Virtueller Stadtrundgang in Hamburg -
Kulturgeschichte, Naturwissenschaft und Technik

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Kleine Einführung in die
Geschichte der Geschiebeforschung (Quartär-Geologie)
am Beispiel des Schulauer Ufers bei Hamburg

Gerhard Schöne

 

Abb. 1  Ansicht des Schulauer Ufers in Richtung Osten, Zustand 2002

Abb. 1 zeigt eine für den Sammler relativ günstige Tidensituation. Im Hintergrund ist der Leuchturm (Unterfeuer) von Hamburg-Wittenbergen zu sehen. Die vom Niedrigwasser jetzt nicht erreichte Fläche unterhalb der Uferbefestigung besteht aus hellgrauem, sehr kalk- und steinreichem Till - die Grundmoräne der Saaleeiszeit. Hier ergibt sich immer wieder die Chance, schöne Geschiebefunde zu machen, über die in Kapitel 4 berichtet wird.



Inhaltsverzeichnis

 

1.         Wo befindet sich das Schulauer Ufer?

2.         Zum Begriff „Geschiebe”

3.         Zur Geschichte des Verständnisses der Eiszeit

3.1       Früheste Vorstellungen (u.a. von Johann Rist, Wedel)

3.2       Die Vorstellungen Johann Wolfgang von Goethes

3.3       Die Protagonisten der Eiszeittheorien

3.4       Der späte Durchbruch in Deutschland

3.5       Moderne Untersuchungen und Erkenntnisse

4.         Wo kann man Geschiebe finden und wie findet man sie am Schulauer Ufer ?

4.1       Artefakte vom Schulauer Ufer

5.         Entwicklung der Literatur über Geschiebe

5.1       Bibliographie der Geschiebe des nordeuropäischen Pleistozäns

5.2       Der „Geschiebe-Browser”

5.3       Bibliographie der Literatur über das Schulauer Ufer

6.         Schlussbemerkungen

7.         Geolologische Begriffserklärungen

8.         Literatur

 

 

(Nach einem Vortrag, gehalten im Geomatikum der Universität Hamburg am 26. April 2004 im Rahmen des Schwerpunktprogramms Geschichte der Naturwissenschaften.)

 

Schöne Gerhard (2005) Kleine Einführung in die Geschichte der Geschiebeforschung am Beispiel des Schulauer Ufers bei Hamburg — Archiv für Geschiebekunde 4 (9): 1-35, 5 Taf., 16 Abb., 3 Tab., Greifswald. ISSN 0936-2967.

 

Abstract:

Wie aus den vielen Veröffentlichungen über das Schulauer Ufer unschwer zu entnehmen ist, haben die Stratigraphie und die Geschiebefunde dieses Fundortes über einen langen Zeitraum dazu beitragen können, das Verständnis der Eiszeiten in dieser Region und für die gesamte norddeutsche Quartär-Geologie wesentlich zu fördern. Im folgenden Artikel wird versucht, die Bedeutung dieses Naturaufschlusses zusammenfassend darzustellen und die Meilensteine des Erkenntnisweges zusammenzutragen. Dazu wird ein weiter Bogen geschlagen von der „Aufklärung bis zur Informatik” sowie vom „Präkambrium bis zur Steinzeit”. Es werden die Vorstellungen des berühmten Dichters und Wedeler Pastors Johann Rist und anderer früher Naturbeobachter über die überall im Lande verstreuten großen Steine (später Findlinge genannt) ebenso erläutert wie geologische Deutungen der Forschung vergangener Jahrhunderte. Anhand typischer Fundstücke vom Schulauer Ufer wird exemplarisch gezeigt, dass an diesem ehemals aktiven Kliff ca. 1,8 Milliarden Jahre alte Fundstücke des Präkambriums von Finnland, bis ca. 20 Millionen Jahre „junge” Gesteine des Miozäns aus Ostholstein aber auch Artefakte des Paläolithikums und der Neuzeit direkt beieinander liegen können. Den Bogen zur Informatik spannen die bibliographischen Arbeiten des Autors und von Tobias Schöne. Dievom Autor fortgeführte „Bibliographie der Geschiebe” umfasst inzwischen ca. 13000 Zitationen.  Um sich darin zurecht zu finden bzw. um sehr schnell Artikel zu einem bestimmten Thema, Gestein, Fossil oder Fundort extrahieren zu können, ist ein „Geschiebebrowser” vom letzteren programmiert worden, der in kürzester Zeit, wie bei einer Suche im Internet, diese Recherchierarbeit verrichtet. Schließlich wird eine kleine Bibliographie zur Geologie des Schulauer Ufers vorgestellt. Sie enthält derzeit 66 Zitationen.

 

(*) Gerhard Schöne, c/o (Archiv für Geschiebekunde
am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum der Universität Hamburg)
,
Bundesstraße 55, D-20146 Hamburg.

 

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1. Wo befindet sich das Schulauer Ufer?

 

Das Schulauer Ufer liegt an der Ostseite der Unterelbe flußabwärts Hamburgs. Es reicht von Wedel in Holstein nach Südosten bis zum Leuchtturm (Unterfeuer) in Hamburg-Wittenbergen, so wie es Oskar Zeise 1889 beschreibt:

 

" Das Schulauer Steilufer zieht sich, nur stellenweise mit Vegetation bedeckt, vom Orte Schulau, wo die diluviale [Geest-]Hochfläche nach Westen hin zur Elbmarsch abbricht, 3,5 km elbaufwärts bis nach Wittenbergen hin."

 

Die Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg trennt das Schulauer Ufer politisch. Leider ist durch die Bebauung in Wedel/Holstein (ehemalige Erdölraffinerie der Deutschen Vacuum Oel Aktiengesellschaft Hamburg und Hamburger Elektrizitätswerke) und durch die Küstenschutzmaßnahmen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts das ehemals aktive Kliff vollständig befestigt worden. Dem Geologen oder Sammler steht deshalb heute nur noch eine kleine Restfläche unterhalb des Leuchtturms (Oberfeuers) von Tinsdal zur Verfügung, die man bei Niedrigwasser nur ca. zwei von sechs Stunden lang betreten kann.

 

Über die landschaftliche Schönheit dieses Ufers und in Vorahnung späterer Bebauung schrieb Richard Linde 1924 in seiner Monographie „Die Niederelbe” auf Seite 106 die folgenden Zeilen:

 

„Bei Wittenbergen tritt die eiszeitliche Grundmoräne unmittelbar an den Strom und begleitet ihn in steilem Abfall bis Schulau, von den Wellen überspült, von Jahr zu Jahr mehr abbröckelnd, mit weitem Schotter, zerlapptem Uferrande, eingebetteten Moorflächen, das genaue Gegenbild des Brothener Ostseeufers bei Travemünde. Es wäre wahrhaftig schade, wenn diese malerische und zugleich so lehrreiche Uferstrecke in ihrer wundervollen Unberührtheit industriellen Anlagen zum Opfer fallen sollte.”

 

Wedel ist auch noch heute ein schöner Ausgangspunkt für ausgiebige Spaziergänge an der Grenze zwischen Geest und Elbmarsch. Eine naturräumlich-geologische Beschreibung findet sich bei Gertz 1985. Die exponierte Lage des Schulauer Kliffs nahe der Fahrrinne in der Elbe war zudem Anlass für die Inbetriebnahme der weltweit einzigen Schiffsbegrüßungsanlage am Willkomm Höft in Wedel.

 

Über den heutigen Zustand der Uferstreckeund zu Fundmöglichkeiten und Funden hat der Autor dieses Artikels mehrere kleine Artikel z. B. in der in Hamburg / Greifswald erscheinenden Zeitschrift „Geschiebekunde aktuell” verfasst (siehe Literaturanhang). Insbesondere in Schöne 2004 ist eine große Zahl von Literatur-Zitaten über die Region zusammen getragen worden.

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2. Zum Begriff „Geschiebe”

 

Bei geologisch weniger interessierten Menschen bemerkt man im Gespräch oft ein Erstaunen über diesen Begriff. Im süddeutschen und alpinen Sprachgebrauch sind mit „Geschiebe” meist „Gerölle” gemeint, wie sie ein Gebirgsfluss ins Tal befördert. In der Wasserwirtschaft wird damit jeglicher Transport fester Stoffe in einem Fluss benannt. Die Bundesanstalt für Wasserbau untersucht z.B. den Geschiebetransport durch den Ebbe- und Flutstrom in der Unterelbe durch Ermittlung der sogen. Tidekennwerte, während die Abwasserbranche darunter besonders die unerwünschten am Boden von Abwasserleitungen sich ablagernden Feststoffe versteht. Sucht man im Internet nach diesem Begriff, trifft man häufig auf Artikel aus dem Dentalbereich. Unter Geschiebe wird dort eine anspruchsvolle Technik zur Fixierung von Zahnprothesen verstanden.

