Vorträge im Rahmen des Seminars
Montags 18.00 - 19.30 Uhr,
Dr. Ingo Schwarz
(Berlin, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften)
Prof. i.R. Dr. Klaus Glashoff
(Universität Hamburg, FB Mathematik)
Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach
(Universität Hamburg, Medizingeschichte)
Prof. Dr. Alan J. Rocke (Case Western Reserve University,
Cleveland, Ohio)
Dr. Françoise Le Guet Tully
(Nizza, Observatoire de la Côte d'Azur)
Dr. Nils Büttner
(Dortmund, Universität, Fachbereich Kunst)
Prof. Dr. Hermann Hipp (Universität Hamburg, Kunstgeschichte)
Dr. Gerhard Rammer (Göttingen)
Dr. Tilman Sauer (California Institute of Technology, Pasadena)
Prof. Dr. Stefan Kirschner (Universität Hamburg, IGN)
Dr. Wilhelm Füßl (München, Deutsches Museum, Archiv)
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Programmübersicht Kolloquium
Sommersemester 2003
Neuere Forschungen zur Geschichte der
Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
Geomatikum (Bundesstr. 55),
Hörsaal 6 (Erdgeschoß)
Gesamt-Programm zum Ausdrucken
Inhaltsangabe der Vorträge
Alexander von Humboldt und die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Berlin
Über Leibniz' charakteristische Zahlen
Psychiatriekritik und Öffentlichkeit, eine ,,antipsychiatrische Bewegung'' um 1900
Nationalizing Science: Was Chemistry French or German in its Origins?
French institutional astronomy in the 19th century: from creation of the Board of Longitudes [in 1795] to the founding of Nice observatory [in the 1880s]
Weltbild - Kartenbild: Kunst als Kosmographie
Gottfried Semper und Hamburg
Göttinger Physiker nach 1945 - über die Wirkung kollegialer Netze
Hilberts Hamburger Vorträge über ,,Grundsätzliche Fragen der modernen Physik''
Vortrag im Zoologischen Kolloquium in Zusammenarbeit mit dem IGN,
Martin-Luther-King-Platz 3, Großer Hörsaal
Wilhelm Roux (1850-1924) und die kausalanalytische Entwicklungsbiologie
Ab ins Museum! Zur Musealisierung von Wissenschaft und Technik zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Wintersemester 2003/04 (oder später)
PD Dr. Renate
Germer (Universität Hamburg,
FB Kulturgeschichte und Kulturkunde, Ägyptologie)
Frau Prof. Dr. Renate
Rolle (Universität Hamburg, FB Kulturgeschichte und
Kulturkunde, Archäologisches Institut, Vor- und Frühgeschichte)
Skythen
Prof. Dr. Heimo
Reinitzer (Hamburg, Germanistisches Seminar)
Prof. Dr. Lambert
Schmithausen (Universität Hamburg, FB Orientalistik, Indologie)
Dr. Karen
Wonders (Uppsala/Göttingen)
(Diorama von Naturbildern)
Dr. Gisela
Boeck (Universität Rostock, FB Chemie)
Liebigs Spuren in Mecklenburg
Dr. Andreas
Hänel (Museum am Schölerberg, Osnabrück)
(Megalithbauten in Norddeutschland)
Christian Tapp
Dr. Rothe (SUB Hamburg)
.... (Amsterdam)
Burmeister
Katrin Cura
Armin Wirsching
Wer maß zuerst den Erdumfang?
Dr. Silke
Ackermann (British Museum, Curator,
European and Islamic Scientific Instruments)
Katrin
Müller (Hamburg)
Astronomie und Kosmologie im ''Liber Floridus'' (ca. 1120) des Lambert von Saint-Omer: Bilder als Erkenntnismittel.
Dr. Margot
Fuchs (München, Technische Universität,
Historisches Archiv)
Inge Keil (Augsburg)
...
Dr. Ewa Wyka (Jagiellonische Universität
Krakau, Universitätsmuseum)
(Wissenschaftliche Instrumente)
Dr. Kirsten
Bork (...)
Tagungen, Ausstellungen, u.s.w.
Inhaltsangabe der Vorträge
Alexander von Humboldt und die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Berlin.
Alexander von Humboldt liked to call himself ''half an American''
regarding the United States. He knew Thomas Jefferson and James
Madison personally and was a good friend of Albert Gallatin. After
1835, he became a well-informed friend and supporter of many American
diplomats in Berlin, whose respect and admiration he enjoyed. Humboldt
needed the American legation for sending letters of introduction,
books, or questions related to his own researches to the U.S. through
diplomatic channels. Many American visitors came to see the famous
scientist and explorer in Berlin or Potsdam. Often, the American
legation helped in establishing the contacts.
Zu dem Vortrag hat der Redner eine Broschre in der Schriftenreihe
der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften verfasst, die
sich die Teilnehmer gern mitnehmen können.
