser neuer Doktorand Wolfgang Steinicke ist aktiv im VdS-Vorstand
(Schriftführer, Pressereferent, VdS-Journal-Redaktion), ist Leiter
der VdS-Fachgruppen ,,Geschichte der Astronomie'' und ,,Visuelle Deep-Sky
Beobachtung'' und stellvertretender Vorsitzender der Sternfreunde
Breisgau; ferner ist er Mitglied des Arbeitskreises
Astronomiegeschichte in der AG, der Webb Society Cambridge (Committee
member, Director Nebulae & Clusters Section), der Royal Astronomical
Society (FRAS) und im NGC/IC-Project (core team member).
Torsten Rüting: {it Jakob von Uexkülls Umweltforschung --
Interdisziplinäre, beziehungs- und bedeutungsorientierte
Lebenswissenschaft an der Universität Hamburg --
Projekt: Zusammenführung und Erschließung des Nachlasses des Instituts
für Umweltforschung und des Teilnachlasses von Jakob von Uexküll --
Aufbau des Jakob von Uexküll-Archivs für Umweltforschung und
Biosemiotik in Kooperation mit dem Tartuer Jakob von Uexküll-Centre:
Die Nachlässe umfassen ca. 850 Monographien und Zeitschriftenbände,
4600 Separata, Urkunden, Fotografien, Zeichnungen und andere
Dokumente, überwiegend zur Geschichte der Biologie, Medizin,
Psychologie, Anthropologie und Philosophie zwischen 1860 und 1960. Die
Überführung der Materialien aus der Bibliothek des Zoologischen
Instituts ist abgeschlossen. Aus den zusammengeführten Nachlässen, für
die es ein steigendes internationales Interesse gibt, (siehe Bericht
zum Internationalen Symposium) ist das Jakob von Uexküll Archiv für
Umweltforschung und Biosemiotik entstanden. Im Oktober wurden
Materialien aus der Stazione Zoologica in Neapel, an der Uexküll und
seine Mitarbeiter tätig waren kopiert und im Einvernehmen mit der
Leiterin des Archivs, Dr. Christiane Groeben, als externe Materialien
des Archivs der Stazione im Uexküll Archiv zugänglich gemacht.
Zusätzlich konnten weitere Materialien zur Geschichte Uexkülls, des
Instituts für Umweltforschung, der Umweltlehre und der Biosemiotik
gesammelt werden. Seit der Eröffnung wurde das Archiv bereits von neun
Forschern besucht und erhielt zahlreiche Nachfragen. Ein ehemaliger
Mitarbeiter des Instituts für Umweltforschung steuerte Fotografien und
Erinnerungen bei.
Forschungsvorhaben: {it Jakob von Uexkülls Umweltforschung im Diskurs
um einen Paradigmenwechsel in den Lebenswissenschaften -- Lokale,
nationale und internationale Kontexte und Entwicklungen
Folgende Forschungsfelder sollen bearbeitet werden:
Bernd Wolfram bearbeitet aus dem Nachlaß von C. F. Gauß die
Korrespondenzen von John W. F. Herschel, G. B. Airy, E. Sabine,
W. Sartorius von Waltershausen, J. B. Listing, H. C. Oersted und
W. Weber. Die Hauptthemen dieser Briefwechsel sind die Probleme des
Erdmagnetismus und die zeitweise weltweiten Aktivitäten des Göttinger
Magnetischen Vereins. Die insgesamt 41 Briefe der englischen
Korrespondenten Herschel, Airy und Sabine sind bereits transkribiert
und kommentiert, vgl. in: Mitteilungen der Gauss-Gesellschaft Nr. 39
(2002). Sie behandeln die entscheidenden Beiträge der englischen
Wissenschaftler an der weltweiten meßtechnischen Erfassung des
erdmagnetischen Feldes. Sartorius und Listing liefern von einer
gemeinsamen Italienreise ebenfalls erdmagnetischen Messungen.
Hauptzweck ihrer Reise ist allerdings die erstmalig geologische
Erforschung des Vulkans Ätna. Die 13 Briefe von Sartorius und die 5
Briefe von Listing sind ebenso wie die jeweils 2 Gegenbriefe von Gauß
transkribiert. Ihre Kommentierung wird in Kürze beendet werden. Von
Oersted sind alle 13 Briefe und die 3 Gegenbriefe von Gauß
transkribiert.
Von Weber sind 44 Briefe und 36 Gegenbriefe von Gauß durch die
freundlichen Mithilfe von Prof. Dr. M. Folkerts, München,
transkribiert. Sie zeugen von der intensiven und freundschaftlichen
Zusammenarbeit zwischen den beiden Forschern. Dieser Briefwechsel wird
in Kürze sowohl historisch als auch fachlich kommentiert werden. Der
Briefwechsel zwischen Weber und Gauß liefert interessante Einblicke in
das Verhältnis zwischen den beiden Wissenschaftlern während der
Ereignisse um die Göttinger Sieben, welche zum Ende der unmittelbaren
Zusammenarbeit zwischen Gauß und Weber führte.
Zum Auftakt und zum Abschluss des Symposiums zeigte die Regisseurin
Maximiliane Mainka im Abaton-Kino ihren Film ,,Unbemerkte Wirklichkeit''
(1992), der das Leben und Werk Uexkülls in eindringlicher Weise auch
einem breiteren Publikum nahebrachte. Die Regisseurin war angereist,
um an dem Symposium teilzunehmen und stellte sich nach den
Filmvorführungen den Fragen des Publikums, wobei es zu angeregen
Diskussionen kam. ca. 170 Gäste und Teilnehmer des Symposiums
wurden im Hörsaal 1 des Geomatikums von Torsten Rüting empfangen und
begrüßt. Dieser übergab das Wort an Universitätspräsident Dr. Jürgen
Lüthje, der seine Grußworte zunächst an die Familie Uexküll richtete.
Er dankte der Familie für die Überlassung der wissenschaftlichen
Bibliothek Jakob von Uexkülls. Dem Enkel, Jakob von Uexküll jr.,
dankte er für dessen spontane Bereitschaft, einen Vortrag über die
Bedeutung der Ideen seines Großvaters für die Right Livelihood zu
halten.
Der Präsident begrüßte dann die anderen Anwesenden und die Teilnehmer
aus den Universitäten Tartu, Taipeh, Prag, Kopenhagen, Paris, Berlin
und Marburg, die kurzfristig gekommen waren, um die Bedeutung Uexkülls
für ihre Wissenschaft darzustellen. Das Archiv sei ein lebendiges
Zeichen für die Partnerschaft der Universitäten; besonders die
Kooperation zwischen Hamburg und Tartu. Wegweisend für die
Weiterentwicklung des Erbes Uexkülls sei die Initiative des Biologen
und Semiotikers Prof. Kalevi Kull von der Universität Tartu gewesen,
der 1993 das Jakob von Uexküll-Centre in Tartu gründete. Lüthje
würdigte die Bedeutung, die Jakob von Uexküll und sein Institut für
Umweltforschung für die junge Universität Hamburg hatten. Die heutige
internationale Bedeutung Uexkülls sehe er durch die Besucher des
Symposiums dokumentiert, und auch dadurch bestätigt, dass Prof.
Umberto Maturana, den er kürzlich zu einem Vortrag eingeladen hatte,
erklärte, Uexküll sei für ihn eine der wichtigsten Inspirationen
gewesen. Maturana, einer der Begründer des Konstuktivismus hätte
bedauert, dass er nicht an dem Symposium teilnehmen könne.
Das Archiv sei auch ein gutes Zeichen für die Kooperation der
Fachbereiche. Lüthje dankte den Verantwortlichen vom Zoologischen
Institut und Museum (ZIM), vor allem Prof. Olav Giere, die die
Zusammen- und Überführung der Archivmaterialien unterstützt haben,
sowie den Bibliothekarinnen des ZIM, insbesondere Frau Krüger, welche
die Ermittlung und Deinventarisierung der in der
ZIM-Institutsbibliothek eingeordneten Bücher zügig zu Ende geführt
haben. Lüthjes Dank galt ferner dem Fachbereich Mathematik, besonders
Prof. Karin Reich vom SPGN und dem Dekan Prof. Dr. Alexander
Kreuzer, die sofort bereit waren, das Archiv in ihre Räume aufzunehmen
und die Einrichtung zu unterstützen.
Vizepäsident Prof. Holger Fischer, der deutlich machte, dass schon
die gleichzeitige Anwesenheit von Präsident und Vizepräsident die
Bedeutung der Veranstaltung unterstreiche, begrüßte dann die
Anwesenden und Gäste wobei er für die fünf Wissenschaftler von der
Karls Universität und die Gäste von der Universität Tartu längere
Reden in den Landessprachen vorbereitet hatte, was von den Angeredeten
begeistert aufgenommen wurde. Der Hausherr Prof. Alexander Kreuzer,
Dekan des Fachbereichs Mathematik, würdigte in seinen Grußworten die
Kooperation der Fachbereiche, die Initiative des SPGN und mein
Engagement.
Der Vizepräsident der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften,
Prof. Jörn Henning Wolf, Direktor des Kieler Instituts für
Medizingeschichte, betonte in seiner Begrüßungsrede, dass Jakob von
Uexkülls Werk von außerordentlicher Bedeutung sowohl für die
Jungius-Gesellschaft als auch für die Wissenschaftsgeschichte sei. Die
Etablierung des Uexküll-Archivs in Hamburg sei auch für die in naher
Zukunft aus der Jungius Gesellschft entstehende Norddeutsche Akademie
von Interesse. Wolf, verlas dann ein Grußwort des Präsidenten der
Gesellschaft, Prof. Kurt Pawlik, in dem dieser Uexküll als einen der
Begründer ,,einer auf Synergien und Wechselwirkungen gerichteten
modernen Umweltforschung'' bezeichnete, dessen Arbeiten auch für sein
eigenes Fachgebiet innovativ gewesen seien. So sei u.a. die
Einrichtung des DFG Schwerpunktprogramms ,,Psychologische Ökologie''
mit Uexkülls ,,wegweisenden'' Arbeiten begründet worden. Pawlik
äußerte, dass die Jungius-Gesellschaft nach ihren Möglichkeiten darauf
hinwirken wolle, ,,dass dieser Schatz der Theoretischen Biologie und
Biosemiotik auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anderer
Fächer eine wichtige Forschungsquelle werden kann.''
Da der 95jährige Prof. Thure von Uexküll aus gesundheitlichen Gründen
die Reise nach Hamburg nicht antreten konnte, verlas ich, Jakob von
Uexküll's Umwelt-Theorie miterlebt. In diesem eigens für das Symposium
geschriebenen Vortrag beschreibt Thure von Uexküll, wie sein Vater ihn
als Kind lehrte, anhand der Umweltlehre die Geheimnisse der Natur zu
erfassen. In einfacher Weise legte er dann die Beziehung von
Umweltlehre und Semiotik dar. Semiotik, Konstruktivismus und
Systemtheorie seien von Uexkülls Erkenntnistheorie angedacht und
inspiriert worden. Die heutige Medizin müsse diese
erkenntnistheoretischen Einsichten berücksichtigen, um den Kranken in
seiner ,,Wirklichkeit'' wahrnehmen und mit ihm kommunizieren zu
können, heutige Rationalisierungsmaßnahmen würde diese Humanisierung
der Medizin aber gefährden.
Die Festvorträge begannen mit Jakob von Uexküll jr., der den
World-Future Council und damit auch die Vergabe des von ihm
gestifteten Right-Livelihood Award, den sog. ,,Alternativen
Nobelpreis'', in Hamburg institutionalisieren möchte. Er hatte sich
spontan entschieden, aus London anzureisen und einen Vortrag über
Jakob von Uexküll and Right Livelihood - The Current Actuality of his
Weltanschauung zu halten. Darin erinnerte er an die durch die
Globalisierung verschärfte katastrophale Entwicklung der ökologischen
und politischen Verhältnisse auf der Erde. Die ökologischen Schulden,
mit der wir alle zukünftigen Generationen belasten, machte er für die
Tagungsteilnehmer besonders deutlich, indem er erzählte, dass Thomas
A. Sebeok, einer der Gründer der Biosemiotik, der von US Behörden
beauftragt war, ein Zeichen zu entwerfen, das Atommülldeponien für
zigtausende von Jahren als gefährlich für Menschen kennzeichnen
sollte, resigniert hätte. Da es kein Zeichen gäbe, das in
verschiedenen menschlichen Kulturen und Epochen eindeutig übermittelt
worden sei, hätte Sebeok vorgeschlagen, eine moderne Priesterschaft zu
gründen, die eine ,,folklore'' der Atommüll-Warnzeichen überliefern
müsse. (s.a.: Eco, Umberto: Die Suche nach der vollkommenen Sprache.