 

Das Geologische Wörterbuch von Murawski & Meyer unterscheidet jedoch sehr genau zwischen „Flussgeschiebe” und „Geschiebe”. Es gilt hier die Definition von Credner 1879, wonach Geschiebe auf Gletschereistransport begrenzt ist. Dabei kann es sich um große Findlinge, wie den 217 Tonnen schweren "Alten Schweden" aus der Elbe in Hamburg-Övelgönne handeln oder um kleinste Tonpartikel in einem Geschiebemergel, aber auch um große Gesteinsschollen, die vom Gletscher aus dem Untergrund herausgerissen und über weite Strecken verlagert worden sind.

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3.         Zur Geschichte des Verständnisses der Eiszeit

3.1      Früheste Vorstellungen

 

Erster Schwerpunkt dieses Beitrags ist der Versuch, sich in die Gedankenwelt der beginnenden Neuzeit zu versetzen und Stück für Stück den Erkenntnisweg nachzuzeichnen, den unsere Altvorderen bis heute gehen mussten, um die Dramatik der eiszeitlichen Gletschervorstöße in unsere heutige Landschaft und Umgebung zu verstehen. Dabei werden wir oft auf das Schulauer Ufer bzw. den westlichen Teil Hamburgs treffen.


Die Gedankenwelt der Menschen der frühen Neuzeit war selbstverständlich von der Genesis, dem Schöpfungsbericht des ersten Buches Mose bestimmt. Da diese Schöpfungsgeschichte nicht so detailliert ist, wie wir es aus heutigen literarischen Texten gewöhnt sind, blieb den Menschen viel Raum zu eigenen Fragestellungen, Gedankengängen und Interpretationen. Die Vorstellungen basierten aber immer auf dem göttlichen, singulären Schöpfungsakt.  Wegen der Verfehlungen der Menschen soll es im Anschluß an die Schöpfung zu einer Sintflut (Sindflut, Sündflut) gekommen sein, wie das Alte Testament berichtet. Die bot sich zur Erklärung mancher Naturerscheinungen an. Beginnen wir aber mit einem relativ natürlichen Erklärungsversuch dieser Zeit.

 

Saxo Grammaticus, altdänischer Geschichtsschreiber, schrieb Anfang des 13. Jahrhunderts (1514 in der Ausgabe von Christian Petersen im Band Historiae Danicae libri 16 vollständig wiedergegeben) sinngemäß, dass

 

„ ... nur Riesen oder wenigstens Männer mit ganz ungewöhnlichen Körperkräften die in Dänemark zu findenden großen Felsblöcke herbeigeschafft haben können.”

 

Hier wurde der „Hüne” als einzig möglicher Transporteur solcher Naturrelikte zur Erklärung herangezogen. Ebenso wie für Johannes Piccardt (bzw. Picardt) 1660 nur vorstellbar war, dass Riesen die Steinbetten gebaut hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 2       Früheste Vorstellungen über die Entstehung der „Hünenbetten”

(Hucke 1940)

 

Bei der Würdigung der Gedankengänge unserer Vorfahren kommen nun erstmals die Stadt und die Umgebung von Wedel mit dem Schulauer Ufer ins Spiel.

 

Im gleichen Zeitraum, als Johannes Piccardt sein Werk verfasst hat, vor und nach dem Dreißigjährigen Krieg, lebte und wirkte in Wedel der Pfarrer, Arzt und Barockdichter Johann Rist. Geboren wurde er am 08. März 1607 in Ottensen bei Altona. Er starb am 31. August 1667 in Wedel. Wegen seiner literarischen Erfolge wurde er vom Kaiser 1653 geadelt und zum Hof-Pfalzgrafen und Fürstlichen Durchleuchtigkeit zu Mecklenburg bestelter Raht ernannt, ein weithin bekannter und gekrönter Dichter also. Er schrieb über 650 geistliche und 120 weltliche Gedichte bzw. Lieder, ferner sind 30 Schauspiele und 6 Bände seiner Monatsgespräche überliefert. Einige seiner Lieder sind noch heute im Evangelisch-Lutherischen Gesangbuch zu entdecken z. B. aus den Jahren 1641 bzw. 1642: "Ermuntre dich, mein schwacher Geist" und "O Ewigkeit, du Donnerwort". Viele davon hat er an seinem „Neuen Teutschen Parnass”, auf dem Geländesporn, der in Wedel-Schulau in die Elbe ragt, zusammen mit Freunden erprobt und gesungen.

 



Abb. 3        Barocke Kunst vom Schulauer Ufer (Dürkob 2000)

 

1656 gründet Rist eine Sprachgesellschaft, den „Elbschwanenorden”. Aus den zahlreichen Gesprächen dieser Gesellschaft in seinem „Poetischen-Lustgarten” in Wedel entwickelt er ab 1663 die Monatsgespräche. „Die Presse feiert ihn als den Erfinder der Monatszeitschrift als solche.” schreibt Heinz Kegel, der Wedeler Organist unserer Zeit. Seine kurze biographische Zusammenstellung über Johann Rist ist in der Stadtbücherei in Wedel erhältlich.

 

Auch wegen seiner breit gefächerten Interessen und seiner Fähigkeiten bei der Naturbeobachtung sollten wir Nachgeborenen uns hüten, Johann Rist zu unterschätzen - er muss als Universalgelehrter mit umfangreichem Wissen gelten.

 

Die Pflanzenheilkunde erlernte er vom Vater, der ebenfalls Pfarrer war. An der Universität Rostock hat er neben Latein, Griechisch und Hebräisch auch Botanik, Mathematik und Mechanik studiert. Sein Hauptstudium war aber die Arzneiwissenschaft. Danach studiert er in Rinteln Theologie und übernimmt auf Drängen des Schauenburger (Schaumburger) Grafen Jobst Hermann das Wedeler Pfarramt im Jahre 1635.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abb. 4       Johann Rist (1607 - 1667) (Kegel 1997)

 

Erst in seinen letzten Lebensjahren beginnt er die Monatsgespräche aufzuschreiben. Das sechste, für unsere Thematik relevante, 1668 ein Jahr nach seinem Tod erschienene Buch trägt den Titel: Die Alleredelste Zeit-Verkürtzung und ist in Franckfurt an dem Mayn erschienen. Hieraus ist über seine naturkundlichen Interessen manches zu entnehmen. Er besaß eine umfangreiche Sammlung optischer Instrumente und er hatte „... dieses sein Stübelein zu einer trefflichen Camera obscura [gemacht] ... worinn die Bilder nicht nur auff dem Kopfe / sondern auch auffrecht auff den Füssen gehen. ... Weiter sahen sie daselbst allerhand Ertz und Mineralische Sachen / mancherlei Steine / edle und unedle / Magneten / Perlen ... vielerhand Corallen-Zweige ... Perlemutter ... Stücke vom Einhorn ... etliche gedrehete Kunststücklein von Helffebein / Börnstein / Schild Kröhte ...”

 

Vieles sind Sammelobjekte, wie die damals dem Einhorn zugeschriebenen Donnerkeile, die noch heute das Ziel manches Fossilien- und Mineraliensammlers sind. Sicher sind darunter auch viele Geschiebe gewesen. Dieser Begriff war Rist natürlich nicht bekannt und auch die Bedeutung von Fossilien nicht, denn erst 1669 wird der in Kopenhagen geborene Theologe, Mediziner und Naturforscher Nicolaus Steno (Nils Stensen) seine fortschrittlichen Erkenntnisse niederschreiben.

 

[Steno formulierte das „Lagerungsgesetz”, die Grundlage der heutigen Stratigraphie, wonach das Liegende einer Schicht älter ist und das Hangende jünger, wie es die Bergmannssprache formuliert. Er erkannte ferner, dass Fossilien Überreste von einst lebenden Organismen sind. Weiter entdeckt er das „Winkelkonstanzgesetz“ bei Kristallen. Wegen seines religiösen Lebenswerks ist er von der Katholischen Kirche zum Heiligen erhoben worden. Wenn es in den Geowissenschaften Ähnliches gäbe, wäre er ein sicherer Kandidat.]

 

Aber wie dachte und was wusste Rist über die großen Steine? Lassen wir ihn selbst berichten:

 

Hinter meinem Norder-Garten / liegt ein kleines Höltzlein / der Wyde geheißen / hinter diesem Wäldlein / war noch für etlichen Jahren ein ziemlich grosser / runder Platz / der Riesenkampf genennet ... Dieser Riesenkampf war rund umher besetzet mit grossen Steinen / welche / wie eine starcke Maur waren anzusehen. ... Fast in der Mitte dieses Riesenkampfes / lag ein überauß grosser Stein / fast wie ein kleines Hauß ... Dieser erschreckliche grosse Stein / hatte vier Absätze oder Stiegen /  die gleichwol nur grob waren ausgehauen / man nennete ihn der Riesen Opferstein / und sahe er recht oben ... nicht anders auß / als wann er natürlich mit Blut und Gehirn durch einander wäre bestrichen oder besprenget / und dieweil dieses eine so treffliche Antiquität / habe ich in Sommerzeiten / mit den Meinigen /  manche Abendmahlzeit auff diesem Heydnischen Altar gehalten ... da wir dan nach vollbrachter Malzeit auff diesem Heydnischen Altar / (da unsere Vorfahren dem leidigen Teufel hatten gedienet und geopfert / ja wol Menschen geschlachtet) mit schönen geistlichen Liedern und Lobgesängen / den wahren Gott und eintzigen Schöpfer Himmels und der Erden / hertzlich pflegen zu preisen.”  