Über Leibniz' charakteristische Zahlen
Im Rahmen seines Projektes eines ,,calculus universalis'' entwarf
Leibniz Anfang 1679 drei unterschiedliche Modelle der aristotelischen
Logik mit Hilfe von Zahlen. Durch diese von ihm erfundenen
,,charakteristischen Zahlen'' wollte Leibniz die Schlussweisen der
aristotelischen Logik auf rein arithmetische Rechnungen reduzieren. Im
Vortrag zeigen wir genau, wie die drei Modelle untereinander
zusammenhängen bzw. aufeinander aufbauen. Zu diesem Zweck geben
wir drei Kriterien an, die für jedes Modell der aristotelischen
Logik gelten müssen. Zum einen können wir dadurch die
Leibnizschen Definitionen leicht nachvollziehen sowie auch die
Stärken und Schwächen der einzelnen Modelle präzise
beschreiben. Ein Grund für manche Schwierigkeiten mit dem
Verständnis der Leibnizschen charakteristischen Zahlen ist die
von ihm verwendete Nomenklatur. Der problematischen ,,plus/minus'' -
Schreibweise, die in der Vergangenheit manchen Kommentator auf die
falsche Fährte gelockt hat, geben wir eine neue Deutung.
Psychiatriekritik und Öffentlichkeit, eine ,,antipsychiatrische Bewegung'' um 1900
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts gewann im Rahmen eines allgemeinen
Medikalisierungsprozesses die psychiatrische Expertise als
wissenschaftlich legitimierte Aussage über ,,abnormes'' oder
,,normales'' Verhalten zunehmend an Bedeutung. Gegen Ende des
19. Jahrhunderts nahm die Zahl der in die neu erbauten großen
Irrenanstalten eingewiesenen Personen stark zu. Um 1890 formierte sich
eine erste Kritik an der Einweisungspraxis der Psychiater wie auch an
den Entmündigungen von Patienten. Diese Kritik wurde durch
Aufrufe und Berichte in verschiedenen Zeitungen wie auch in eigenen
Publikationen von betroffenen Patienten geäußert. Damit
waren erste Schritte zur Herstellung einer kritischen
Öffentlichkeit und zur inhaltlichen Gestaltung der
,,öffentliche Meinung'' getan. Sehr bald nahmen verschiedene
Länderparlamente wie auch der Reichstag diese Fragen auf; in der
Literatur (Heinrich Mann) und in Theaterstücken erzielte die
Kritik am Verhalten der Psychiater ebenfalls eine beträchtliche
Resonanz. Die ,,Irrenrechtsreformbewegung'' gründete zu Beginn
des 20. Jahrhunderts eine eigene Zeitschrift, die zu einem
Zentralorgan dieser Bewegung wurde, auf die sich die Psychiater zu
reagieren gezwungen sahen. Die sich konturierenden unterschiedlichen
Teilöffentlichkeiten werden dahingehend befragt, ob und inwieweit
sich mit dieser psychiatriekritischen Bewegung eine über die
politischen Grenzen hinausreichende Opposition gegen eine die modernen
Gesellschaften auszeichnende ,,Verwissenschaftlichung des Sozialen''
(L. Raphael) formierte.
Nationalizing Science: Was Chemistry French or German in its Origins?
The French chemist Adolphe Wurtz famously asserted that ,,La chimie
est une science française'', and he tried to justify the claim, inter
alia, by referring to the fundamental work of Lavoisier. Ironically,
one might reasonably argue that leadership in this science had already
by this time (1868) transferred to Germany. In any event, many German
chemists were shocked and appalled to read the sentence; they were
more inclined to believe that such countrymen as Liebig, Wöhler, and
Bunsen had shaped modern chemistry. The speaker will describe and
attempt to analyze the trajectory of the science of chemistry in these
two countries and national communities, over the course of the
nineteenth century.
French institutional astronomy in the 19th century: from creation of the Board of Longitudes [in 1795] to the founding of Nice observatory [in the 1880s]
Institutional astronomy in France underwent a profound change
following the creation of the Bureau des Longitudes in 1795, which was
voted by the Convention as part of the organisation of public
education founded 'on the principles of liberty and of equality'. This
decision, which abolished the position of Director and placed the
Paris Observatory under the administrative supervision of the Bureau
des Longitudes, considerably effected the organisation of astronomy in
France, and of course the Paris Observatory itself.
A further institutional mutation occurred in 1854, as a result of the
1846 prediction of a new planet by Le Verrier in Paris and its
observation by Galle in Berlin. The painful scission between the
Bureau des Longitudes and the Paris Observatory which this entailed
eventually led to a total reorganization of French institutional
astronomy following the military defeat of 1870. The final episode of
this new reorganisation was the founding of an observatory in Nice in
1881, the same year as the inauguration of the new observatory of
Strasbourg.
I shall attempt to place these events in their scientific and political
contexts.