München 1994). Der Enkel Uexkülls bekannte, dass ein Verständnis für
die Weltanschauung seines Großvaters ihm nicht leicht gefallen sei. Er
habe aber deren Bedeutung für den Kampf um eine ökologisch und
politisch sinnvoller gestaltete Welt entdeckt und betonte, dass schon
sein Großvater sich mit den Folgen einer durch den Darwinismus
legitimierten Ausbeutung von Natur und Menschen auseinandergesetzt
hätte; Uexkülls Ideen seien als Gegenentwurf zu einer in der modernen
Lebenswissenschaften herrschenden Haltung der Verantwortungslosigkeit
gegenüber der Eigenwertigkeit von Natur und Mensch entstanden, so auch
zu verstehen und für die Wahrnehmung und Veränderung unserer
Wirklichkeit zu nutzen.
Torsten Rüting vom SPGN machte seinen Vorredner und das Publikum
darauf aufmerksam, dass Darwins {sc The Descent of Man, mit den
polemischen Randbemerkungen Uexkülls in einer Ausstellung des Archivs
nach dem Vortrag zu besichtigen sei und dass Uexkülls
Darwinismuskritik mit der moderner Wissenschaftshistoriker
vergleichbar sei. Er gab dann in seinem Vortrag eine kurze Einführung
in die Ideen Jakob von Uexkülls und die Geschichte des Instituts für
Umwelforschung an der Universität Hamburg. Mit der Gründung des
Instituts am Aquarium im alten zoologischen Garten der Hansestadt
hatte Uexküll seine erste eigene Forschungsstätte leiten und seine
Ideen in größerem Maßstab vermitteln und umsetzen können. Durch seine
Persönlichkeit und seine interdiszipläre Denk- und Arbeitsweise gelang
es ihm, trotz widriger finanzieller Verhältnisse, kreative
Wissenschaftler zu begeistern und die junge Hamburger Universität zu
bereichern. Seine Kontakte, u.a. mit Ernst Cassirer, Heinz Werner und
Adolf Meyer-Abich wirkten nachaltig auf die Geschichte der Natur- und
der Geisteswissenschaften sowie für die geistige Kultur sowohl in
Hamburg als auch international.
Prof. Kalevi Kull von der Universität Tartu, der dort sowohl am
biologischen als auch im semiotischen Fachbereich unterrichtet und in
zahlreichen Veröffentlichungen
(http://www.zbi.ee/~kalevi)
die Bedeutung Uexkülls für die Entwicklung der Biosemiotik dargestellt
hat, stellte dem Publikum dar, wie bei der Beschäftigung mit Uexkülls
Schriften das Verständnis des Lebens als Zeichenprozeß deutlich wird.
In Tartu sei durch die semiotische Schule Yuri Lotmanns (1922-1993)
ein intellektuelles Klima entstanden, das internationale
interdisziplinäre Ideen förderte und zusammenbrachte. Gleichzeitig
habe die theoretische Biologe eine starke Tradition gehabt und Uexküll
genauso wie Karl Ernst von Baer als theoretische Biologen Estlands
besonders bedacht. Durch den 2001 verstorbenen Thomas A. Sebeok, von
der Bloomington University, der Tartu 1970 besuchte, sei Uexkülls Werk
in Semiotikerkreisen international als ,,Cryptosemiotics'' bekannt
geworden, wodurch vielen die originäre Einheit von biologischer und
semiologischer Erkenntnistheorie bewußt wurde. Der Molekularbiologe
Prof. Jesper Hoffmeyer von der Universität Kopenhagen illustrierte
seinen Beitrag From Umwelt to Semiosphere anhand des Beispiels eines
sog. siamesischen Zwillings eines Salamanders, dessen Köpfe
sinnloserweise um Futter konkurrieren, das in demselben Magen landet.
Beide Köpfe mit ihren Sinnesorganen würden Uexküll gemäß ihre
Sinneswelt hinausverlegen. Bildungen zur Wahrnehmung eines gemeinsamen
,,holistischen'' Merkzeichens das die Koordination der Köpfe leitet
seien in der Evolution nicht erfolgt. Die Köpfe konstruieren
verschiedene Umwelten und das Futter wird lediglich als Teil der
Semiosphere (Gesamtheit aller Zeichen der Umgebung) nicht als Teil
einer gemeinsamen Umwelt interpretiert.
Es ist nötig sich zu vergegenwärtigen, dass es damals längst nicht in allen Fächern Staatsexamen gab. Was überwog, waren reine
Universitätsprüfungen. Für die spätere berufliche Laufbahn als ,,Akademiker'' war das mehr oder weniger gut bestandene
Universitätsexamen der Einstieg. Während meiner Studienzeit gab es
erst wemige Diplom-Abschlüsse. Die Flut der ,,Diplomierten'' und der
,,Magister'' setzte erst etwa ein Jahrzehnt nach Beginn meines
Studiums ein. Es sei vermerkt - Herr Mauel wird es bestätigen -,
dass es bis in die dreißiger Jahre nur den Diplom-Ingenieur gab, der
schon vor dem Ersten Weltkrieg eingeführt wurde, um den ungeschützten
Titel Ingenieur zu einer geschützten Standesbezeichnung zu machen.
Aber bleiben wir beim Studium. Nachdem ich die wichtigsten
Grundvorlesungen in mein Studienbuch eingetragen hatte, sah ich mich
nach weiteren interessanten Studienangeboten um. Und da entdeckte ich
im Physikalischen Staatsinstitut den Anschlag eines Professor
Schimank, der eine zweisemestrige Vorlesung: ,,Geschichte der
Elektrizitätslehre'' und eine Vorbesprechung für seine Übungen und Seminare anbot.
Ich muss hier bemerken, dass Prof. Schimank mir ein Begriff war, denn
als 16jähriger Schüler hörte ich im Allgemeinen Vorlesungswesen der
damaligen Technischen Staatslehranstalten, der späteren Ingenieur-,
dann Fachhochschule, einen mich faszinierenden Vortrag über ,,Leonardo
da Vinci als Techniker''. Klar, dass ich zu seiner Vorbesprechung
ging. Es waren vielleicht ein Dutzend Studenten gekommen. Außer mir
waren nur drei bereit, bei Schimank zu hören und seine Übungen in
seiner Privatwohnung zu besuchen. Ich sehe es noch vor mir, als sei es
gestern gewesen, wie wir vier Hörer dann am schäbigen Tisch im
halbdunklen Keller des Physikalische Instituts saßen und aufmerksam
das vorgetragene profunde Wissen Professor Schimanks in uns einsogen.
Licht gab während des häufigen Stromausfalls ein Kerzenstummel. Weil
es kalt war, saßen wir da in unseren dunkelblau gefärbten
Militärmänteln. Der Herr Professor hatte einen dicken Wollschal um
Hals und Schultern geschlungen. In den Hörsälen sah es nicht besser
aus. Studium in den ersten Nachkriegssemestern!
Da die Übungen zur Wissenschaftsgeschichte bei Professor Schimank zu
Hause in seiner bewundernswert reichen Bibliothek stattfanden, war es
dort ein wenig erträglicher. Aber der mit in Papier gewickelten
Briketts gefütterte Kanonenofen gab nur wenig Wärme. Aber über diese wissenschaftsgeschichtlichen Kolloquien habe ich früher anläßlich einer Gedenkveranstaltung für meinen verehrten Lehrer schon berichtet.
Es mangelte an allem. Wir froren und hungerten gemeinsam mit unseren
Professoren. Es gab kaum Lehrbücher oder Schreibpapier. Als
Kollegmappe diente mein Militärrucksack oder ich schnallte die wenigen
Bücher und Hefte mit einem Gürtel zusammen. Und wir hatten nur wenig
Geld, für das man sich bis zur Währungsreform im Juni 1948 ohnehin
nicht viel kaufen konnte. Noch schlimmer wurde es für uns Studenten
nach der Währungsreform. Wir mussten uns einen Gelegenheitsjob suchen,
Studentenwerk, Frau Steffens, oft nur stundenweise. Zumindest das
karge Leben für uns blieb, auch wenn es jetzt wie ein Zauber alles
wieder gab.
Es ist für mich heute noch ein Phänomen, dass diese Zeit, so armselig
sie äußerlich für uns war, für mich die reichste Zeit meines Lebens
war: Überreich an geistiger Kost, die ich solange entbehrt hatte, und
reich auch an Freundschaften, an Hilfsbereitschaft aller Art, an guten
Gesprächen und selbst an unbeschwerter Heiterkeit. Eine Selleriebowle,
angesetzt in der Badewanne mit einigen geretteten Flaschen Weißwein,
war Höhepunkt eines der ausgelassenen Semesterfeste in der
Schimankschen Wohnung, wo Studenten und Professoren mit ihren
Freundinnen und Frauen die ganze Nacht hindurch feierten. Und diese
erste Nachkriegszeit war auch außerhalb des Studiums für uns eine
überaus reiche Zeit. Nie wieder haben mir die Konzerte, etwa des
genialen Hans Schmidt-Isserstedt - für Studenten gab es extra
Abonnements - so viel gegeben wie damals, denn wir waren ausgehungert
nach Kultur jeder Art. Ich vergesse nie die großartigen Aufführungen
in Ida Ehres Kammerspielen, zumal sich aus Berlin vertriebenen
Schaupieler und Regisseure großenteils in Hamburg niederließen. So
denke ich heute beispielsweise fast mit Wehmut an eine Aufführung der
Brechtschen ,,Dreigroschenoper'' in einer provisorisch mit Bänken
vollgestellten kalten Sparkassenhalle in Altona, wo Inhalt des
Schauspiels, agierende Schauspieler und Publikum absolut adäquat
waren. Als ich Jahre später im neu hergerichteten Schauspielhaus, im
feudalen Polstergestühl sitzend, der Erstauffführung der Brechtschen
,,Heiligen Johanna der Schlachthöfe'' beiwohnte, inmitten gepflegt
gekleidetem Premierenpublikum, das Stück dargeboten von nun rundlich
gewordenen Schauspielern, wurde mir der ganze Gegensatz von Wohlstand
und Armut, wenn auch hier nur auf der Bühne dargestellt, bewußt. Ein
Gegensatz, der ja auch heute noch die Wirklichkeit unseres Lebens
bestimmt.
Aber lassen Sie mich weiter berichten. Es war verständlich, dass wir
Hörer in den bei Professor Schimank für die in jedem Semester zu
haltenden Referate Themen wählten, die unseren Studienschwerpunkten
entsprachen. Mein erstes Referat hielt ich über die Geschichte der
Kartographie. Spätere behandelten die Reisen des arabischen Geographen
Ibn Bad{td{t=ud{t=a (1304-1369), ein Stoff, der mir bewusst
machte, was vielen auch heute noch unbekannt ist: dass Afrika, Südost-
und Ostasien Jahrhunderte vor den Europäern entdeckt und islamisiert
wurden, es dort überall arabisch Handelsniederlassungen und Siedlungen
gab. Fast logisch folgten dann Referate über die frühen
Entdeckungsreisen der Europäer, wobei es mir besonders die erstaunlich
genauen Seekarten des Mittelalters, die Portulan- oder Kompasskarten
antaten, über die ich samt der damit zusammenhängenden nautischen
Technik bis in die achtziger Jahre hinein arbeitete, vortrug und
veröffentlichte. Von da war es nur ein Schritt zu Referaten über die
großen Begründer der exakten Erdwissenschaften: dem bedeutenden
Jungius-Schüler Bernhard Varenius und weiter Alexander von Humboldt.
Aber auch über frühe Ansätze der Alchemie und der Geochemie trug ich in den Schimankschen Kolloquien vor.