 

Heute könnten wir Rist vielleicht bei den Biotop- und Geotop-Schützern wiederfinden, denn er hat die Zerstörung dieses Großgeschiebes mit folgenden Worten bedauert:

 

„Es war dazumahl einer an diesem Orte / der ziemlich viel zu sagen hatte: Dieser verwüstete die Holtzung über die masse sehr / und ließ die allerschönste Eichbäume herunter hauen ... Damit aber die Fällung dieser schönen / alten und grossen Bäume / ihme nicht gar zu böse Nachrede möchte verursachen / hat er denjenigen / welche nahe bey dem Riesen-Kampe / ihre Acker liegen hatten / den Anschlag gegeben / sie solten die grosse Steine alle unter die Erde sencken / so könten sie hernach einen trefflichen schönen KornAcker darauß machen ... blieb also von dieser fürtrefflichen Antiquität nichts übrig / als der grosse Altar Stein ... Er lag auch noch etliche Jahre / biß der höchstverderbliche Krieg zwischen Dennemarck und Schweden [1643-1644] angieng / da wir uns / wegen gar zu grosser Unsicherheit / eine zeitlang in dem benachbartem Hamburg musten auffhalten. Als ich nun wieder herauß kam / da sahe ich mit höhester Verwunderung / das sie auch diesen mächtigen Stein hätten versencket / und ihn unter die Erde kriechen gelehret ... Ist also diese wohl sehenswürdige / seltene Antiquität zu Grund auß ruiniret und verderbet ...”


Eine sehr verbreitete Ansicht war zur damaligen Zeit, dass der Teufel bei den großen Steinen mit im Spiel war. Alte Sagen erzählen (z.B. über den Teufelsstein von Gettorf im Landkreis Rendsburg-Eckernförde) der Teufel habe sich über den Bau von Kirchen geärgert und erfolglos versucht, die Findlinge auf Kirchenbauten zu werfen.

 

[Die mythologische Bedeutung von Teufels- bzw. Teufel-Steinen wird auch durch die Kaerlein-Bibliographie (s. Kap. 5.1) deutlich. Dort taucht der Begriff in 34 Literaturstellen auf.]

 

Es war aber auch die Zeit der ehrenwerten und gründlichen Versuche einiger Kirchenmänner und Gelehrter, die Naturerkenntnisse der Aufklärung und die eigenen Beobachtungen mit den Denkvorgaben in Einklang zu bringen, die durch das Alte Testament damals unumstößlich vorlagen. Die folgenden beiden Autoren belegen dies auf ganz unterschiedliche Weise.

 

Capitän von Arenswald [auch Ahrenswald] aus Neuenkirchen bei Anklam formuliert 1775 in seiner Geschichte der pommerischen und mecklenburgischen Versteinerungen erstmals eine Fluttheorie zur Deutung der Herkunft der erratischen Blöcke. Er leitet seinen Artikel mit folgenden Sätzen ein:

 

„Die pommerischen und mecklenburgischen Versteinerungen, sind sich fast völlig gleich, und größtentheils, wo nicht gar insgesamt, Geschiebe, nämlich solche versteinerte Körper, welche sich in Steinen befinden, die in diesen Landen nicht eigentlich zu Hause gehören, sondern durch vormahlige Ueberschwemmungen dieser Länder, aus anderen Gegenden hierher geworfen sind.” Später heißt es: „Denn wenn man ohngefähr Fußtief gräbt, und auf eine gnittige Erdart kommt ... so trift man in der Tiefe von etlichen Füssen, Trümmer von versteinerten Schnecken, Muscheln und Corallgewächsen ...”

 

Es folgt eine sehr interessante und plausible Definition zum Geschiebe:

 

„... es ist fast gar kein gespaltenes Stück Stein, in der ruhigen Lage von etlichen Fußen unter der Dammerde zu finden, welches auf ein anderes daherum befindliches Steinstück, auf dem Bruche also passet, daß man daraus erkennen könnte, das eine und andere Stück habe vor diesen ein Ganzes miteinander ausgemacht. Alles ist Trümmer, wo keines zum anderen gehöret. ... Sie also sind Geschiebe ...”

 

Und über das vermutete Herkunftsgebiet heißt es weiter:

 

Das sicherste Merkmal, daß Steine sich annoch an ihrem Entstehungsorte befinden, ist, wenn sie ganze Felsen sind. Diese aber sind so wenig in Mecklenburg als Pommern, ja von Beträchtlichkeit nicht einmal in den zunächst daran gränzenden Ländern, wohl aber in den schwedischen Landen in großer Menge, welche gegen unsere Länder über, hinter der Ostsee liegen.”

 

Das Erste Stück dieser Abhandlung ist 2004 in der Zeitschrift Geschiebekunde aktuell [Band 20 (1): S. 23-30] erneut abgedruckt worden.

 

Das war ein ganz großer Schritt vorwärts auf dem Weg zum Verständnis der Eiszeit, ein Begriff, den möglicherweise erstmals von Goethe verwendet hat (siehe von Engelhardt 1999). Die im Untergrund (in der Grundmoräne) befindlichen Gesteine entstammen keinem anstehenden Gebirge, sondern sind fremden Ursprungs, und das Material kam von Norden in unsere Gebiete.

 


Eine ganz abwegige aber nicht uninteressante Erklärung fand Johann Esaias Silberschlag, Königlich Preußischer Oberconsistorial- und Oberbaurath 1780 auf die mit heutigen Worten formulierte Fragestellung: Woher kommen die kleinen und großen Steine, die sich in einigen unserer Jungmoränengebiete rings um die Sölle, den wassergefüllten Hohlformen in der Landschaft befinden?

 

Heute weiß man, dass es sich bei den Söllen, z.B. in Ostholstein und Mecklenburg-Vorpommern, um Toteislöcher (siehe Begriffserläuterungen) aus der letzten Eiszeit handelt  und dass in manchen Gebieten seit Jahrhunderten die Feldsteine von den Bauern aufgelesen und zumindest in die Nähe der Sölle gebracht, wenn nicht gleich hineingeworfen wurden. Obwohl die heutigen Restbestände an derartigen Wasserlöchern in der hügeligen Feldmark unter Naturschutz stehen, ist immer wieder festzustellen, dass diese Zeugen verschwinden. Sie fallen der modernen landwirtschaftlichen Betriebsweise mit ihren riesigen Maschinen zum Opfer.

 

 Silberschlag stellte sich die Frage: Wie ist die Erzeugung der Feldsteine und des Sandes zu erklären? Nach einer Beobachtung auf dem Landgut des Grafen Kameke zu Prötzel berichtet er wie folgt.

 

Bey Besuchung der dortigen angenehmen Fluren entdeckte ich hin und wieder wahre Craters, nur nicht von Vulkanen, rings um denselben lagen zunächst Steinklumpen mehr denn 30 Centner schwer, auf diesen folgeten rund herum kleine Feldsteine, diese waren wieder umringet mit Kieselsteinen, und immer folgten kleinere Steine auf größere, endlich verlor sich dieses Steintheater in gemeinen Sand.

 

Er nimmt die Beobachtung solcher „Craters” sehr erst, denn aus diesen Löchern sollen der Sand und die Feldsteine herausgeschleudert worden sein, durch eine „unterirdische elastische Kraft ... ein schleuniger Ausbruch eines schnell entstandenen unterirdischen Feuers”. Der Autor hat damit eine sehr eigenwillige Lösung gefunden, die vom Plutonismus beeinflusst ist. Zur damaligen Zeit war nämlich ein Theorie-Streit zwischen den sog. Neptunisten und den Plutonisten entstanden. Die Neptunisten erklärten zu ihrer Zeit, dass alles Gestein auf der Erde aus wässriger Lösung stammt, während die Plutonisten die Entstehung der Gebirge allein dem Feuer der Vulkane zuschrieben. Die Ausbrüche waren, so Silberschlag, „von ganz kurzer Dauer und ereigneten sich am dritten Schöpfungstage, als das Erdreich bereits entstanden, aber noch nicht mit Pflanzen bedeckt war.”

 

Auch über den Zeitpunkt der Sintflut hatte er sehr genaue Vorstellungen und entwarf sogar eine detailreiche Zeichnung der Arche Noahs mit allen erforderlichen Ställen fürs Getier. Der Geschiebeforscher Kurt Hucke hat sich 1940 die Mühe gemacht, in seinem Werk Kindheitstage der Diluvialgeologie die Arbeit von Silberschlag ausführlich zu erläutern.