Weltbild - Kartenbild: Kunst als Kosmographie
Als Albrecht Dürer (1471-1528) sich daran machte eine allgemeine
Einführung in die darstellende Geometrie zu verfassen, konstatierte er
einleitend die besondere Bedeutung, die der bildenden Kunst im Kontext
der exakten Wissenschaften zukomme: ,,Dy messung des Ertreichs, des
Wassers vnd der Stern ist verstentlich worden durch die Malerei. Und
es wird den Menschen viel nur durch Illustrationen und Bilder
bekannt.'' Tatsächlich nehmen in den kosmographischen Bildern seiner
Zeit zugleich die Episteme frühneuzeitlicher Kategorien der
Weltbeschreibung und der Ordnung von Wissen Gestalt an. Sie zu
beschreiben ist ein Ziel des Vortrages. Darüber hinaus soll im Rahmen
einer kunsthistorischen Analyse aufgezeigt werden, daß die heute so
vertrauten Grenzen zwischen wissenschaftlicher Illustration, Kunstwerk
und trivialem Bild keine kulturellen Konstanten sind.
Gottfried Semper und Hamburg
Gottfried Semper - nächst Schinkel wohl der wichtigste
deutsche Architekt des 19. Jahrhunderts - wurde am 29.11.1803 in
Hamburg geboren. Aus diesem Anlaß galt es, seine
Auseinandersetzung mit der Freien und Hansestadt - in erster Linie
seine Anteilnahme an den Wiederaufbauplanungen nach dem ,,Großen
Brand'' von 1842 - zu revidieren. Das führte zu Einsichten in
bislang übersehene biographische Details. Daran lassen sich neue
Perspektiven auf die politische Ikonographie seines Werkes sowie auf
die wissenschaftsgeschichtlichen Wurzeln seiner theoretischen
Positionen knüpfen: Möglicherweise ist Sempers bekanntlich
von den zeitgenössischen Naturwissenschaften stark
beeinflußtes Denken auch von frühneuzeitlichen Traditionen
her zu verstehen, ,,als eine Art Topik'', wie er selbst sagte.
Göttinger Physiker nach 1945 - über die Wirkung kollegialer Netze
Nach 1945 war der Forschungsbetrieb in den Physikinstituten der
Universität verschiedenen neuen Einflüssen ausgesetzt:
Forschungskontrolle, personelle Entnazifizierung, Rückkehr von
Emigranten und anderen NS-Verfolgten, Überwindung der
internationalen Isolation und Wiederanschluss an die scientific
community. Am Beispiel der Universität Göttingen wird
gezeigt, wie die deutschen Physiker auf die neuen Rahmenbedingungen
reagierten; wie sie die Fortsetzung ihrer Forschungen aushandelten,
wie sie ihre Kollegen gegen Entlassungen verteidigten, wie sie die
Rückkehr von NS-Verfolgten teils begrüßten, teils
abwehrten, und unter welchen Bedingungen sie die internationalen
Verbindungen wiederherstellten. Bei all diesen Prozessen zeigt sich
die Wirksamkeit von kollegialen Verbindungen der in der NS-Zeit
amtierenden Professoren. Besonders der krasse Unterschied zwischen
einerseits der solidarischen Aufnahme vieler auf Grund der
Entnazifizierung und der neuen Grenzen stellenloser Physiker und
andererseits der vehementen Abwehr eines Wiedergutmachungsfalls ist
auf die während der Diktatur gewachsenen und auch nach 1945
wirksamen kollegialen Bindungen zurückzuführen.
Hilberts Hamburger Vorträge über ,,Grundsätzliche Fragen der modernen Physik''
Im Juli 1923, zwei Jahre nach seinen Vorträgen über die
,,Neubegründung der Mathematik'' und ein halbes Jahr vor dem
Wiederabdruck seiner beiden Mitteilungen über ,,Die Grundlagen
der Physik'', hält Hilbert in Hamburg einen Zyklus von drei
Vortraegen über ,,Grundsaetzliche Fragen der modernen
Physik''. Ein Manuskript dieser Vortragsreihe ist im Göttinger
Hilbert-Archiv vorhanden und gibt eine ungewöhnlich explizite
Darstellung von Hilberts Ansichten über Grundlagenfragen zu
diesem Zeitpunkt. Ich werde versuchen, die Hilbertsche Position in
ihrem historischen Kontext vorzustellen und dabei vor allem auf
Hilberts zugleich eigenwillige und bedenkenswerte Perspektive auf das
von ihm mitinitiierte Programm einer einheitlichen Feldtheorie von
Gravitation und Elektromagnetismus eingehen.
Wilhelm Roux (1850-1924) und die kausalanalytische Entwicklungsbiologie
...
Ab ins Museum! Zur Musealisierung von Wissenschaft und Technik zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Im Jahr 2003 feiert das Deutsche Museum in München sein 100jähriges Bestehen. Mit seiner Gründung wurden auf breiter Basis und quer über alle Fachgebiete Objekte aus Naturwissenschaft und Technik gesammelt. Der Vortrag beleuchtet anhand neuer Quellen die Sammlungskonzeption des Deutschen Museums in den Gründungsjahren und stellt sie den Erwartungen von Wissenschaft und Industrie gegenüber.
Der Referent ist seit 1992 Leiter der Archive des Deutschen Museums. Seine augenblicklichen Arbeitsschwerpunkte sind die Geschichte des Museums, die Erarbeitung einer Biografie zu Oskar von Miller und die wissenschaftliche Fotografie.
wolfschmidt@math.uni-hamburg.de
Letzte Änderung: 2. Juli 2003