Es ergab sich ebenfalls von selbst, dass wir wenigen Schimankschüler
uns oft in fast philosophische Dispute verloren. Und was Zassenhaus
seinerzeit amüsiert zur Kenntnis nahm, wurde nun Wirklichkeit. Etliche
aus dem Schimankkreis begannen Vorlesungen und Seminare in Philosophie
zu belegen, wagten das damals als Klippe für Lehramtskandidaten
bekannte Philosophikum und bestanden es bei einer Durchfallquote von
etwa 50 Prozent mühelos. Es ist überhaupt nicht zu ermessen, welch
tiefes und umfangreiches Wissen uns durch und über unseren verehrten
Lehrer Hans Schimank vermittelt wurde. Und was für ihn gilt, gilt auch
für unsere anderen Hochschullehrer: es waren, bei der meist kleinen
Zahl von Hörern ,,Professoren zum Anfassen''. Hier noch ein Beispiel,
das meine später studierenden Kinder erstaunt zur Kenntnis nahmen. Bei
der letzten Prüfung des Rigorosums bei dem Wirtschaftsgeographen Erich
Otremba wurde ich verpflichtend eingeladen zu dem am Abend vorher
stattfindenden Institutsfest. Die Gattin des Professors wurde mir als
Tischdame zugeteilt. Damit ich keine Minute früher als mein Prüfer
aufbrach, der mich dann am nächsten Morgen in Gegenwart des Dekans der
Fakultät die Gegensätze zwischen den beiden Inselgroßmächten Großbritannien und Japan erklären ließ.
Erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zu den Kosten des Studiums,
ein heute wieder hochaktuelles, heiß diskutiertes Thema. Für uns gab
es weder Bafög noch dessen Vorläufer, das sogenannte Honnefer Modell.
Für den Lebensunterhalt hatten wir selbst zu sorgen. Schwierig, wie
sich denken lässt, besonders nach der Währungsreform im Juni 1948.
Dazu kamen die nicht gerade geringen Studiengebühren, die damals noch
erhoben wurden. Sie lagen pro Semester bei etwa 200,- DM, damals viel
Geld. Verständlich, dass nach der Währungsumstellung viele
Kommilitonen ihr Studium verzweifelt aufgaben. Ich hatte Glück,
während der Semesterferien in meinem erlernten Beruf als Schriftsetzer
zu arbeiten, aber das Geld reichte auch so nicht. Da es Stipendien
damals kaum gab, gab es nur die Möglichkeit, durch sogenannte
,,Fleißprüfungen'' bei zwei Ordinarien einen erheblichen
Gebührenerlass zu erhalten. Diese Prüfungen hatten noch einen weiteren
Vorteil: Man hatte eine Kontrolle über das erworbene Wissen und lernte
gleichzeitig die später oft als Prüfer eingesetzten Professoren
kennen. Nach meinem Doktorexamen übernahm ich gleich durch
Vermittlung eines älteren Kommilitonen und einer vorausgegangenen
praktischen Tätigkeit in einem modernen Zementwerk in Deutschland für
ein gutes Jahr die Stelle eine Betriebschemikers und Betriebsleiters
einer kleineren Zementfabrik in Spanien. Sie war alt und
heruntergewirtschaftet, und bisweilen hatte ich den Eindruck, dass ich
hier die Herstellung von Zement neu erfinden müsse. Der Besitzer
wollte unbedingt einen Deutschen als Betriebsleiter haben. Damals
glaubten die Spanier, dass deutsche Tüchtigkeit mit allen
Schwierigkeiten fertig werde. Die Zeit war für mich eine Lehre in
mehrfacher Hinsicht. Einmal musste ich in völliger fremder Umgebung
und mit nur geringen Sprachkenntnissen eine Fabrik wirtschaftlich
sinnvoll leiten, dann musste ich erlerntes theoretisches Wissen in
eine praktische Tätigkeit umsetzen. Dabei wurde mir bewusst, wie gut
die deutsche Universitätsausbildung war, so hart sie auch sein mochte.
Und drittens begriff ich, wie sehr ich als Deutscher für Deutschland
stand. Hätte ich versagt, hätten die Deutschen versagt, ihr legendär
guter Ruf bei den Spaniern damals hätte zumindest im Umfeld meiner
Tätigkeit Schaden genommen.
Dabei hatte ich keineswegs die Absicht, eine Karriere als Zementmacher
zu begründen, obwohl es an Angeboten nicht fehlte. Nein, ich wollte
nach dem vertraglich abgemachten Jahr nach Deutschland zurück. Ich
hatte die Tätigkeit in Spanien ja eigentlich nur aufgenommen, weil die
Aussichten für junge Akademiker in Deutschland damals schlecht waren,
ich die reizvolle, wenn auch nicht einfache Tätigkeit in Spanien
sofort nach dem Studium beginnen konnte. Ich hoffte, dass ich mich von
Spanien aus dann für eine Tätigkeit bewerben konnte, die meinen
Neigungen schon von den Studienschwerpunkten her - eben den
Erdwissenschaften - angemessen war. Ich dachte an eine Stellung als
,,wissenschaftlicher Kartograph''. In einem auf Landkarten und
Atlanten spezialisierten Verlag, wie es der Georg-Westermann-Verlag in
Braunschweig war. Also bewarb ich mich da. Das Erstauen dort war groß:
Ein Zementmacher in Spanien bewirbt sich hier als gehobenen
Kartograph!
Da ich mit meinen verehrten Hochschullehrern, die offensichtlich
Anteil nahmen an meinem Berufsweg, von Spanien aus korrespondierte,
bat ich sie, weil Westermann es verlangte, um Referenzen. Sie waren
sofort bereit. Auch Hans Schimank, der meinte, ich solle mich
möglichst rasch aus meiner Tätigkeit in Spanien lösen, weil ich sonst als Zementmacher abgestempelt sei, wollte mir helfen, genau wie mein
Doktorvater Wilhelm Brünger, die mir beide Lehraufträge für
Erdwissenschaften in südamerikanischen Universitäten vermitteln
wollten. Nein, ich wollte nach Deutschland zurück - und wie schon als
Schüler erträumt - Kartograph werden. Es war eine Erlösung, als der Westermann Verlag in Braunschweig mir mitteilte, dass man es mit mir
versuchen wolle. So begann ich im Mai 1953 nur wenige Tage nach meiner
Rückkehr aus Spanien, meine Tätigkeit als Volontär in der
kartographischen Abteilung bei Westermann in Braunschweig. Die
Tätigkeit bereitete mir Freude und ich hätte dort sicher eine solide
Berufskarriere aufbauen können.
Aber es sollte anders kommen. Im September erhielt ich einen Brief
vom verehrten Hans Schimank, der mich dringend bat, nach Hamburg
zurückzukehren: Man erwarte und brauche mich hier. Dazu eine kurze
Erklärung: Die westdeutschen Kultusminister hatten 1952 das Studium an
den Ingenieurschulen auf 6 Semester verlängert mit der ausdrücklichen
Bedingung, dass dann in angemessener Weise die Kultur- und
Wirschaftswissenschaften mit einer gebührenden Stundenzahl - in
Hamburg acht Doppelstunden für jeden Studiengang über vier Semester -
als Pflichtfächer erteilt werden müssen. Da Hans Schimank außer als angesehener Honorarprofessor auch Lehrer an der Hamburger
Ingenieurschule war, zudem befreundet mit dem damaligen Kultur- und
Schulsenator Heinrich Landahl, lag es nahe, dass er bei der
Ausarbeitung der Lehrinhalte für diese neue Allgemeinbildung für
Ingenieure beteiligt wurde. Und er muss wohl zu Beginn an seine
ehemaligen Schüler gedacht haben, denn es war klar, es mussten
Dozenten gesucht werden, die zumindest die Kulturwissenschaften in
seinem Sinne unterrichten konnten. Er hatte mich dem Direktor der
Ingenieurschule und dem zuständigen Oberschulrat bereits namentlich
genannt und mir in seinem Schreiben versichert, dass ich offenen Türen
und Ohren finden werde. Man erwarte mich baldmöglichst in Hamburg.
Es war eine schwere Entscheidung für mich, vielleicht die schwerste
meines bisherigen Lebens. Ich entschied mich für die Aufgabe in
Hamburg, zumal ich die roten Fäden meiner Schulzeit und meines
Studiums: Erdwissenschaften und Geschichte, nun beide lehren konnte:
als Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik im dritten, als
Wirtschaftsgeographie für Ingenieure im vierten Studiensemester: Und
auch das Studium der Physik, der Chemie und der Philosophie waren nun
nicht umsonst, denn im ersten Studiensemester sollte ich Kultur und
Technik, im zweiten dann allgemeine Kulturkunde unterrichten. Beide
Fächerbezeichnungen schienen mir recht verschwommen, aber es wurde mir
versichert, dass ich weitgehende Freiheit in der Gestaltung dieser
hätte. Was mich zusätzlich beruhigte, mir sogar zusagte, war die
Tatsache, dass ich es mit Praktikern, sowohl bei den Dozentenkollegen
als auch bei den Studierenden, wie sie damals genannt wurden, zu tun
hatte.
Begreiflich auch, dass die Studenten, die, oft nicht viel jünger als
ich damals, mich nach Sinn und Zweck dieser verordneten
Allgemeinbildung fragten und ich sie erst überzeugen musste, dass sie
auch für angehende Ingenieure sinnvoll ist. Ich knüpfte an bei der
widersprüchlichen Fachbezeichnung ,,Kultur und Technik''. Mir
widersprüchlich, und so erklärte ich es den Studenten, weil die
Technik, wie ich überzeugt war, ein wesentlicher, in unserer Zeit
sogar der beherrschende Teil unserer Kultur ist. Ich stehe da sicher
nicht allein, auch wenn vor allem Geisteswissenschaftler, auch heute
noch, die Technik nicht in die Kultur integriert sehen möchten.
Mein Ansatz bei den Diskussionen mit meinen Studenten war Ortega y
Gassets geistvoller Essay: ,,Meditationen über die Technik'', in dem
Ortega die Ansicht vertrat, dass das geistige Denken, die Philosophie,
der eigentliche Höhepunkt menschlichen Daseins wäre, der Techniker nur
die Mittel zu schaffen hätte, um in einer anspruchsvollen, mit
Geräten, Möbeln und Büchern ausgestatteten Umgebung Kontemplationen
über Gott und die Welt anzustellen. Noch extremer, so schilderte ich
es, waren die Ansichten von Ernst Jünger und einigen antiken
Philosophen, die Handarbeit für unwürdig für den wahren, edlen
Menschen hielten. Ich bin nicht sicher, ob wir heute über dieses
Denken weit hinaus gekommen sind. In einer großen Wochenzeitung lass
ich jüngst die Anekdote, P.C. Snow, ein bekannter englischer
Naturwissenschaftler und Schriftsteller in seinem Essay über ,,Die
zwei Kulturen'' berichtete. Bei Unterhaltungen im größeren Kreis
gebildeter Menschen habe ich häufig literarisch hochgebildete Leute
getroffen, die sich beim Geplauder mit Genuss über die angebliche
Unbildung von Natur- und Technikwissenschaftlern mokierten. Er, Snow,
habe sich nicht provozieren lassen und die Anwesenden gefragt, wie
viele von ihnen ihm das 2. Gesetz der Thermodynamik angeben könnten.
Die Reaktion war kühl bis negativ. Und doch, so meinte Snow, bedeute
seine Frage aus den Naturwissenschaften etwas dasselbe wie: ,,Haben
Sie etwas von Shakespeare gelesen?'' Es ließen sich noch viele
Beispiele bringen, etwa von v. Werners Bericht, als er von der
Tochter eines befreundeten Bankiers erzählte, die ihrem Vater
beichtete, dass ein Ingenieur um ihre Hand angehalten hätte und der
Vater wütend entgegnete: ,,Bleib mir mit diesem gehobenen Schlosser
aus dem Haus!''
Erlauben Sie mir eine kurze Reflexion über den eben genannten Essay
von Snow ,,Die zwei Kulturen''. Was er damit meinte, begründete und
vehement verteidigte, war, dass es neben der Kultur im überkommenen
Sinne eine zweite, davon unabhängige, aber nicht weniger bedeutende
Kultur gäbe, die sich auf Naturwissenschaft und Technik gründete.
Aus dem angelsächsischen Raum, im Nachdenken über die Technik und die
Naturwissenschaften, auch ihrer Geschichte, viel weiter als wir
Kontinentaleuropäer, kommt mit John Brockman die These einer ,,Dritten
Kultur'', wie er sein jüngst erschienenes Buch nennt. Er meint damit
eine Verschmelzung der von Snow postulierten zwei Kulturen und ihre
Erweiterung zu einem Denken, das die tiefere Bedeutung unseres Lebens
sichtbar machen und neu definieren möchte ,,wer und was wir sind''.