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3.2 Die Vorstellungen Johann Wolfgang von Goethes

 

Mit Johann Wolfgang von Goethe aber werden diese Kindheitstage verlassen. Er hatte vom Landesherren von Sachsen-Weimar nicht nur die Zuständigkeit für das Bergwerkswesen und den Wegebau übertragen bekommen, sondern hat zahlreiche Bergwerke, z.B. den Rammelsberg (heute Weltkulturerbe Rammelsberg und Goslar) besucht und geologisch-mineralogische Abhandlungen geschrieben. Auf Grund eigener Beobachtungen wusste er, dass einige der aufgefundenen Granite nicht „hiesigen Ursprungs” sein konnten. Er erhielt auch von vielfältiger Seite Gesteins- und Mineralproben zugesandt, die seine Sammlung ständig vergrößerten. 1820 bedankt er sich bei seinem Kammerherrn C. A. von Preen für dessen Brief vom 08.04. und die zuvor aus Rostock erhaltenen „... Urgebirgsblöcke ...” und bemerkt dazu: „... über ganz Thüringen sind dergleichen ausgesät ... ”

 

Schon 1786 - 49 Jahre vor dem berühmten schottischen Geologen Charles Lyell - vertritt er zu den erratischen Blöcken aus Granit, die ihm im Thüringer Becken auffielen, folgende Auffassungen: Die Geschiebe wurden „... auf Eistafeln schwimmend von Skandinavien nach Norddeutschland verfrachtet.” Später dann: ... Die Ähnlichkeit mit den nordisch überseeischen Felsgebilden ist allzu auffallend ...”

 

Zumindest ein Fall überforderte die Vorstellungskraft Goethes, was bei der Größe des Steins verzeihlich ist:

 

Man mache mir aber nicht weis, daß die in den Oderbrüchen liegenden Gesteine, daß der Markgrafenstein bei Fürstenwalde weit hergekommen sei. ... Der nunmehr zu einem bedeutenden Kunstwerk verarbeitete Landgrafenstein (sic!) gibt uns das sicherste Zeugnis, dass es in dem nördlichen Deutschland am Urgebirg nicht fehlte.”

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 5       Spaltung des Markgrafensteins bei Fürstenwalde (Spree)

                   [aus: Der Bär Illustrirte Wochenschrift 10 (1884): S. 112, Berlin.]

 

Heute noch kann man in den Rauenschen Bergen den Kleinen und die Reste des Großen Markgrafensteins finden (beide waren ursprünglich eins). Der größere Teil wurde 1827-1828 (siehe Gohlke 1996 u. Zwenger 2000) zur imposanten Granitschale umgestaltet und liegt nun vor dem Neuen Museum auf der Museumsinsel in Berlin-Mitte. Der vom Großen verbliebene Rest ist immerhin noch fast so gewaltig, wie Der Alte Schwede an der Elbe. Aktuelle Würdigungen der Leistungen Goethes bei der Erklärung der Eiszeit sind bei den Autoren Cameron 1965 und von Engelhardt 1999 nachzulesen.

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3.3      Die Protagonisten der Eiszeittheorien

 

Die etablierte Wissenschaft jedoch trug besonders in Deutschland lange Zeit Scheuklappen. Während der Schotte John Playfair 1802 bereits die Meinung vertritt, dass die erratischen Blöcke durch Gletscher transportiert wurden, kursieren zusätzlich noch Versionen einer Fluttheorie:

 

So schreibt Leopold von Buch 1815 über die Verbreitung großer Alpengeschiebe und äußert eine Schlammfluttheorie. Jean de Charpentier berichtet demgegenüber 1815 über ein erhellendes Gespräch mit einem schweizer Bergbauern. Solchen Naturbeobachtern in den Alpen war schon längst klar, dass unten im Tal liegende Fremdgesteine vom Gletscher dort oben heruntergebracht worden sein müssen. Für sie war es kein Problem zu denken, dass der heimatliche Gletscher in alter Zeit erheblich länger gewesen sein muss. Die früheren Ausmaße des Rhone-Gletschers kann man noch heute bestaunen. So berichtet Frederikus Jacobus Faber 1967 über ein riesiges Geschiebe südlich Lyon (Faber 1967).

 

1827 führt Leopold von Buch den Begriff der Rollsteinfluth ein:

 

Es ist von der Mitte der Alpen her durch die Alpenthäler eine ungeheure Fluth ausgebrochen, welche die Trümmer der Alpengipfel ... verbreitet hat.”

 

Schon 1832, also 43 Jahre vor Otto Torell (siehe nächstes Kap.), hat A. Bernhardi, Professor an der Forstacademie Dreißigacker bei Meiningen, in einem kaum beachteten Artikel bereits unmissverständlich folgende Annahme vertreten:

 

„... daß einst das Polareis bis an die südlichste Grenze des Landstriches reichte, welcher jetzt von jenen Felstrümmern bedeckt wird ...”

 

1836 berichtet der Schwede Nils Gabriel Sefström „Über die Spuren einer sehr großen urweltlichen Fluth” und 1838 über „die auf den Felsen Skandinaviens in bestimmter Richtung vorhandenen Furchen”. [Leopold von Buch lehnt 1838 jedoch Sefströms Annahme ab, die Rollsteinflut habe sich von Skandinavien bis auf die Südhalbkugel erstreckt und mißt der Geschiebeforschung größere Bedeutung bei, als der Erforschung von „Ritzen” und „Riefen” (zitiert aus Wagenbreth 1960).]

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Eine geologische Autorität von europäischem Rang besucht das Schulauer Ufer !

 

Während in Deutschland von Buch den wissenschaftlichen Ton in der Geologie angibt, ist es in Großbritannien der schottische Geologe Charles Lyell. Er entwickelt das Aktualitätsprinzip, wonach man von den heute zu beobachtenden Erscheinungen und ihren Prozessen auf dieselben Prozesse bei vergleichbaren Erscheinungen der geologische Vergangenheit schließen kann.

 

Auf einer Reise nach Skandinavien macht Lyell 1835 Zwischenstation am Schulauer Ufer. Er sammelt Gesteine und Fossilien und entdeckt dort die später als Eem-Interglazial bezeichnete Torf-Schicht. (Zustand des Kliffs um 1911 und 1932 siehe Abb. 8 bzw. 9)

 

Diese organische Zwischenschicht lagert zwischen Wedel und Hamburg-Wittenbergen weitgehend ungestört, während sie weiter elbaufwärts gestaucht und steilgestellt und nur noch durch Bohrungen nachzuweisen ist. Lange Zeit war das Torfband aufgefasst worden als warmzeitlich entstandene Trennschicht zwischen einem „unteren“ und einem „oberen Geschiebemergel“ (petrographische Bezeichnung einer Grundmoräne = engl. Till).  Den unteren Mergel ordnete man korrekt der Saale-Eiszeit zu (früher als Riß-Eiszeit bezeichnet), den oberen aber der letzten, der Weichsel(bzw. Würm)-Eiszeit. Heute weiß man, dass das Material oberhalb dieser Schicht durch Frostbodengleiten (Solifluktion) transportiert wurde und ebenfalls saalezeitlichen, drenthestadialen Ursprungs ist. Wegen des späteren Ausbaus des Otto-Schokoll-Elbhöhenwanderweges liegt dieser einmalige Geotop nun nicht mehr frei (die geologische Bedeutung wurde missachtet !!). Um letzte letzte Spuren zu bestaunen, lohnt sich der Besuch der Geologischen Abteilung des Altonaer Museums. Dort ist ein großes Lackfilm-Präparat (Voigt 1936+1938) des vor Ort nicht mehr zugänglichen Eem-Torfs vom Schulauer Ufer zu bewundern.

 

Für die norddeutschen Geologen war diese Entdeckung von großer Bedeutung und das Ufer über viele Jahre, von großer Anziehungskraft. Ludewig Meyn in Kiel berichtet schon 1859 über Dolomitgeschiebe in Holstein und erkennt bei der „... Vergleichung der reichhaltigen Funde in Schulau mit denen in Groningen ...” die große Verwandtschaft der Ablagerungen. Karl Gripp schreibt 1964 in seiner Erdgeschichte von Schleswig-Holstein:

 

„Die schönsten Aufschlüsse der Rißgrundmoräne lieferte für über hundert Jahre geologischer Forschung das Elbufer bei Schulau.”

 

Trotz dieser Entdeckungen und der zukunftsweisenden Erkenntnisse anderer Forscher kreiert Charles Lyell im selben Jahr 1835 die Drifttheorie. Nach seiner Auffassung sind schwimmende Eisberge mit ihrer steinigen Fracht von Skandinavien bis in unseren norddeutschen Raum gedriftet. Diese letztlich wieder von der Sintflut geprägte Auffassung hatte sich später besonders hartnäckig gehalten, weil Lyell in Europa höchste Anerkennung genoss und weil es tatsächlich auch diese Art der Steintransporte durch Eisberge gab und noch immer gibt.