Solche Gedanken konnte ich vor gut vier Jahrzehnten nicht in dieser
modernen Form bringen. Aber Sie können sich denken, wie heftig über
diese Thesen während des Unterrichts diskutiert wurde, wie ich mich
dem Denken von Conrad Matschoß und Friedrich Dessauer anschloss, dass
Technik- und Naturwissenschaftsgeschichte Teile unserer
Kulturgeschichte insgesamt sind und dies meinen Hörern, und darüber
hinaus, etwa in der aktiven Mitarbeit am Schulfunk, jungen Menschen
nahe zubringen versuchte.
Wie gesagt, ich fühlte mich als Arbeiter auf diesen Gebieten und ich
bin froh, wenn ich in Gesprächen oder Briefen mit meinen Studenten
doch einige Resonanz des damaligen Unterrichts spüre. Ich weiss, dass
ich kein Gelehrter bin, den man als Gelehrten verehrt. Ich wusste es
spätestens, als ich von der neugegründeten Universität Bremen eine kurze als Drucksache frankierte Absage auf die Bewerbung auf einen
Lehrstuhl oder für einen Lehrauftrag für Technik- und
Naturwissenschaftsgeschichte erhielt, obwohl ich, ausführlich
begründet, meinte, dass der damalige Gründungsrektor von der Vring
gerade der übergreifenden Lehre - oft zur Nebensache für die
Ordinarien an den meisten Universitäten geworden - eine neue,
überragende Bedeutung verschaffen wollte.
Ich bin nicht böse über diese Absage. Ich bin rückblickend dankbar, dass ich aufgeschlossenen jungen Ingenieurstudenten neues,
zusätzliches Wissen vermitteln konnte, selbst als 1970 mit der
Gründung der Fachhochschule die Lehrpläne sehr gestrafft, die
Reduzierung der Lehrverpflichtung von 24 auf 16 Wochenstunden
erfolgte. Dies war auch verbunden mit einer starken Einschränkung der
Allgemeinbildung, die man seitens der Hochschulbehörde und der
Präsidialverwaltung wegen der Stofffülle am liebsten gestrichen hätte.
Mit voller Billigung meiner Dozentenkollegen konnte ich mindestens für
die meisten technischen Fachbereiche durchsetzen, dass die Technik-
und Naturwissenschaftsgeschichte eines der Pflichtwahlfächer blieb,
heute: Philosophie der Technik.
Ich war stolz, als man mir den Vorsitz der
Hans-Schimank-Gedächtnisstiftung antrug und damit über den Tod
meines verehrten Lehrers hinaus sein Vermächtnis betreuen und
verwalten durfte, vor allem jungen Wissenschaftlern aus dem Bereich
der Naturwissenschaftsgeschichte bei ihrer Arbeit zu helfen.
Für den Wiederaufbau zerstörter Städte wurden Handwerker und Techniker gesucht. Ich meldete mich für Hamburg und wurde mit anderen Kameraden auf den Flugplatz bei Wittmund gebracht. Wir übernachteten in
Erdlöchern, die wir mit Moos und Tannenzweigen ausgepolstert hatten.
Im Zuge der Entlassung mußte ich einem Vernehmungsoffizier Rede und
Antwort stehen. Beim Eintritt in den Raum forderte mich
unmißverständlich ein englischer Soldat mit einem dicken Knüppel in der Hand auf, mich tief zu verbeugen. Dann ging es im Laufschritt
durch eine von Draht umzäunte lange Gasse, in der ein riesiges Plakat
aufgestellt war mit dem Text ,,Hinein ins Vierte Reich''.
Hamburg hatte ich gewählt, weil ich mich dort Ende 1944 auf dem Weg zu
meinem neuen Bordkommando verlobt hatte. Wie sollten nun die Weichen
für das fernere Leben gestellt werden? Auf Anraten der Eltern hatten
mein Zwillingsbruder Hans Konrad und ich ein vollwertiges Abitur an
der Johann Peter Hebel-Schule in Schwetzingen gemacht; es war das
letzte dieser Art für die nächsten Jahre. Wir hatten gute Lehrer, die
tolerant waren und uns eine humane Gesinnung vermittelten. Nur im
letzten Schuljahr 1940/41 war in den Unterricht eine
nationalsozialistisch gefärbte Ideologie eingedrungen. So wurde bei
der Besprechung des Nibelungenliedes Hagen von Tronje als der
eigentliche Held gepriesen in seiner unverbrüchlichen Treue, vor
Untaten nicht zurückschreckend. In der Oberstufe hatte ich mir als
Lebensziel gesteckt, entweder Diplomingenieur oder Gymnasiallehrer für
Mathematik und die exakten Naturwissenschaften zu werden. Von einem
Klassenkameraden ließ ich mich überreden, für eine Bauratslaufbahn bei
der Kriegsmarine (so genannte Silberlinge) eine Eignungsprüfung zu
machen. Ich wurde angenommen, und so war schon vor dem Abitur im April
1941 mein Ausbildungsweg festgelegt. Doch während des Krieges durfte
ich nicht studieren und wurde als Ingenieuroffizier mit den Aktiven
ausgebildet. Die technischen Lehrgänge bei der Marine hatten ein hohes
Niveau. Zuletzt machte ich auf der Halbinsel Hela den sogenannten
LJ-Lehrgang (Leitender Ingenieur auf einem U-Boot).
Bei meiner Verlobten in Hamburg angekommen mußte ich nun abermals eine
Entscheidung für meinen weiteren Lebensweg treffen, zusammen mit
meiner Verlobten und auch mit deren Mutter, die schon viele Jahre lang
verwitwet war. Das Haus, in der sich die Wohnung von Mutter und
Tochter in Farmsen befand, war heil geblieben. Aber man mußte den
damaligen Umständen entsprechend damit rechnen, daß ein Teil der
Wohnung für ausgebombte Hamburger beschlagnahmt würde. Meine Verlobte
war als medizinisch-technische Assistentin im Krankenhaus tätig, und
so reifte der Entschluß in Hamburg zu studieren und zu heiraten. Nur
als eingebürgerter Hamburger hatte ich die Chance, an der Hamburger
Universität immatrikuliert werden zu können. Im September 1945 ließen wir uns in der Altrahlstedter Kirche trauen.
Bei meiner Bewerbung für ein Studium in Physik, Mathematik und Chemie
machte ich darauf aufmerksam, daß ich binnen kurzer Zeit mein
Abiturzeugnis nachliefern würde. Dazu mußte ich zu meinen Eltern nach
Oftersheim bei Schwetzingen in der amerikanischen Besatzungszone
fahren. Per Eisenbahn machte ich mich auf den Weg, drei Tage lang fuhr
ich im offenen Güterwagen, manchmal dicht zusammengedrängt mit anderen
Reisenden. In Heidelberg angekommen erwischte ich eine Straßenbahn
nach Eppelheim. Die letzten fünf Kilometer ging ich zu Fuß mit dem
Koffer auf den Schultern querfeldein. Am Haustor erwarteten mich
bereits meine Eltern, die Kunde meiner Rückkehr war vorausgeeilt. Mit
Tränen lagen wir uns in den Armen. Ein dreiviertel Jahr lang hatten
meine Eltern nichts mehr von mir gehört und schon mit dem Schlimmsten
gerechnet. So war auch der zweite Sohn heil über den Krieg gekommen,
mein Zwillingsbruder war in Afrika schon einige Zeit vorher in
amerikanische Gefangenschaft geraten. Wir waren überglücklich und ich
teilte meinen Eltern meine Lebenspläne mit.
Für die Rückfahrt nach Hamburg brauchte ich ebenfalls drei Tage,
hungrig und rußgeschwärzt traf ich in meinem zukünftigen Zuhause ein. Das Abiturzeugnis (mit guten und sehr guten Noten) wurde sofort
abgeschickt. Umso erstaunter war ich, als ich vier Wochen später einen
ablehnenden Bescheid erhielt mit der Begründung, daß das Abiturzeugnis
fehle. Ich setzte alle Hebel in Bewegung, um doch noch einen positiven
Bescheid zu bekommen. Man gab mir den Rat, in dem Haufen von Papieren
und Dokumenten, der sich im Hauptgebäude an der Edmund-Siemers-Allee
befand, nach meinem Zeugnis zu suchen, und nach zwei Stunden fand ich
das für mich so wertvolle Papier. Zufällig wurde ein Studienplatz mit
meinen Fächern frei, den ich dann erhielt.
Der Alltag war in jenen Monaten und Jahren durch einen Kampf um das
tägliche Brot und die Beschaffung von Heizungsmaterial geprägt. Um
eine Lebensmittelkarte zu bekommen, mußte ich eine
Arbeitsbescheinigung vorweisen. Die Trümmer mußten beseitigt werden,
Versorgungsleitungen gelegt, Wohnraum geschaffen werden. Ich selbst
kam bei einer Gruppe unter, die Bäume in Parkanlagen und an den
Straßenrändern fällten. Als Lohn bekam man täglich ein längeres Stück
von einem Baumstamm mit nach Hause. Kohle und Briketts gab es nicht,
Holz und Torf aus den nahen Mooren waren die einzigen Brennstoffe.
Elektrische Energie wurde, wenn möglich, nur stundenweise am Tage
geliefert.
Durch den Hauptbahnhof rollten täglich mehrere Züge Richtung Norden
nach Dänemark. Wie von Geisterhand kamen manche Züge plötzlich zum
Stehen, und innerhalb weniger Sekunden waren auf den Waggons Menschen,
die ihre Säckchen und Taschen mit dem wärmespendenden Material
vollfüllten. Auch ich ging öfters mit meinem alten stabilen
Tauchretterbeutel in den Vorlesungspausen über den Hauptbahnhof, um
Brennmaterial für ein warmes Plätzchen zu Hause zu requirieren. Mit
dem Einsetzen von Pfiffen der Bahnpolizei und Hundegebell waren die
Kohlenklauer verschwunden. Es war ein Akt der Selbsterhaltung gewesen,
besonders in dem bitterkalten Winter 1946/47.
Lebensmittel erhielt die Bevölkerung nur für ein Existenzminimum, und
um die Rationen aufzubessern wurde täglich gerungen. Und die
Zuteilungen wurden immer weniger - vielleicht war dies auch ein Teil
der Reeducation. Es gab Maisbrot - wie man später hörte angeblich ein
Übersetzungsfehler. Corn bezeichnet im Amerikanischen nicht Getreide,
sondern Mais. Halb Hamburg ging auf Hamstertour in die nähere
ländliche Umgebung. Die Züge waren brechend voll, und auf den
Trittbrettern drängten sich die Menschen. Auf dem Lande tauschte ich
die mir zugeteilten Zigaretten ein. Meist hatte man bei den Bauern
wenig Erfolg. Die Tauschpreise lagen hoch, so einen silbernen
Teelöffel gegen ein Ei. Es ging die Rede, daß manche Bauern ihren
Kuhstall mit Perserteppichen auslegten. Bei einem Landarbeiter konnte
ich meine Marinelederkluft gegen drei Zentner Kartoffeln
,,verkaufen'', und wir konnten den harten Winter überstehen.
Schulkinder erhielten die ,,Schweden''-Speisung, um Unterernährung und
Krankheiten zu verhindern. Für die Studenten war eine ähnliche
Einrichtung getroffen worden. In einem Gebäude in der Nähe des
Universitätsgeländes wurde eine gekochte, wohlschmeckende, breiartige
Substanz in Blechtöpfen ausgeteilt. Es waren Spenden amerikanischer
Kirchen- und Glaubensgemeinschaften - ein Akt christlicher
Solidarität. Ehe ich morgens mit der U-Bahn zur Universität fuhr, nahm
ich einen Eßlöffel puren Lebertrans zu mir. Als eine im Krankenhaus
Beschäftigte bekam meine Frau dieses vitamin-und energiereiche Öl zur
Erhaltung der Gesundheit. Viele Studenten wurden in jenen Jahren
tuberkulosekrank und mußten später in eine Heilstätte geschickt
werden.
Hamburg hatte sich drei Tage vor der Kapitulation in Berlin kampflos
übergeben. Die Elbbrücken waren nicht gesprengt worden und der Stadt
war so eine Hungerkatastrophe erspart geblieben. Unter der Aufsicht
der englischen Besatzungsmacht sollte ein demokratischer Wiederaufbau
erfolgen. In dieser Umbruchzeit machte man Rudolf Petersen zum
Bürgermeister. Sein Großvater war der berühmte hamburgische
Bürgermeister Dr. Carl Petersen, der in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts dem Senat vorstand. Auch sein Bruder Carl Petersen
hatte das Bürgermeisteramt bis 1933 bekleidet. Eine der maßgebenden
Persönlichkeiten war Adolph Schönfelder, der von der Gewerkschaft her
kam und Präsident der neuen Bürgerschaft wurde. Bei der Reorganisation
der Universität stützte sich die Militärregierung auf eine Gruppe
politisch unbelasteter Professoren, darunter der Anglist Emil Wolff,
dem man das Amt des Rektors der Universität anvertraute, Rudolf von
Laun, Völkerrechtler und der Altphilologe Bruno Snell. Am 6. November
wurde die Universität mit einem Festakt im Großen Saal der Musikhalle
eröffnet. Die Reden hielten der amtierende Schulsenator Heinrich
Landahl und E. Wolff als Rektor. Landahl war bis 1933 Leiter der
bekannten und reformorientierten Lichtwarkschule gewesen. Um
Kontinuität und Tradition zu betonen, erschienen die Professoren in
ihren Talaren. In seiner Rede machte Landahl deutlich, daß
hauptsächlich den aus dem Kriege heimgekehrten Soldaten die
Möglichkeit eines Studiums und einer Berufsausbildung gegeben werden
sollte. Aus ähnlichen Gründen war ja 1919 vom der sozialdemokratischen
Regierung die Universität gegründet worden. Damals trug sie den Namen
,,Hamburgische Universität''. In den 30er Jahren unter der Herrschaft
der Nationalsozialisten war eine Umbenennung in ,,Hansische
Universität'' vorgenommen worden. Landahl gab ihr nun den schlichten
Namen ,,Universität Hamburg''. Emil Wolff rief in seiner Rede dazu
auf, zu den alten Tugenden zurückzukehren, die unter der
Hitlerregierung verschüttet worden waren.
Es hatten sich rund 10.000 Studienwillige um eine Immatrikulation
beworben, zugelassen wurden nur etwa 3000. Extrem linken und
kommunistischen Gruppen - und deren Anhängerschaft war damals nicht
gering - war die relativ große Zahl von zugelassenen ehemaligen
Offizieren ein Dorn im Auge. Sie forderten eine Änderung der
Zulassungsbestimmungen. Noch lange klang mir ein Kommentar aus dem
Radio des später hochgelobten Publizisten A.E. im Ohr. Er beklagte
sich bitter darüber, daß ihm auf dem Universitätsgelände so viele
Studenten in Offiziersstiefeln begegneten. Es seien dieselben Stiefel,
unter denen ein großer Teil Europas in Trümmer ging. Wußte dieser Mann
nicht, daß viele junge Männer mit Reifezeugnis oder Reifevermerk
einfach als Offiziersnachwuchs herangezogen wurden. Als frisch
ernannter Fahnenjunker oder Leutnant wurden sie an die Front
geschickt, und viele waren schon innerhalb eines Jahres gefallen - im
Glauben an eine gute Sache. Der Militärgouverneur von Hamburg, Colonel
Armytage, ließ sich auf solche Spielchen nicht ein, wie sie in der
späteren DDR praktiziert wurden.
Nach dem WS 45/46 wurden alle Studierenden exmatrikuliert. Neben dem
Lehrkörper sollten nun auch die Studenten politisch durchleuchtet
werden. Seitenlange Fragebögen mußten ausgefüllt werden. In der
Hitlerjugend hatte ich keine führende Position inne gehabt, und als
Leutnant der Reserve brauchte ich auch nichts zu befürchten; ich war
unbelastet. Mit Beginn des SS 46 vermißte ich manches bekannte
Gesicht.
Zurück zum Studiumsalltag. Im WS 45/46 hatte die mathematische
Grundvorlesung Analytische Geometrie im großen Hörsaal des Botanischen
Instituts an der Jungius-Straße begonnen. Ich glaube, es waren an die
200 Zuhörer, die z.T. auf den Treppenstufen saßen. Der Raum war
ungeheizt, und mit klammen Fingern machte ich meine Mitschrift auf
geglättetem Tütenpapier. Schreibmaterial gab es nicht. Professor
Zassenhaus beschrieb in einer Schnelligkeit die Tafeln, der man nur
mit Mühe folgen konnte. Lehrbücher gab es anfangs nicht, und es war
eine große Erleichterung, als auf photochemischen Wege Lehrbücher
kopiert und gekauft werden konnten. Die Vorlesungen für
Experimentalphysik hielt in den ersten Semestern Professor Steubing.
Doch bald kam Professor R. Fleischmann, der auch das Physikalische
Institut neu einrichtete. Bei ihm schrieb ich später auch meine
Examensarbeit für das höhere Lehramt. Theoretische Physik hörte ich von Anfang an bei Professor W. Lenz, der auch einer meiner Prüfer
war. Vorlesungen in Physikalischer Chemie besuchte ich zwei Semester
lang bei Professor Harteck. Auf Anordnung der englischen
Militärregierung war die Kernphysik mehrere Semester lang tabu.
Chemische Vorlesungen hörte ich bei den Professoren Schlubach und
Remy. Der letztere war bei Prüfungen besonders gefürchtet; über die Fußnoten in seinem bekannten Lehrbuch mußte man genau Bescheid wissen. Als Prüfungsfächer hatte ich neben dem Hauptfach Physik noch
Mathematik, Chemie und Philosophie gewählt. Für die Chemie waren
mindestens zwei Semester im Labor vorgeschrieben. Man mußte eine
bestimmte Anzahl Präparate herstellen und Analysen in der
anorganischen Chemie machen. Das Labor befand sich außerhalb der Stadt
in einer umgebauten Villa bei Manhagen in der Nähe von Ahrensburg, und
mit der U-Bahn erreichbar. Die Villa stand in einem Garten mit vielen
seltenen und exotischen Bäumen und Sträuchern (Arboretum). Die
Laborarbeit nahm den ganzen Tag in Anspruch. Chemiekalien mußte man im
chemischen Institut in der Jungius-Straße holen. Die Arbeitsplätze
befanden sich an langen breiten Tischen, und in den Wandregalen
darüber standen die Säuren, Laugen, Alkohol etc. Eines Tages nahm
eine junge Kommilitonin den Arbeitsplatz neben mir ein und baute auf
dem Tisch ein kleines Sandhäufchen auf. Als erste Aufgabe hatte sie
die aluminiothermische Gewinnung von Chrom bekommen. Ich machte die
Dame darauf aufmerksam, daß sie doch lieber auf die Terrasse gehen
sollte, wo sich ein größerer Sandhaufen befand. Sie tat dies auch und
bereitete alles vor. Als sie das Magnesiumbändchen gezündet hatte, gab
es eine Riesenexplosion mit einer Rauch- und Staubwolke. Zum Glück
wurde die Kommilitonin nicht verletzt. Wie konnte das geschehen?
Statt des grünen Chrom(III)-oxids hatte sie in der Chemikalienausgabe
das rote Chromtrioxid (Chrom(VI)-oxid) verlangt, das doppelt soviel
Sauerstoff enthielt. Unvorstellbar, was geschehen wäre, wenn die
Explosion im Raume stattgefunden hätte.
Bei Professor Hans Schimank hörte ich Vorlesungen über die Geschichte
der Naturwissenschaften und bei Professor Adolf Meyer-Abich
Metaphysik, philosophische Aspekte in den Naturwissenschaften. So kam
neben dem homo faber auch der homo contemplativus zu seinem Recht. Es
war ein Genuß, den verschlungenen Wegen des menschlichen Geistes zu
folgen, bei seinem Versuch, die Welt rational zu erfassen. Zugleich
wurden aber einem auch die Grenzen menschlicher Erkenntnis vor Augen
geführt.
Während des zweisemestrigen chemischen Praktikums konnte ich natürlich
keine anderen Vorlesungen besuchen. Am Wochenende holte ich mir die
Mitschriften und Ausarbeitungen von einem gut befreundeten
Kommilitonen, dem ich noch heute dankbar bin. So konnte ich mich in
kürzester Zeit zum Examen melden. Für jedes Semester mußten damals Gebühren bezahlt werden, und die Glasgeräte für das Labor waren recht teuer. Ich wollte endlich Geld verdienen.
Ablenkung von Sorgen und Nöten des Alltags fand man in Konzerten,
Theatern und manchmal auch im Kino. Die Kultur gab manchem Trost. Aber
auch die Studierenden suchten, sich etwas Vergnügen zu verschaffen. In
den Räumen des chemischen Instituts fand das erste
Semesterabschlußfest statt.
Assistentinnen und Assistenten stellten aus Alkohol und Essenzen
buntgefärbte likörähnliche Getränke her. Sie wurden in Tropftrichter
gefüllt und hingen an der Decke, darunter wurden Reagensgläser
gehalten. Bowle nahm man in Bechergläsern zu sich. Auch die
Professoren waren dabei, so R. Fleischmann, der als Zimmermann
auftrat und seine Aufbautätigkeit demonstrierte. Ein weiteres späteres
Fest ist mir in unvergeßlicher Erinnerung. Es fand in dem
Laborgebäude im Arboretum statt. Mit Lampions und Musik ging die Polonaise durch den herrlichen Garten. Das Leben hatte plötzlich auch wieder seine
schönen Seiten. Nach der Währungsreform 1948 war man bestrebt, auf
irgendeine Weise etwas Geld zu verdienen. Das Studentenwerk hatte eine
Vermittlungsstelle für Gelegenheitsarbeiten eingerichtet. So ging ich
z.B. mit einer Gruppe in der Nacht zum Mittelweg, um Gräben für
Kabel des Rundfunks auszuheben. Ein guter Job war, bei gutsituierten
Familien an Heiligabend den Weihnachtsmann zu spielen. Ein Kommilitone
namens Geldmacher - er trug den richtigen Namen - hatte einen
besonders lohnenden Einfall. Um den Hamburgern das mühsame Anstehen an
Ämtern für Lebensmittelkarten zu ersparen, brachten Studenten das
lebenswichtige Papier ins Haus gegen ein Entgeld von 1DM. Das mußte
natürlich alles gut durchorganisiert sein. Man hatte so auch Kontakt
zur Bevölkerung der Stadt und wurde oft für eine Pause zu einer Tasse
Kaffee mit Kuchen eingeladen. Die Bezeichnung Student hatte einen
guten Klang. Leider wurden recht bald die Lebensmittelkarten
abgeschafft.
Mit dem 8. Semester hatte ich alle vorgeschriebenen Vorlesungen
absolviert und die nötigen Scheine in der Tasche, und ich meldete mich
mit Beginn des 9. Semesters zum Staatsexamen. Meine Examensarbeit
handelte über Phänomene, die mit der Gravitation und der Erddrehung
zusammenhängen. Das Examen bestand ich, es war eine Wanderung auf
einem schmalen Grat gewesen. Schon 1950 kam ich in die
Referendarausbildung und war dann ununterbrochen bis 1984 am Gymnasium
tätig, zuletzt als Studiendirektor und Oberstufenkoordinator.
Nebenbei besuchte ich aber weiter Vorlesungen und Vorträge von H.
Schimank und A. Meyer-Abich. Mitte der 50er Jahre bekam ich ein Thema
für eine Dissertation in Geschichte der Physik, es lautete: ,,Wilhelm
Webers Stellung in der Entwicklung der Elektrizitätslehre''. Anfang
1962 schloß ich meine Promotion ab und erhielt den Dr. rer. nat.
Ich war der erste Doktorand bei Hans Schimank gewesen. Es war mir eine
Genugtuung, daß meine Promotionsarbeit international Beachtung und
Anerkennung fand. Auf Anraten von Professor Bernhard Sticker
habilitierte ich dann Anfang der 70er Jahre und erwarb die venia
legendi. Während der Anfertigungen meiner Doktorarbeit und
Habilitationsschrift habe ich keine einzige
Unterrichtsstundenermäßigung an der Schule in Anspruch genommen. Vom
Institut für Geschichte der Naturwissenschaften wurde ich allerdings
ausgegrenzt, - von den gleichen Personen, die auch meine Habilitation
verhindern wollten. Die Freude an der Geschichte der
Naturwissenschaften habe ich mir nicht nehmen lassen.