 

Abb. 6 Louis Agassiz (1807-1877)

(aus: Kaiser 1975)

 

Louis Agassiz, ein Erforscher fossiler Fische, hatte durch Vermittlung von Alexander von Humboldt eine Stelle als Lehrer und Leiter des Museums für Naturgeschichte in Neuchâtel angenommen. Neuchâtel war damals noch preußisch, der letzte Kanton der Schweiz unter fremder Herrschaft. Er entdeckte auf seinen Exkursionen nicht nur scharfkantige und gekritzte Geschiebe, Gletscherschliffe und -schrammen an Talflanken und verschiedene Moränentypen, sondern er fand Geschiebe auf und - von den Alpen aus betrachtet - hinter dem Schweizer Jura. Dank seiner gründlichen Beobachtungen ist er der erste gewesen, der alle wesentlichen glaziären und glazigenen Erscheinungen in den Alpen erklärt und in eine, dem heutigen Kenntnisstand weitgehend entsprechende Theorie der nordischen Herkunft der Geschiebe umgesetzt hat.

 

In einem Vortrag von 1837 vor den wissenschaftlichen Größen seiner Zeit vertritt er die These, die Gletscher seien „von Skandinavien über die Alpen bis in den Mittelmeer-Raum” gekommen. Damit erkennt er und überschätzt aber zugleich die Bedeutung der nordischen Gletscher.  Mit dieser für Charles Lyell absurden Idee hat er sich lange Zeit im wissenschaftlichen Abseits befunden, bis ein Polarforscher einen großartigen Beweis für die Mächtigkeit und Macht der Gletscher in der Arktis fand.


Elisha Kent Kane wird beauftragt, den in der Arktis verschollenen Forscher Sir John Franklin und seine Mannschaft zu finden, sei es tot oder lebendig. Es wird für alle eine lebensbedrohliche und unfreiwillige Expedition über zwei arktische Winter von 1853 bis 1855, die Kane trotz seines Entdeckerruhms noch mit seiner Gesundheit und am Ende mit dem Leben teuer bezahlen muss. Wenn man davon ausgeht, dass alle Welt damals noch nördlich von Grönland kein ganzjähriges ewiges Eis sondern offene See vermutete, muss es für die Expeditionsmitglieder von wahrhaft schrecklicher Erkenntnis gewesen sein, dass die nach der 240 km langen Küste der Melville Bay Grönlands entdeckte gewaltige Wand des Humboldt-Gletscher sich nach Norden hin endlos fortsetzt und ihnen den Weg ins offene Meer versperrt.

 

Kane und seine Mannen hatten erstmals das Große Eis gesehen und konnten der Welt davon glaubhaft berichten.

 

20 Jahre nach Louis Agassiz muss nun auch Charles Lyell der Gletschertheorie und damit den immer wieder bekämpften Ansichten Agassizs über das Inlandeis zustimmen.


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3.4      Der späte Durchbruch in Deutschland

 


Abb. 7       Otto Torell (1828-1900)

(aus: Kaiser 1975)

 

Spätestens seit Sefström war in Schweden der Zusammenhang zwischen den geschrammten oder geschliffenen Felsflächen und dem verursachenden Inlandeis offenkundig und weitgehend anerkannt.

 

In Deutschland wurde jedoch noch lange an der Drift- bzw. Flutheorie festgehalten, bis an jenem denkwürdigen 3. November 1875 Otto Torell vor der Deutschen Geologischen Gesellschaft „Über einen gemeinschaftlich mit den Herren Berendt und Orth nach den Rüdersdorfer Kalkbergen unternommenen Ausflug” berichtet.

 

Dort konnte er den staunenden Exkursionsteilnehmern auf den Muschelkalkfelsen nicht sehr weit von Berlin dieselben Schliffflächen und Gletscherschrammen zeigen, wie er sie aus dem heimatlichen Schweden kannte. Die Richtigkeit der Inlandeis-Theorie war nun nicht mehr zu bestreiten und sie konnte sich nach kurzer Zeit auch in Deutschland endgültig durchsetzen.















Abb. 8       Das Interglazial vom Schulauer Ufer (aus: Partz CHA & al. 1911)

 

 

Einer der ersten klassischen Untersuchungs- und Fundplätze für die norddeutsche Quartär-Geologie, derjenigen geologischen Forschung also, die sich mit den eiszeitlichen Ablagerungen Nordeuropas beschäftigt, wurde nun das an das ehemals kleine Fischerdorf Schulau sich anschließende Kliff an der Elbe westlich von Hamburg mit seinem berühmten Interglazial-Torf.

 

In der Abb. 8 von 1911 ist die damalige geologische Auffassung wiedergegeben, dass es sich um zwei durch das Interglazial getrennte Geschiebemergel handelt, wobei der „Obere Geschiebemergel” durch die letzte Eiszeit und der vermeintlich untere durch die vorletzte Eiszeit abgelagert worden sein soll. Heute ist die stratigraphische Identität beider Mergel gesichert (Saale-Vereisung, Drenthe-Stadium), die Verdopplung ist das Ergebnis von Hangrutschung. Eine alternativ zu denkende Zuordnung zum zeitlich jüngeren Warthevorstoß kommt kaum in Frage. Derartiges Material ist erst 5-10 km östlich anzutreffen und liegt dort auf der ganzen Strecke zwischen Lauenburg und Harburg bei 80 m über NN.

 

Bei dem fotografierten Profil von 1932 in Abb. 9 sind die ungestörten Verhältnisse abgebildet. Folgerichtig spricht Heck 1932 nur noch von jungdiluvialem Geröllsand und Dünensand, die oberhalb der Torfschicht liegen. Derartige Dünensandanhäufungen am Rand vegetationsarmer Gebiete oder an einem Kliff, kommen als Binnendünen an mehreren Stellen innerhalb Wedels vor und sind in den nahegelegenen Holmer Sandbergen besonders eindrucksvoll erhalten (Grube & al. 1999).


 

Abb. 9       Das Interglazial vom Schulauer Ufer (aus: Heck 1932)

 


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3.5 Moderne Untersuchungen und Erkenntnisse

 

Im Nachhinein kann man die bis zur Entdeckung des Humboldt-Gletschers auf Grönland weithin geltende Ansicht, dass es am Pol offenes Wasser geben muss, gar nicht mehr so abwegig finden. Neuste Bohrkernergebnisse vom Boden des Polarmeeres zeigen, dass es im Tertiär dort Phasen gegeben hat mit Wassertemperaturen bis zu +20° Celsius.

 

 Bleiben wir aber beim Stand von 1875 und setzen den „Entwicklungsbericht” am Schulauer Ufer fort.

 

Nach dem Durchbruch der Inlandeistheorie in Deutschland wurde auf breiter Front in den quartären Ablagerungen Norddeutschlands nach Geschieben geforscht. Allein über Funde von Schulau gab es zwischen 1875 und 1889 zahlreiche Veröffentlichungen: von Sadebeck 1875, Gottsche & Wibel 1876, Penck 1879, Gottsche 1886 und 1887.

 

Oskar Zeise schrieb 1889 in Königsberg seine Dissertation: „Beitrag zur Kenntnis der Ausbreitung, sowie besonders der Bewegungsrichtungen des nordeuropäischen Inlandeises in diluvialer Zeit.” Dazu hatte er auf dem finnischen Åland-Archipel und dem finnischen Festland Studien des dort anstehenden Gesteins gemacht und konnte nun eine sachkundige Arbeit u.a. über seine Funde von Schulau abliefern. Dabei widmete er den Sedimentärgeschieben und Krystallinischen Geschieben vom Schulauer Ufer getrennte Aufmerksamkeit. Ferner untersuchte er zwei Grundmoränen, einen "Unteren" Geschiebemergel der vermuteten Elster-Eiszeit und einen "Oberen" der Saale-Eiszeit und sammelte die folgende Anzahl von Gesteinen nordischer Herkunft auf:

 

                                             „Unterer”      / „Oberer Geschiebemergel” [Anzahl Stücke]

 

Sedimentärgeschiebe    193             / 253   (Flint und Schreibkreide nicht gezählt)

Kristalline Geschiebe      118             / 148

 

Tab. 1        Anzahl der Geschiebe in der Zählung von Oskar Zeise 1889

 

Zeise unterschied bei seinen 14 verschiedenen kristallinen Geschiebearten die Gesteine noch ziemlich pauschal. Es war Zeise damals mit dieser frühen Geschiebezählung noch nicht möglich, aus der Anzahl der gefundenen Leitgeschiebe - Geschiebe, deren Herkunftsgebiet man kennt - Schlüsse über die Zuordnung zu bestimmten Eisvorstößen zu ziehen und er resümierte: „...dass eine durchgreifende Verschiedenheit in der Geschiebeführung der beiden Moränen nicht besteht ...”

 

Erheblich mehr charakteristische kristalline Geschiebearten konnte schon im Jahre 1900 J. Petersen unterscheiden. Er fand am Schulauer Ufer z.B. allein 14 Stück Rhombenporphyre aus dem Oslo-Gebiet.

 

Die erste moderne Geschiebezählung fand 1905 beim Schulauer Ufer statt !

 

Einen erneuten Versuch, mit Hilfe der Geschiebe den Unteren Geschiebemergel der Elster-Eiszeit vom Oberen der Saale-Eiszeit zu unterscheiden, unternimmt 1905 Johannes Korn. Berichtet wird davon erst vier Jahre später in Schroeder & Stoller 1909. Hier wird nun erstmals eine moderne Geschiebezählung durchgeführt. Der Schauplatz ist wieder das Altmoränengebiet in der Nähe des Schulauer Ufers, der Geestrand zwischen Wedel und Uetersen, bei den Gemeinden Holm und Glinde.


            3b  untere Grundmoräne (= Elster-Till), Wedel Blatt Pinneberg  2324

ca. re 35 44 900   h 59 41 250,  Ziegelei NW von Karstensfeld [Nähe Holm]

            4b obere Grundmoräne (= drenthestadial), Glinde Blatt Pinneberg  2324

ca. re 35 45 900   h 59 48 500 [Nähe Uetersen]

 (2) = 7 Åland-Gesteinstypen auf 3 reduziert, 2 Westfinnische Gesteine zusammengefasst,       keine Hälleflinten berücksichtigt, Rödö-Quarzporphyr = Roter Ostseequarzporphyr,

Dalaporphyre zusammengefasst.

 (3) = das Theoretische Geschiebezentrum (TGZ) ist mit einem vierzackigen Stern gekennzeichnet.

 



Abb. 10   Historische Geschiebezählungen von Korn, gezählt 1905 im Raum Wedel

Veröffentlicht in Schroeder & Stoller 1909. Zählung modifiziert durch Lüttig2. Neu gerechnet nach Lüttig 1958 und dargestellt nach Geisler 19993 [Auszug aus Schöne 2002]

 

Auch Johannes Korn war noch nicht zufrieden mit seinem Zählergebnis. Der Versuch, mit geschiebestatistischen Methoden den Unteren vom Oberen Geschiebemergel zu unterscheiden führte zu keinem überzeugenden Ergebnis. Zwar zeigt sich in der heute üblichen Darstellungsweise nach Geisler, dass ein deutlicher Unterschied bei den Koordinaten des Theoretischen Geschiebezentrums (TGZ) in ost-westlicher Richtung zu erkennen ist, dieser in nord-südlicher Richtung aber fehlt. Es waren einfach noch zu wenige typische Gesteine bekannt und somit die Selektivität des Verfahrens zu gering.

 

Dies ändert sich erst deutlich durch die Arbeiten von Gerd Lüttig 1958: Methodische Fragen der Geschiebeforschung. Lüttig erstellt nicht nur eine umfangreiche Liste von Leitgeschieben und gibt deren geographische Koordinaten ihrer Herkunftsgebiete an, sondern führt auch eine quantitative Flächenschwerpunktsberechnung über alle Geschiebefunde einer Zählung, die TGZ-Methode ein. Damit hat er die Geschiebeforschung ein großes Stück weiter gebracht. Seine Methode ist bis heute durch keine bessere ersetzt. Er selbst (Lüttig 2002) schränkt aber ein:

 

„Geschiebestatistische Ergebnisse sind wie die Töne, die auf einem bestimmten, einzelnen Instrument im Konzert eines Orchesters hervorgebracht werden; sie können die Melodie für ein paar Takte tragen, aber für das eigentliche Gesamtwerk sind das Orchester und v. a. der Dirigent zuständig.”


Das von Charles Lyell formulierte Aktualitätsprinzip kommt 1927 in Nordeuropa ganz besonders zum Tragen. Bei der Hamburger Spitzbergen-Expedition (siehe Gripp 1929) kann man vor Ort die wichtigsten Erscheinungen und Wirkungen des Polareises studieren und gewinnt detailreiche Erkenntnisse, die die Eiszeitforschung fördern und die glazigenen Landschaftsformen erklären helfen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen und wäre eine kaum zu bewältigende Aufgabe, die ganze Fülle der quartärgeologischen Erkenntnisse des vergangenen Jahrhunderts aufzuzählen. Wir beschränken uns hier auf den Raum Hamburg, von dem ein weiterer Meilenstein zu verzeichnen ist.

 

Bei Dockenhuden (östlicher Teil von HH-Blankenese) wird in einer Forschungsbohrung (Ehlers 1993) ein tieferes Interglazial (zeitlich zwischen der Saale- und der Elster-Eiszeit) erbohrt. Damit wird wieder ein bedeutender Erkenntnisschritt getan, die Abfolge von Warm- und Kaltzeiten in unserer Region und für Nordeuropa zu verstehen. Die hiesigen Aufschlüsse veranlassten die Quartärgeologen, für diese Schicht den Name Holstein-Interglazial als stratigraphische Bezeichnung einzuführen (siehe Postscriptum).

 

Weichsel-Eiszeit

        Eem-Interglazial (Schulauer Ufer)

Saale-Eiszeit

        Holstein-Interglazial (Dockenhuden)

Elster-Eiszeit

 

Tab. 2 Abfolge von Warm- und Kaltzeiten in unserer Region und in Nordeuropa

 

Im Zusammenhang mit dem Thema stellte Professor Gerd Lüttig dem Verf. folgende bohrende Frage: „Wann begreifen Sie endlich, wo Sie da wohnen?” Dies war der motivierende Anstoß zur Beschäftigung mit diesem Thema, wofür der Verf. ihm ganz besonders dankbar ist.

 

Zum Abschluss des Kapitels zur Geschichte des Verständnisses der Eiszeit werden noch zwei aktuellere Geschiebezählungen vorgestellt. [Auszug aus Schöne 2002]


 









Abb. 11   Aktuelle Geschiebezählungen vom Schulauer Ufer
(Blatt  Wedel 2424)

5 Drenthe-Till, Hamburg, westlich von Wittenbergen, 2 m über dem Elbespiegel,

re 35 49 590   h 59 37 260 (gezählt 1965 von Lüttig)

            6 Drenthe-Till, Hamburg, unterhalb von Tinsdal ca. 1-2 m unter dem Elbespiegel,

re 35 49 300   h 59 37 200 (gezählt durch Verf. 1999 bis 2002, Bestimmung Lüttig 2002)


Der durch intensive Erforschung der Gesteine Skandinaviens und Finnlands und durch den Vergleich mit Gesteinen im Geschiebe inzwischen stattgefundene Fortschritt ist an folgender Gegenüberstellung von Funden aus dem Saale-Glazial („Oberer Geschiebemergel”) im Raum Wedel abzulesen.

 

Autor         Anzahl Leitgeschiebe                  Leitgeschiebearten           Aufschluss

 

Zeise        1889   sedimentär    253                 sedimentär    17                   Schulau

Zeise        1889   kristallin          148                 kristallin          15                   Schulau

Korn        1905   kristallin            87                 kristallin          22                   Holm

Lüttig      1965   krist.+sedim.   60                 krist.+sedim. 37                   Wittenbergen

Schöne  2002   krist.+sedim. 188                 krist.+sedim. 51                   Tinsdal

[det. Lüttig]

 

Tab. 3        Anzahl der Leitgeschiebearten in Zählungen im Raum Wedel

 

Ganz aktuell wurden im Jahre 2004 von Gerd Lüttig Ergebnisse geschiebestatistischer Untersuchungen im Umland von Hamburg veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Ergebnisse von rund 370 Geschiebezählungen aus Holstein, West-Mecklenburg und Nord-Niedersachsen. Sein Fazit lautet: „Mit ihrer Hilfe kann ein Beitrag zur Lösung der Frage nach dem Verlauf der Weichsel-Eisrandlagen von West-Mecklenburg nach Nordwesten geleistet werden.”

 

Damit schließt der erste, historische Hauptteil des Beitrags um nun einige der immer wieder interessanten Geschiebefunde vorzustellen.

 

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4.         Wo kann man Geschiebe finden und wie findet man sie am Schulauer Ufer ?

 

Zunächst einmal ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass man überall auf Äckern, in Gärten oder in Baugruben Geschiebe nordischer Herkunft finden kann. Meist werden sie jedoch übersehen oder in ihrer Bedeutung und Aussagekraft nicht wahrgenommen. Dabei könnten z.B. in so mancher Feldsteinumrandung eines privaten Vorgartens sehr ansehnliche echte Leitgeschiebe stecken. Erst kürzlich fand der Verf. einen großen, charakteristischen Hammer-Granit von Bornholm in einer solchen Vorgartenumrandung in Wedel. Meist sind es die widerstandsfähigeren Granite oder Porphyre, die zu diesem Verwendungszweck die entsprechende Selektion in einem Kieswerk erfolgreich durchlaufen haben. Weniger widerstandsfähige Sedimentär-Geschiebe werden dort zweckmäßigerweise aussortiert. Vielfältiger, gerade bei den Geschieben sedimentärer Gesteine, kann ein Blockstrand an der Ostseeküste sein. Frank Rudolph aus Wankendorf hat dazu 2004 ein sehr ansprechendes, auch für Laien sehr gut geeignetes Bestimmungsbuch verfasst.