Am Ende der Führung lud Kapitän Walde die Teilnehmer in die
Offiziersmesse ein und bei einem Bier beantwortete er weitere Fragen
und erzählte unterhaltsame Begebenheiten. Auf die fröhliche Runde
blickte der gemalte Carl Friedrich Gauß, und es kam mir vor, als würde er etwas schmunzeln (vgl. Abbildung).
Unsere kleine Besuchergruppe bekam eine tolle Führung durch das Museum
vom Apothekenleiter und Museumsgründer, Herrn Peter Sommer und noch
besseren Kuchen (Schmandkuchen) und Kaffee, was den Besuch
abrundete. Wir traten den Rückweg an und beschlossen diesmal direkt
nach Hamburg-Altona zu fahren. Es wäre auch bestimmt der schnellere
Weg nach Hause gewesen, hätte die S-Bahn unbeschwert vom S-Bahnhof
Holstenstrasse zum Bahnhof Dammtor fahren können. Aber nein, immer
wenn man es eilig hat und schnell nach Hause möchte, passiert
etwas. So natürlich auch an diesem Freitagabend- Notbremse und
Polizeieinsatz Bahnhof Sternschanze! Sieht man diesem letzten
Zwischenfall ab, war es doch eine sehr schöne und interessante
Exkursion! Die Museums-Apotheke in Burg ist auch im Internet
http://www.apotheke-sommer.de zu besichtigen.
Schon früh fand von Liebig den Weg zur Chemie, auch wenn er anfangs
nicht besonders erfolgreich war. Er wurde 1803 in Darmstadt als Sohn
eines wohlhabenden Drogisten geboren. Mit 14 Jahren begann er eine
Apothekerlehre in Heppenheim, wurde aber wegen seiner gefährlichen
Experimente wieder nach Hause geschickt. 1819-22 studierte er in Bonn
und Erlangen Chemie, musste aber das Studium wegen der Teilnahme an
Studentenunruhen abbrechen und erhielt in Darmstadt Stadtarrest. 1822
ging er zum Chemiestudium nach Paris und promovierte 1823 ,,in
absentia'' in Erlangen - wie passend - über das
Knallquecksilber. Seine Leistungen waren so überragend, dass er 1824,
mit 21 Jahren, zum außerordentlichen Professor in Gießen berufen
wurde. 1845 wurde er in den erblichen Freiherrenstand erhoben und 1852
wurde er nach München berufen, wo er 1873 starb.
Das heutige Museum ist ursprünglich ein Wachhäuschen einer alten
Kaserne gewesen, das 1823 zum chemischen Laboratorium umfunktioniert
wurde. Im Untergeschoss richtete der junge Professor seine Arbeits-
und Laborräume ein, im Obergeschoss wohnte er mit seiner Familie.
Anfangs musste von Liebig viele Apparate und Geräte aus eigener Tasche
bezahlen, um überhaupt lehren zu können. Trotzdem fand er bei den
Gießener Studenten aufgrund seiner Lehrmethoden schnell großes
Interesse und zog Gäste aus aller Welt an. Das Gebäude wurde nach
langem Ringen 1833 und 1839 erweitert. In seiner Gießener Zeit hat
Justus von Liebig das erste moderne Universitätslaboratorium für
Chemie konzipiert und eingerichtet. Er hat hier das experimentell
ausgerichtete Chemiestudium begründet, gelehrt und geforscht.
Gemeinsam mit seinen Schülern führte er in diesem Zeitraum
zukunftsweisende und bahnbrechende Arbeiten auf den Gebieten der
analytischen, der organischen, der agrikultur- und der physiologischen
Chemie durch. Einige Stichworte dazu sind: Elementaranalyse,
Radikaltheorie, Isomerie, Mehrwertigkeit, Minimumgesetz,
Silberspiegel, Fleischextrakt, Säuglingsnahrung und Düngemittel.
Im Museum sind 12 Räume zu besichtigen, in denen viele nachgebildete
oder zeitgenössische Möbel und Geräten stehen. Sie geben einen
lebendigen Eindruck von den Arbeitsbedingungen. Das ,,Alte Labor''
hatte mehrere Öfen aber keinen Abzug, so dass die Studenten und
Chemiker den giftigen Substanzen unmittelbar ausgesetzt waren. Auch
ähnelte es im Aufbau eher einem alchemistischen Labor. Dagegen sieht
das ,,Analytische Labor'' mit seinen Abzügen und vielen Arbeitsplätzen
modern aus. Kernthema dieses Raumes ist die Elementaranalyse, die mit
dem von Liebig entwickelten Fünf-Kugel-Apparat durchgeführt
wurde. Seine engsten Assistenten und er selbst arbeiteten in einem
kleinen ,,Privatlabor''. In seinem ,,Privaten Schreibzimmer'' konnte
er ungestört arbeiten und durch ein kleines Fenster auf den Gang
sehen. Somit hatte er seine Studenten immer im Blick, denn zuletzt
betreute er 59 Personen. Im ,,Auditorium'' hielt Liebig seine
berühmten Experimentalvorlesungen. Die vorhandenen 60 Sitzplätze
dürften nur selten ausgereicht haben, denn die Zahl der Hörer lag bei
100. In den anderen Räumen sind seine Veröffentlichungen, Ehrungen und
weiteren Leistungen zu sehen. Weitere Informationen finden sich unter:
http://www.liebig-museum.de.
Die Exkursion hat den Teilnehmerinnen und Teilnehmern viel Spaß
gemacht und interessante Eindrücke geboten. Diese Exkursion wurde
durch die Schimank-Stiftung ermöglicht, die dankenswerterweise den
studentischen Teilnehmern einen notwendigen Fahrkostenzuschuss zu
Verfügung stellte.
Nach dem Aufschmelzen der Rohstoffe und des darauf folgenden
Reinigungsprozesses durch die Elektrolyse, wird das 99,9%ige Kupfer
in seine Handelsformen gebracht und so in Form von Walzplatten,
Rundbarren und Drähten weitervermarktet bzw. verarbeitet. Neben den
hochreinen Kathodenkupfer werden auch die Nebenprodukte wie
Eisensilikatgestein, hochreine Schwefelsäure sowie die wichtigen
Kupferbegleiter Blei, Silber, Gold und verschiede Verbindungen solcher
Begleiter wie z.B. Selen und Nickel gewonnen.
Im Anschluss besuchten wir das Dokimasie-Labor des Werkes. Das Labor
ist verantwortlich für die Analyse eingehender Rohstoffe sowie der
Qualitätskontrolle des handelsfähigen Produktes. Einer der Höhepunkte
der Exkursion war die Vorführung der Kupellation des Goldes durch
Herrn Dr. Kreuscher und die Mitarbeitern des Laboratoriums. Obwohl
das Verfahren noch aus der Antike stammt, ist es wegen seiner
Präzision und seiner Einfachheit noch heute gebräuchlich. In diesem
Verfahren wird einer Goldperle die drei- bis fünffache Menge Blei
zugesetzt. Das legierte Korn kommt in eine Kupelle (ein kleines
Aschtiegel) und wird in einem Ofen auf 800 bis 900$^{circ$C erhitzt.
Das Korn wird bei der Schmelze schnell kleiner. Da die eventuellen
Verunreinigungen des Goldes sich im Blei akkumulieren, lässt sich an
der Verfärbung der Kupelle die Art der Verunreinigung bestimmen. Nach
vollständigem Verschwinden des Bleies in der Kupelle, lässt sich eine
kurze schöne Leuchterscheinung beobachten. Das Phänomen des Leuchtens,
der sogenannte ,,Blick'', können wir auf ein Freiwerden der
Schmelzwärme während der Änderung des Aggregatzustandes von flüssigem
zum festen Gold zurückführen. Diese Demonstration stellte den Abschluß
einer sehr interessanten und informativen Werksbesichtigung dar.
Abschließend erhielt jeder Teilnehmer als Präsent das von der NA
herausgegebene ,,Lexikon der Metalle''. Bei dieser Gelegenheit möchten
wir Herrn Dr. Thomas Kreuscher und den Mitarbeitern der Norddeutschen
Affinerie AG für diese interessante Besichtigung herzlich danken.
Ein besonderes Erlebnis war die Besichtigung und Erläuterung des
Mechanismus der einzigen nach Leibniz' Vorstellungen konstruierten und
erhaltenen Rechenmaschine für alle vier Grundrechenarten von 1694, an
der unterschiedlich befähigte Mechaniker bis zu Leibniz' Tod (1716)
gearbeitet haben, ohne den Erfolg einer zuverlässigen
Funktionsfähigkeit. Um 13.15 Uhr verabschiedeten wir uns mit
herzlichem Dank von den Mitarbeitern der Handschriftenabteilung und
machten mit Dr. Probst eine kurze Mittagspause in der Kantine der
Finanzbehörde.
Mit bestem Dank verabschiedeten wir uns danach auch von Dr. Probst
und gingen zur Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis. Dort
besuchten wir Leibniz' Grabstätte, die mit einer großen
Sandsteinplatte und der Aufschrift OSSA LEIBNITII gekennzeichnet ist.
Der Küster Peter Leise gab ergänzend Hinweise auf die Baugeschichte
der Kirche und Neugestaltung der Leibnizschen Grabstätte. Mit Dank
verabschiedeten wir uns und begaben uns zum ,,neuen'' Leibnizhaus am
Holzmarkt 5 mit rekonstruierter Weser-Renaissance-Fassade des im
2. Weltkrieg in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1943 durch Bomben
schwer getroffenen und weitgehend zerstörten alten Leibnizhauses in
der Schmiedestraße 10. Wir wurden von Frau Kerstin Hellmuth
(Geschäftsstelle des Leibnizhauses) freundlich empfangen und kurz über
die Nutzung des Leibnizhauses informiert.Das heutige Leibnizhaus wird
als Gästehaus der hannoverschen Hochschulen genutzt und von der
Universität Hannover verwaltet. Es bildet vor allem eine
internationale Begegnungsstätte für Wissenschaft und Forschung mit
zeitlich begrenzter Unterbringung für Gastwissenschaftler und deren
Familien. Außerdem biete das Leibnizhaus mit unterschiedlich großen
Räumen gute Voraussetzungen für Konferenzen,
Diskussionsveranstaltungen und Tagungen. Im Erdgeschoß des Hauses
befindet sich die Leibniz-Halle, innerhalb der eine kleine
Dauerausstellung als Leibniz-Erinnerungsstätte eingerichtet ist mit
Kopien von Handschriften zur Philosophie, Religionswissenschaft,
Mathematik, Naturwissenschaften, Welfengeschichte unter anderem sowie
Darstellungen seiner Reiserouten und Verbindungen zu vielen
Wissenschaftlern seiner Zeit im In- und Ausland. Ferner finden sich
dort Bücher, Karten und eine Nachbildung seiner Rechenmaschine sowie
das Original seines Reiseklappsessels. Abschließend berichtete
Dr.-Ing. Franz-Otto Kopp (Institut für Getriebetechnik der Uni
Hannover) über seine Arbeit (ein DFG-Forschungsauftrag) an der
Rekonstruktion einer funktionsfähigen Leibnizschen Rechenmaschine. Er
demonstrierte an einem Rechenbeispiel den Funktionsablauf, dargestellt
auf Overheadfolien und anschaulich vorgeführt an einem Plexiglasmodell
(Maßstab: 1:2) jedoch mit nur 3 Einstellziffernscheiben und dem
Mechanismus für die Zehnerübertragung, bestehend aus etlichen
Getriebeteilen, wovon die Staffelwalze in Verbindung mit einer
Zahnstange Leibniz' Erfindung ist. Nach kurzer Erholungspause im
Restaurant Mario und herzlichem Dank an Dr. Kopp begab sich die
Exkursionsgruppe zum Bahnhof. Die Exkursion endete in
Hamburg-Hauptbahnhof gegen 20.00 Uhr.
ISSN 0720-1591
Verantwortlich
für das Technische:
Bearbeitung der Abbildungen:
Umsetzung für das Internet:
Alte Nachrichtenblätter:
Die letzte Änderung stammt vom 18. April 2004.
Chronik vom März 2003 bis März 2004
Das Jakob von Uexküll-Archiv ist inzwischen Teil der internationalen
biosemiotischen Forschungsgemeinschaft. Die Veröffentlichung der
Beiträge des Uexküll-Symposiums (siehe Bericht) werden darum nicht
nur bei ,,Hamburg University Press'' sondern auch in der Zeitschrift
,,Sign System Studies'' veröffentlicht. Torsten Rüting besuchte die
Gatherings in Biosemiotics 2002 in Tartu und 2003 in Kopenhagen und
berichtete dort über das Archiv und seine Forschungsergebnisse zur
Geschichte und naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung des
Instituts für Umweltforschung. Er wurde ins International Board des
Jakob von Uexküll-Centres in Tartu gewählt. Es ist geplant, zusammen
mit dem Center, dem Department für Semiotik und anderen Zentren
biosemiotischer Forschung in Prag eine Summerschool durchzuführen und
eine gemeinsame internationale Forschungsförderung zu organisieren.
Die Rezeption Uexkülls in Rußland und Estland wird in Kooperation mit
russischen und estnischen Kollegen untersucht.
Bericht von Peter Ullrich (Uni Siegen): Artin-Nachlaß
Der am SPGN aufbewahrte wissenschaftliche Nachlaß von Emil Artin
(1898-1962) ist im letzten November ergänzt worden; nach dem Tode
seiner Mutter hat Herr Michael Artin (MIT) uns aus deren Besitz
stammende Papiere seines Vaters zukommen lassen; wir bedanken uns ganz
herzlich dafür. Bei diesen Materialien, die circa 1000 Seiten
umfassen, handelt es sich um vollständige Manuskripte, Vorstudien auf
Notizzetteln und Kopien von weiteren Lebensdokumenten.
Herr Peter Ullrich hat bereits begonnen, diese Unterlagen
zu erschließen; ein Inhaltsverzeichnis wird im nächsten Band der
Mitteilungen der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg als Nachtrag
zu Bd. 19 (2000), S. 113-134 erscheinen.
Katrin Cura: Bericht über einen Uexküll-Gastvortrag vor
Abiturienten
Einen Monat nach dem erfolgreichen Symposium, am 9. Februar
2004, hielt Herr Dr. Torsten Rüting vor dem
Biologieleistungskurs des Wirtschaftsgymnasiums Weidenstieg
einen Vortrag. Das Thema hieß natürlich: ,,Jakob von Uexküll
(1864-1944)'' und erläuterte das Leben und das Werk des
Wissenschaftlers. Dr. Rüting gelang es mit Hilfe der
PowerPoint-Präsentation und seiner klaren Art, die Aufmerksamkeit
der Schüler zu wecken. Für sie war es interessant, dass sie im
Unterricht nicht nur Schulbuchwissen lernen, sondern auch
Einblicke in den aktuellen Stand der Forschung bekommen.
Besonders honoriert haben sie die Mühe, die sich Dr. Rüting mit
dem Vortrag gemacht hat, um einen anschaulichen Einblick in
sein Forschungsgebiet zu geben. Der einzige Kritikpunkt war,
dass sie gern mehr Informationen über Uexkülls Funktionskreis
gehabt hätten. Daraus entstand der Wunsch zweier Schülerinnen,
ein Referat über das Thema zu halten. Dieses zeigt, wie eine
Koorperation zwischen Universität und Schule aussehen kann.
Katrin Cura: Schüler besuchen das Forschungsschiff Gauß
Frau PD Dr. Cornelia Lüdecke ermöglichte über persönliche
Kontakte einen Schulbesuch auf dem Forschungsschiff ,,Gauß''.
Der Biologie-Grund- und Leistungskurs des Wirtschaftsgymnasiums
Weidenstieg nahm am 21. Januar diese seltene Möglichkeit wahr.
Kapitän Walde führte die Besucher über eine Stunde durch sein
Schiff und beantwortete viele Fragen. Die Schüler waren
begeistert, einen Einblick in die praktische Forschung in
Deutschland zu bekommen. Vom Forscherfieber gepackt, konnten
sie mit den schuleigenen Untersuchungskästen gleich vor Ort das
Elbwasser auf Schwermetalle untersuchen. Am Ende dankten die
Schüler Kapitän Walde für seine eindrucksvolle Führung und
überreichten ihm eine neue Tatstatur und Maus für den
Gemeinschaftscomputer, die während der letzten Fahrten
beschädigt wurden.
Torsten Rüting:
,,Signs and the Design of Life - Uexküll's Significance Today''
(Zeichen und der Bauplan des Lebens - Uexkülls Bedeutung heute)Internationales Symposium in Hamburg, 9. bis
11. Januar 2004
Nach dem Vortragsprogramm wurde im Geologisch-Paläontologischen Museum
gefeiert. Frau Bratke, Frau Reinke und fleißige HelferInnen bewirteten
die Gäste. Es war Zeit für interdisziplinäre und interkulturelle
Gespräche (Fotos auf der Homepage, Dank an Frau Reinke) Auch der
Uni-Präsident blieb bis zum Ende, um dann mit Jakob von Uexküll und
Claus Grossner in einem Weinlokal weiter zu diskutieren.
Am Samstagmorgen erwartete die Teilnehmer des Symposiums ein dicht
gedrängtes Programm von neun Vorträgen: John Deely, von der University of
St. Thomas in Houston gab in seinem Beitrag Semiosis and Jakob von
Uexküll's Concept of Umwelt einen persönlichen Einblick in die von
Uexkülls Erbe beeinflußte Entwicklung der theoretischen Semiotik in
den USA.
Unter dem Titel Jakob von Uexküll Revisited: Semiotician or
Hermeneutician bezeichnete Prof. Han-liang Chang von der National
Taiwan University Uexküll als ,,phänomenologischen Hermeneutiker'' und
stellte ihn in eine Traditionsline mit Husserl, Heidegger und Gadamer.
Uexkülls Buch ,,Die ewige Frage - Biologische Variationen über einen
platonischen Dialog'' rechtfertige die Einordnung in eine
textorientierte philosophische Tradition. Prof. Anton Markos,
Wissenschaftshistoriker und theoretischer Biologe an der Karls
Universität in Prag, nutzte als Hintergrund für seine Präsentation ``In
the quest for novelty: Kaufmann's biosphere and Lotmann's semiosphere''
Uexküll's Modelltier - die Zecke. Es gelang ihm dem Publikum das
Anliegen und die Aktualität semiotischer Erkenntnistheorie darzulegen,
die die Biologie um hermeneutische Zusammenhänge erweitert und damit,
Bedeutung im Sinne Uexkülls zu einem zentralen Thema der biologischen
Suche nach Erkenntnis macht. Juipi Angelina Chien, ebenfalls von der
Taiwan National University, setzte sich in ihrem Beitrag ``The Changing
Shape of Schema: Reflections on the Uexküllian Crux'' mit der zunächst
widersprüchlich erscheinenden Bedeutung von Form oder Gestalt und
Bauplan bei Uexküll auseinander. Hierfür sei der Begriff Schema für
Uexküll zentral, er kennzeichne die gestaltenden Prozesse des
Wahrnehmungsapparates. Gestaltwahrnehmung werde damit mit dem Bauplan
in Zusammenhang gestellt.
Prof. Peter Klein vom Institut für die Didaktik der
Naturwisssenschaften der Universität Hamburg zeigte, das Uexkülls
Erklärung des Verhältnisses Organismus - Umwelt wichtige Erkenntnisse
in Bezug auf die Frage ``If the Brain was a Digital Compute, what would
be its Program?'' liefern kann. Er kam zu dem Schluß, das Gehirn könne
als Computer bezeichnet werden, der Geist oder die Gedanken aber nicht
als dessen Programm - sie gehörten zur ,,Innenwelt'' des Organismus.
Dr. Tobias Cheung von der Universität Paris ging es in seinem Vortrag
From Protoplasm to Perception: Jakob von Uexküll and the Unity of
Organismic Order um die zentrale Bedeutung und Aktualität des
Protoplamaproblems, das Uexküll bereits 1909 in seiner Umwelt und
Innenwelt der Tiere darlegte. Prof. Mathias Gutmann, Juniorprofessor
für Philosophie an der Universität Marburg, erforschte die Bedeutung
Uexkülls in der modernen Biologie. Dabei ging er von seiner eigenen
Beschäftigung mit Uexküll in der Arbeitsgruppe Kritische
Evolutionstheorie am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt aus.
Uexkülls Arbeiten hätten dort wichtige Anregungen gegeben, neue
ganzheitlichere Modelle von Vorgängen in der Evolution zu entwickeln.
Riin Magnus vom Semiotischen Institut der Universität Tartu und
Vorsitzende des Rates des dortigen Uexküll-Centres berichtete über The
First 10 Years of the Jakob von Uexküll Centre. Dabei war
bemerkenswert, wie enge Beziehungen zwischen Naturschutzinitiativen
Semiotikern und theoretischen Biologen zur Gründung und Arbeit des
Centres beitrugen.
Zuletzt legte Dr. Andreas Weber von der Humboldt-Universität Berlin
unter dem Titel Mimesis and Metaphor. The Biosemiotic Generation of
Meaning in Cassirer and Uexküll dar, dass über die Cassirers Rezeption
Uexkülls, eine tiefe Verknüpfung zwischen Cassirers Konzept der
symbolischen Formen und dem biosemiotischen Ansatz begründet sei.
Dieserart Verbindung einer Symbol-Theorie der Kultur und einer
semiotischen Theorie der menschlichen Natur sei notwendig, um endlich
eine einheitliche Kognitionstheorie zu etablieren, die das Leib-Seele
Problem überwindet.
Nachdem viele Teilnehmer die zweite Vorstellung von Unbemerkte
Wirklichkeit angeschaut und sich an der Diskussion mit Maximiliane
Mainka im Kino beteiligt hatten, traf man sich im Arkadasch zu einer
gemütlicheren Runde.
Am Sonntagmorgen fanden sich trotz Wind und Regen 10 Teilnehmer für
den Spaziergang durch die Umwelten von Jakob von Uexküll ein. Wir
besuchten, außer den Universitätsgebäuden und dem ehemaligen Gebäude
des Instituts für Umweltforschung in der Gurlittstraße, Orte des
Gedenkens an das jüdische Leben am Grindel. Am Nachmittag öffnete das
Geomatikum für drei Stunden die Türen, um den weitgereisten
Uexküll-Forschern und anderen Besuchern die Möglichkeit zu geben das
Archiv zu besichtigen und zu arbeiten. Viele nutzten diese Gelegenheit
auch dazu, Gespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen. Raum und Zeit
wieder einmal die begrenzenden Faktoren waren. Das Symposium endete
aber damit erst am Sonntagabend. Dr. Tobias Cheung aus Paris blieb noch
zwei weitere Tage mein Gast, um seinen Hamburgaufenthalt für Archivarbeit
auszunutzen. Die Beiträge der Tagung werden in einem
Gemeinschaftsprojekt in der Zeitschrift Sign System Studies in Tartu
gedruckt und bei Hamburg University Press online publiziert.
Weitere Infos:
http://www.math.uni-hamburg.de/home/rueting/Projekte.htm
An dieser Stelle möchte ich noch einmal der Carl Christiansen
Stiftung, dem Fachbereich Mathematik, der Blaschke-Stiftung und der
Schimank-Stiftung, die mit ihrer Unterstützung diese Feier und das
Symposium möglich machten, danken. Dank auch an die Abteilung für
Internationale Hochschulbeziehungen und den DAAD, die die Unterkunft
für die Vortragenden aus den Partneruniversitäten finanzierten.