 

Das Ergebnis eines natürlichen Selektionsprozesses ist auf den Äckern feststellbar. Durch Verwitterung, oder z.B. durch Humussäure in den obersten Bodenschichten, sind kalkreiche Gesteine im Laufe der Zeit zerfallen. Im Acker sind oft nur noch Feuersteine und harte kristalline Relikte zu finden. Will man mehr sedimentäre oder kalkreiche Gesteine z.B. des Ordoviziums oder Silurs finden, bleibt im allgemeinen nur die Suche in einer Kiesgrube. Glücklicherweise sind im Jungmoränengebiet Ostholsteins noch derartige Gruben vorhanden. Man sollte sich aber zuvor bei einem der lokalen Kenner des Geschiebes erkundigen und unbedingt eine Genehmigung zum Betreten der abbauenden Betriebe einholen. Baugruben können je nach der geografischen Lage des Grundstücks bis hinunter in weichsel- oder saalezeitliche Geschiebemergel gehen. Dort ist dann oft zunächst mit einem Windkanterhorizont, den Relikten der Nacheiszeit, und darunter mit einer hoffentlich gesteinsreichen Grundmoräne zu rechnen.


Die Aufgabe, einen solchen Geschiebemergel freizulegen, hat uns in Schulau die Elbe abgenommen. In der Saale-Eiszeit verlief das erste sogen. Drenthe-Stadium besonders extrem. Gletscherablagerungen dieses Vorstoßes reichen bis in die Niederlande und sind deshalb auch in Schulau feststellbar. Während des nachfolgenden Warthe-Stadiums gelangten die Gletscher nur noch bis in den Westen von Hamburg. Die heutigen Blankeneser und die Harburger Berge sind dabei als zusammenhängender Moränenzug entstanden. Die Elbe hatte noch nicht den Weg nach Nordwesten gefunden. Wassermassen der zurückschmelzenden Warthe-Gletscher fanden ihren Weg zunächst 90° senkrecht zur heutigen Unterelbe z.B. über das Seevetal nach Südwesten zum Aller-Weser-Urstrom. Henning Illies hat die Entstehung und eiszeitliche Geschichte der unteren Elbe erforscht. Demnach fand der nordwestliche Durchbruch der Elbe erst zu dem Zeitpunkt statt, „... als sich der Gletscherrand etwa bis auf die Linie Bergedorf-Winsen ... zurückgezogen hatte.”

 

Es handelt sich bei dem ca. 1-2 m unter dem Elbespiegel frei liegenden Till (Grundmoräne) unterhalb von Tinsdal also um saalezeitliche, drenthestadiale Ablagerungen eines einzelnen Eisvorstoßes den man betreten und dabei viel über die Eigenschaften des Gletschertransportes lernen kann. Große und kleine kristalline und sedimentäre Geschiebe, insbesondere kleine Fossilien werden ständig durch die natürlichen, aber auch durch die von den großen Containerschiffen künstlich erzeugten Wellen freigelegt und es sind immer Überraschungen zu erwarten. Je mehr man jedoch in das Sammeln vertieft ist, umso häufiger sollte man sich nach den großen Schiffen umsehen. Die Bug- und die Heckwellen dieser Riesen haben es manchmal an sich, leiser als Wind-, Wellen- und Motorgeräusche, von hinten heranzuschleichen und können dabei bis zu einem Meter Höhe haben. Da sie aber für den Sammler unermüdlich die gewünschte Wirkung hervorbringen, wird dies gern in Kauf genommen. Man muss also an der Wasserlinie ständig auf der Hut, notfalls auf der Flucht sein.

 

Leider kümmert sich das aktuelle Niedrigwasser aber nur wenig um die Theorie des Tidenkalenders, denn wie tief das Wasser sinken wird, d.h. wie erfolgreich das Sammeln auf dieser fossilen Oberfläche der Saale-Vereisung sein kann, hängt primär von der Windrichtung ab. Ein ausbleibender NW-Wind genügt allein nicht. Vielmehr muss möglichst lange Ostwind herrschen. Von den Zeitangaben des Tidenkalenders für St. Pauli muss man in Schulau ca. 20 min abziehen. Die Tiden treffen dort schon früher ein. Bei günstigen Wetter-, Wind- und Mondbedingungen kann man erwarten, dass unterhalb der massiven Uferbefestigung ein ca. 30-40 m breiter und etwa 200 m langer Streifen des kalkreichen, hellgrauen Geschiebemergels frei liegt, auf dem man problemlos umhergehen kann. Dann bleiben dem Sammler 11/2 Stunde vor, bis 1/2 Stunde nach Niedrigwasser zum Betreten des Mergels. Es ist deutlich festzustellen, dass nach Erreichen des Tiefststandes der Strom sehr schnell seine Richtung umkehrt und der Pegel steil ansteigt. Innerhalb einer halben Stunde steht das Wasser schon wieder einen Meter höher und erobert sich diese kleine Fläche an Grundmoräne zurück.

 

Wenn man genügend oft diesen Bereich aufsucht, ist die zu entdeckende Vielfalt der Gesteins- und damit auch der Fossilienarten immer wieder erstaunlich. Von der finnischen Åland-Inselgruppe im Nordosten haben die fast 2 Milliarden Jahre alten roten Granite zahlreich den Weg hierher gefunden, weil die Bewegung des Drenthe-Eises aus ostnordöstlicher Richtung verlief. Nahgeschiebe des Miozäns, wie das Spurenfossil Ophiomorpha nodosa aus dem Raum Bergedorf, gehören zu den im geologischen Zeitmaßstab jüngsten Funden und sind um 20 Millionen Jahre alt. Zeitlich dazwischen liegt eine breite Palette von kristallinen und sedimentären Gesteinsarten vor, die das Eis beim Ausschürfen des Ostseebeckens vorfand und mitnahm.

 

Es sind die kristallinen Gesteine Skandinaviens, die für sich schon hochinteressant sind, weil man an ihnen die komplizierte Entstehungsgeschichte dieser alten Platten und Gebirge ablesen kann. Besonders vielfältig sind ferner die Sedimentärgesteine, weil das Eis auf seinem Wege dort Schichten vom Kambrium über Ordovizium, Silur, Devon, Jura, Kreide bis zum Neogen (Jungtertiär) abhobelte.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finnischer Rapakivi-Granit

 

 

Rhombenporphyre aus dem Oslogebiet      Kallbergetporphyr SW-Darlana, Schweden

 

Abb. 12   Einige kristalline Geschiebe vom Schulauer Ufer

 

Links:

schwarzer,    

feinkörniger,

paläozoischer

Kalkstein

 

 

Rechts:

Eiskanter aus

ordovizischem

Ostseekalk

 

Abb. 13   Gekritzte Geschiebe sedimentärer Gesteine aus dem Till


 

Taf. 1             Markasit- bzw. Pyrit-Funde aus dem Till von Tinsdal

       (einige dieser Konkretionen sind chemisch stabil, andere mittlerweile zerfallen)


 

 

 

Taf. 2              Korallen von Wedel-Schulau und aus dem Till von Tinsdal

                        Alter: Ordoviz-Silur, unterste Reihe: 2 Parasmilia excavata der Kreide (max 30 mm)


Links oben beginnend: Armfüßer Crania und Haizähne (max 27 mm lang) aus dem unteren Tertiär; Seelilienstielglied von Nielsenicrinus agassizi (ca. 4 mm Ø) und der Gurkenschwamm Aulaxinia sulzifera (ca. 12 cm lang) aus der Kreide; Elemente silurischer >Trilobiten wie Chasmops sowie silurische >Scolecodonten (2,2mm) und >Leiosphaeren (0,3mm).

 















Taf. 3             Diverse Fossilien
von Wedel-Schulau und aus dem Till von Tinsdal  

 


 

 

Fischschuppenreste (>?Agnatha)

aus einem devonischen Kugelsandstein

(von Estland bzw. Grund der Ostsee vor Estland, Präparation und Foto: Bartholomäus)

 

 

 

 

 

Links: silurischer Meeresboden mit Resten von >Brachiopoden

(Protochonetes striatellus), Schnecken, Seelilienstielgliedern und einem Trilobitenschwanz. (Breite des Kalksteins 60 mm.)

 

Rechts: Kambrische ?Wurmspur

(Skolithos linearis) von einem Acker in Holm, Kreis Pinneberg

 

 

Taf. 4             Fossilien des Paläozoikums aus dem Raum Wedel


 

Oben:

Kugelsandstein

aus dem Devon

Estlands (größte Kugel hat ca. 4 cm

Durchmesser; siehe auch Bartholomäus et al. 2004)

 

Unten:

Pycnodonte

vesicularis, eine häufige Auster der Kreidezeit

 

(Daneben der Weichkörper von P. vesicularis mit Muskelabdrücken als Steinkern in Flint, zur Veranschaulichung seiner relativ geringen Größe.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Taf. 5             Weitere Funde aus dem Uferbereich Tinsdal bis Wittenbergen


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4.1      Artefakte vom Schulauer Ufer

 

Abb. 14   Paläolithisches Artefakt vom Strand beim Graf-Luckner-Altenheim Wedel

 

Schon in der Altsteinzeit, dem Paläolithikum, war unser Raum besiedelt, wie schon Alfred Rust 1962 durch zahlreiche Funde nachweisen konnte. Das Material für die Werkzeug- und Waffenherstellung fanden diese gut organisierten Jäger und Sammler an der nacheiszeitlichen Oberfläche in Form der zahlreichen Feuersteinknollen vor, die ebenfalls Glazial-Geschiebe nordischer Herkunft darstellen. Besonders gut bearbeitbar sind frisch aus dem Kliff gewonnene Knollen. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass damals das Schulauer Ufer eine große Bedeutung als Rohstoffquelle hatte.