Prof. Dr. Willi Schmidt (Lübeck):
Erinnerungen an das Studium bei Hans Schimank
PD Dr. Karl-Heinrich Wiederkehr:
Kriegsende und mein Studium in Hamburg
Abgeschlossene Doktor-, Diplom- und Studienarbeiten
Neue Habilitationsarbeiten
Neue Doktorarbeiten
Neue Diplom- und Studienarbeiten
Vorträge der MitarbeiterInnen des SPGN
Katrin Cura
Andreas Fuls
Jürgen Gottschalk
Rahlf Hansen
Peter Heering
Stefan Kirschner
Henning Krause
Cornelia Lüdecke
Dr. Felix Lühning (Bremen)
Tanja Mancinelli (München)
Günther Oestmann (Bremen)
Karin Reich
Elena Roussanova
Torsten Rüting
Wolfgang Steinicke
Gudrun Wolfschmidt
Veröffentlichungen der MitarbeiterInnen des IGN
Andreas Fuls
Jürgen Gottschalk
Peter Heering
Christian Hünemörder
Stefan Kirschner
Jürgen W. Koch
Jürgen Kühl
Arndt Latußeck
Cornelia Lüdecke
Rajinder Singh
Günther Oestmann
Karin Reich
Elena Roussanova
Torsten Rüting
Christoph J. Scriba
Wolfgang Steinicke
Jost Weyer
Karl-Heinrich Wiederkehr
Gudrun Wolfschmidt
Exkursionen
Exkursion von Cornelia Lüdecke
Exkursionen von Karin Reich
Exkursionen von Elena Roussanova
Exkursion von Gudrun Wolfschmidt
Exkursionsberichte
Katrin Cura: Bericht über den Besuch des
Forschungsschiffes Gauß am 14. Januar 2004
Frau PD Dr. Cornelia Lüdecke veranstaltete vom 12. bis 16.1.2004 ein
Blockseminar zur Geschichte der Geowissenschaft mit dem Titel:
Entschleierung der Erde - Abenteuer versus Wissenschaft. Im Rahmen
dieser Veranstaltung organisierte sie am 14. Januar einen Besuch des
Forschungsschiff Gauß und ermöglichte den Teilnehmern einen Einblick
in die praktische Forschung in Deutschland. Frau Dr. Lüdecke hat
dieses Schiff in besonderer Erinnerung, da sie 1982 selbst an einer
Forschungsreise teilnahm. Es ist eines der fünf Forschungs-,
Vermessungs- und Wracksuchschiffe des Bundesamtes für Seeschifffahrt
und Hydrographie (BSH), die vor allem im Nord- und Ostseebereich tätig
sind. Das Schiff ist nach dem gleichnamigen Mathematiker Carl
Friedrich Gauß (1777-1855) benannt, dessen Bild in der Offiziersmesse
hängt. Das Schiff ist mit fast 69m Länge und 13m Breite das größte und
der BSH-Flotte und wurde 1980 in Betrieb genommen. Schon bei der
ersten Fahrt war der heutige Kapitän Herr Walde dabei und er kennt das
Schiff wie seine Westentasche. Höchst persönlich zeigte er den
Teilnehmern sein ,,Reich'', erzählte aus dem Alltag und beantwortete
ihre Fragen. Über eine Stunde führte er sie durch die
Forschungslabore, die Kajüten, die Brücke, das Deck und zeigte ihnen
die großen Motoren mit einer Antriebsleistung von 1120kW. Besonders
interessant fanden die fast 2 Meter hohe Sonde, mit der Wasserproben
aus unterschiedlichen Wassertiefen genommen werden können. Insgesamt
hat das Schiff 19 Mann Besatzung, zu dem auch Köche und Stewards
gehören. Oft fahren auch Auszubildende mit, die den Beruf des
Schiffmechanikers lernen, der früher Matrose hieß. Die Crew arbeitet
eng mit den Wissenschaftlern zusammen, die dort Wasseranalysen,
Sediment- oder Wetteruntersuchungen durchführen. Insgesamt können bis
zu 12 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mitfahren, die in
zwei-Personen-Kajüten untergebracht sind. Für die Universitäten und Forschungseinrichtungen des In- und Auslandes ist das Schiff ein
fester Begriff und wird mit seinem eingespielten Team gern gebucht.
Die Fahrten führen meistens in den Nord- und Ostseeraum, aber auch das
Mittelmeer und Grönland gehörten zu den Zielen. Für Seefahrerromantik bleibt dabei wenig Platz. Der Kapitän erzählte, dass sie für Wetteruntersuchungen sogar extra in ein Sturmtief hineinfahren müssen.
So waren sie bei einer Wellenuntersuchung 22m hohen Brechern
ausgesetzt, die das Schiff mit seinen nur 4,6m Tiefgang gehörig
durchschüttelten. ,,Manch einer bekam Angst'', meinte er schmunzelnd.
Auch hätten sie schon Schiffbrüchige aus tosender See gerettet. Da
wundert es nicht, dass alle Geräte an Bord fest mit den Tischen
verschraubt sind und an den Gängen griffbereit die Spucktüten hängen. Die Reisen dauern zwischen einer bis drei Wochen und sind der
Höhepunkt monatelanger Vorbereitungen. Schon der Beginn gleicht einem
Umzug, denn die Forscher bringen ihre eigenen Untersuchungsgeräte auf
das Schiff und müssen sie dort seetauglich befestigen. Manchmal wird
auch ein zusätzlicher Container mit Meßinstrumenten auf das Deck
gesetzt. Eine Forschungsfahrt auf der Ostsee blieb dem Kapitän
unvergesslich, denn nach dem Unfall des Kernreaktors in Tschernobyl
(1986) musste das ganze Schiff und die Besatzung auf Radioaktivität
überprüft werden.
Melanie Rappold: Bericht über die Exkursion zur
Museums-Apotheke in Burg (Schleswig-Holstein) am 20. Juni 2003
Im Rahmen des Seminars zur Geschichte der Chemie: ,,Meilensteine in
der historischen Entwicklung der Chemie'' für Studierende der
Lehrämter wurde am 20. Juni 2003 eine wissenschaftshistorische
Exkursion nach Burg in Dithmarschen zur Besichtigung der historischen
Apotheke im Heimatmuseum von Elena Roussanova veranstaltet. 14.23 Uhr
am 20. Juni 2003 auf Gleis 3 Bahnhof Dammtor sollte die Exkursion
beginnen, aber kaum anders zu erwarten hatte die Deutsche Bahn
Verspätung. Es machte sich ein wenig Sorge bemerkbar, ob wir unsere
Anschlusszüge in Elmshorn und Itzehoe bekommen würden. Komfortabel,
aber mit schlechtem Gewissen und die ,,deutsch-türkische
Freundschaft'' vertiefend, führen wir nach Elmshorn und weiter nach
Burg. Das Heimatmuseum ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Es gibt
nicht nur eine vollständige historische Apotheke aus dem 19.
Jahrhundert zu besichtigen, sondern auch einen Schuster, eine
Sattlerei, einen Zahnarzt und einen Friseur. Man spürt mit wie viel
Liebe, Sorgfalt und persönlichem Engagement das Museum errichtet
wurde.
Katrin Cura: Bericht über die Exkursion zum Liebig-Museum
in Gießen am 12. Juli 2003
2003 war das ,,Jahr der Chemie'' und gleichzeitig feierte man den
200. Geburtstag Justus von Liebig. In diesem Zusammenhang hat die
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) im Mai 2003 das Museum als
,,Historische Stätte der Chemie'' gewürdigt und mit einer Gedenktafel
versehen. Dieses nahm Frau Elena Roussanova zum Anlass, und
organisierte am 12. Juli 2003 mit ihrem Seminar zur Geschichte der
Chemie ,,Meilensteine in der historischen Entwicklung der Chemie''
eine Exkursion zum Liebig-Museum. Mit 12 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern folgte sie einer Einladung des Kurators, Herrn Dr. Hans
von Zerssen. In dem Bibliotheksraum wurden alle bei Kaffee und Keksen
herzlich begrüßt und über das Museum informiert. Anschließend führte
Herr Magnus Mueller durch die Räume.
Martin Kröger und Katja Neumann: Bericht über die
Exkursion am 9. Januar 2004 zur ,,Norddeutschen Affinerie AG''
Im Rahmen der Veranstaltungen zur Chemiegeschichte im Wintersemester
2003/04 war die Besichtigung der Norddeutschen Affinerie AG, des
größten Kupferproduzenten und Herstellers von Gießwalzdraht und
Strangussformaten in Europa, geplant (http://www.na-ag.com).
Unsere Gruppe bestand aus den Teilnehmern zweier Seminare des
Schwerpunktes Geschichte der Naturwissenschaften und deren Dozentin
Elena Roussanova. Wir haben uns am 9. Januar 2004 um 14 Uhr am
S-Bahnhof Veddel getroffen. Dann sind wir gemeinsam mit dem Bus zur
Hovestraße 50 gefahren und gegen 14.30 Uhr wurden wir durch den Leiter
des Dokimasie-Laboratoriums, Herrn Dr. Thomas Kreuscher in den
Seminarräumen begrüßt. Bei einer kleinen Erfrischung konnten wir uns zurücklehnen und bekamen zur Einführung einen audiovisuellen Vortrag über die Gewinnung von Kupfer sowie über die verschiedenen
Arbeitsbereiche der Norddeutschen Affinerie. Nach einer kurzen
Fragestunde und Besichtigung der Ausstellung, sind wir mit
Schutzkleidung (einschließlich Schutzbrille und Helm) ausgestattet
worden. Während der Führung erläuterte man uns die einzelnen
Produktionsbereiche. Ein eigens dafür bereitgestellter Kleinbus
ermöglichte uns den Rundgang in verschiedenen Prozessabschnitten der
Kupfergewinnung auf dem sehr großen Gelände des Werkes. Der Anfang
der Firma reicht in das Jahr 1770 zurück, als Markus Salomon Beit die
Erlaubnis erhalten hat, einen Silberscheid- und Schmelzofen in Hamburg
anzulegen. 1866 wurde die Norddeutsche Affinerie als
Aktiengesellschaft unter Beteiligung der Norddeutschen Bank und der
Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt gegründet.
Die Rohstoffe zur Gewinnung von Kupfer bestehen aus ca. 40% Recyclingmaterialien
und zu 60% aus den von Minen gelieferten Erzkonzentraten (Primärstoff).
Bericht über die Exkursion am 10.10.2003 nach Dortmund
,,Geschichte des Vermessungswesens''
Dortmund verfügt über die größte deutsche Sammlung von Instrumenten zur Geschichte des Vermessungswesens. Die Organisation der Exkursion übernahm der Vermessungsingenieur, Herr Dipl.-Ing. Heinz Jürgen Lagoda (Duisburg), der dem Förderkreis Vermessungstechnisches Museum
vorsteht. Wir besuchten zunächst im Westpark die Fachbibliothek, die
uns Herr Dipl.-Ing. Helmut Mirow schmackhaft machte. Gleich nebenan
konnten wir die Studiensammlung bewundern, die der Öffentlichkeit
nicht zugänglich ist. Diese ist unglaublich interessant und umwerfend
groß, sie umfaßt mehr als 1000 Objekte. Den Abschluß bildete ein Besuch des Kunst- und Stadtmuseums, wo wir von Herrn Dr. Junius durch
die Abteilung Geschichte des Vermessungswesen geführt wurden. Dort
sind alle die Objekte ausgestellt, die nicht nur interessant, sondern
auch optisch sehr vielversprechend sind. Allen drei Herren sei aufs
herzlichste für die große Mühe, die sie sich gegeben haben, gedankt.
Jürgen Gottschalk: Bericht über die Exkursion unter
Leitung von Karin Reich nach Hannover am 5. Februar 2004,
Thema ,,Leibniz''
Die Exkursionsgruppe (11 Teilnehmer vom IGN aus Hamburg) startete um
9.00 Uhr vom Hauptbahnhof Hamburg mit der DB und erreichte Hannover um
11.15 Uhr, wo 3 weitere Teilnehmer von der Uni Göttingen hinzukamen.
In der Niedersächsischen Landesbibliothek (Labi), die u.a. fast den
gesamten Nachlaß (ca. 60.000 Stücke bzw. Texteinheiten mit
unterschiedlichem Blattumfang, davon ca. 15.000 Briefe an und von
ca. 1.200 Briefpartner/n. Etwa 40% sind in Latein, 35% in
Französisch und der Rest überwiegend in Deutsch abgefaßt)des
Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) beherbergt,
wurden wir um 11.30 Uhr von Dr. Siegmund Probst (tätig im
Leibniz-Archiv der Leibniz-Forschungsstelle), Dr. Friedrich Hülsmann
und Frau Dipl.-Bibliothekarin Anke Hölzer (beide tätig in der
Handschriftenabteilung) herzlich empfangen. Dr. Hülsmann und Frau
Hölzer hatten ausgewählte Originalhandschriften zu unterschiedlichen
Themen wie Technik, Berliner Akademiegründung im Jahre 1700,
Monadologie und Konzepte für Ernährungsfragen und
Krankenhauseinrichtungen im Konferenzraum zur Einsichtnahme ausgelegt.
Dr. Probst gab zu den genannten Themen ergänzende Erläuterungen und
berichtete über seine Tätigkeit und Mitarbeit an der Editionsarbeit
für G.W. Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe, Siebente Reihe,
Mathematische Schriften (hauptsächlich die Pariser Jahre 1672-1676),
die im Akademie-Verlag Berlin erscheinen. In dieser Reihe sind bisher
drei Bände im Umfang von ca. je 900 Seiten unter der Leitung von
Prof. Dr. Eberhard Knobloch, Berlin, erschienen.
Impressum
Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
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