 

Die Elbe durchbrach in der Spätphase des warthezeitlichen Eisrückgangs die Moränenlandschaft in Richtung Nordwesten und hat dabei sicher auch Artefaktanhäufungen durchschnitten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass heute noch am Strand und auf der Grundmoräne derartige Funde gemacht werden können.

 

 

Die jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Artefakte fielen aus den oberen Bodenschichten auf den Strand herab, wenn z.B. nach Sturmfluten ein Stück des Kliffs herunter brach. Abb. 15 zeigt rechts einen Rest eines Flintdolches oder einer Sichel, wie sie bis in die Bronzezeit Verwendung fanden.

 

Zu den jüngsten Beispielen der Nutzung von Geschieben durch die Menschen gehören Flintensteine. Noch während der Befreiungskriege gegen Napoleon waren die Flinten mit einem derartigen Zündmechanismus ausgerüstet. Die letzten Nutzer solcher bis Mitte des 19. Jahrhunderts verwendeten Steinschloss-Gewehre waren Jäger (Cosack; Hucke Ka). Die beiden Flintensteine wurde in einem Garten an der Rissener-Straße 82 in Wedel gefunden.

 

Abb. 15   Neolithisches Artefakt vom Schulauer Fährhaus (rechts, Länge ca. 6 cm) sowie zwei Flintensteine aus einem Garten in Wedel


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5.         Entwicklung der Literatur über Geschiebe

5.1      Bibliographie der Geschiebe des nordeuropäischen Pleistozäns       

 

Zwar kannten die Menschen der Aufklärung noch nicht die heutige Bedeutung des Begriffes Geschiebe, doch schon früh wurden solche Objekte beschrieben oder erwähnt.  Verf. hat sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Literaturstellen zu den Geschieben des nordeuropäischen Vereisungsgebietes digital zusammenzustellen. Dazu wurden zunächst die früheren bibliographischen Arbeiten der Vorgänger Paulus Hugo Roedel 1913-1926, Alfred O. Ludwig 1970, Fritz Kaerlein 1969, 1985, 1990 und Roger Schallreuter 1998 benutzt, indem u.a. ihre gedruckten Bibliographien eingescannt und in eine computerlesbare Datei umgewandelt wurden. Auf der Basis der daraus entstandenen Bibliographie (Fritz Kaerlein zu Ehren Kaerlein-Bibliographie genannt) von zunächst 8287 Zitaten (Stand 2000) wurde die Abb. 16 erstellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 16   Entwicklung der Zahl der Veröffentlichungen über Geschiebe seit 1660

 

Die Grafik lässt erkennen, dass nach einer langen Zeit mehr sporadischer Berichte die Arbeit an Artikeln zur Geologie, Paläontologie und Mineralogie der Geschiebe ab etwa 1830 deutlich zunahm. Ein erster Höhepunkt ist nach 1875 festzustellen, dem Jahr des endgültigen Durchbruchs der Inlandeistheorie in Deutschland. Unverkennbar sind in der Darstellung auch die einschneidenden Wirkungen der beiden Weltkriege. Nach dem zweiten Weltkrieg werden die geschiebekundlichen Aktivitäten wieder aufgenommen. Insbesondere die zunehmende Mobilität der Menschen und vielleicht auch der technische Fortschritt beim Buchdruck führen dazu, dass das Interesse an derartigen Funden und naturwissenschaftlichen Fragen und die Anzahl der in Druck gehenden Artikel ständig zunehmen.

 

Die 1924 bereits gegründete und durch ein Verbot der Alliierten 1945 aufgelöste Gesellschaft für Geschiebeforschung wurde 1984 wieder gegründet. Dabei ist besonders auf das beispiellose Engagement von Roger Schallreuter in Hamburg hinzuweisen (siehe auch Schallreuter 2004). Was schrieb das Ehrenmitglied der Gesellschaft, Zdenek Gába aus Tschechien 2001 an den Präsidenten der Universität Hamburg: „Hamburg ist in den letzten Jahrzehnten zur „Hauptstadt” der Geschiebeforschung in Europa geworden.”


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5.2      Der „Geschiebe-Browser”

 

Der Umfang der vom Verf. digital zusammengetragenen Zitationen über Geschiebeliteratur beläuft sich inzwischen auf ca. 13000 Literaturhinweise, im Stil vergleichbar mit dem Literaturverzeichnis am Schluss. Dazu haben mehr als 60 Mithelferinnen und Mithelfer beigetragen. Es ist leicht einzusehen, dass man nur noch mit Computerhilfe einen solchen Text von ca. 1200 Textseiten beherrschen kann. Aber auch die Suche innerhalb des Textes mit den herkömmlichen Mitteln, wie es das Textverarbeitungsprogramm Word™ oder der Acrobat ReaderTM anbieten, gestaltet sich mittlerweile zeitraubend. So war es eine dringende Notwendigkeit, eine leistungsfähige Suchmaschine zu programmieren, die diese Aufgabe fast wie im Internet und mit ähnlicher Methodik erledigen kann.

 

Es besteht mit diesem ganz auf die Aufgabe hin optimierten Werkzeug die Möglichkeit, nach beliebigen Zeichenketten, Namen oder Begriffen (z.B. von Gesteinen, Fossilien, Fundorten, Regionen, Formationen) oder auch nach Autoren zu suchen. Die Suche kann der Recherche nach Information dienen oder auch nur um eine eigene Veröffentlichungsliste zu erstellen. Die gefundenen Zitationen werden dann als Liste im HTML-Format abgeliefert. Dabei werden die Zeichenketten oder Worte nach denen gesucht wurde, deutlich farblich hervorgehoben. Man gewinnt so einen schnellen Überblick über die in Frage kommende Literatur zu einem bestimmten Thema. Wichtig ist dabei, dass die Suche lokal stattfindet und keinerlei Internet-Kosten anfallen.

 

Hervorzuheben ist noch, dass mehrere Universitäten bzw. Institutionen in Norddeutschland und im benachbarten Ausland diese digitale Bibliographie bereits nutzen.

 

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5.3      Bibliographie der Literatur über das Schulauer Ufer

 

Als Nebenprodukt der bibliographischen Arbeiten des Verf. ist eine Literaturzusammenstellung der geologisch-paläontologischen bzw. mineralogischen Veröffentlichungen über das Schulauer Ufer entstanden. Immer dann, wenn dieser Aufschluss in einem Artikel oder Buch beschrieben bzw. erwähnt oder wenn Funde aus diesem Bereich gemeldet oder abgebildet wurden, kam das entsprechende Literaturzitat in die Zusammenstellung, die inzwischen 66 Zitationen umfasst.

 

Als Beispiel sei der „Klassiker” des Plöners Kurt Hucke (1882-1963)Einführung in die Geschiebeforschung” von 1967 herangezogen. Nach dem Tode Huckes hatte der am 22.  November 2004 im 100sten Lebensjahr verstorbene Mitbegründer der Vorkriegs- sowie der Nachkriegsgesellschaft für Geschiebeforschung bzw. für Geschiebekunde Professor Ehrhard Voigt, Hamburg, das erste Buch Huckes von 1917 überarbeitet und erweitert. Diese neue Auflage erschien in Oldenzaal in den Niederlanden. Darin sind zahlreiche Funde von Schulau abgebildet, die hier kurz aufgezählt werden: Holmia ex. gr. kjerulfi und Paradoxides paradoxissimus (Trilobitenreste); Ptilodictya lanceolata (Moostierchen); Ilionia („Prolucina”) prisca (Muschel); Stricklandia sp. und Craniops (= Pholidops) antiqua (Armfüßer); Cornulites serpularius (Wurmröhren); Praeleaia sp. und Asmussia sp. (Muscheln); Acanthohoplites hanoverensis (Ammonit); Porosphaera globularis (Kalkschwamm); Parasmilia excavata (Koralle); Tylocidaris baltica (Seeigel); Smilotrochus faxöensis (Koralle); Aporrhais sowerbyi (Schnecke); Dentalium badense (Grabfüßer); Drillia (Cymatosyrinx) selenkae, Cancellaria (Narona) calcarata, Typhis (Cyphonochelus) fistulosus, Murex (Tubicauda) spinicosta (div. Schnecken).


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Schlussbemerkung

 

Es war das Bestreben des Verf., der seit 1963 in Wedel wohnt, die geschichtliche Entwicklung und die Aufgaben der Geschiebeforschung sowie die früheren Ansichten und heutigen Erkenntnisse über die Eiszeit zu beschreiben. Wenn es dabei gelungen sein sollte, die Bedeutung und Schönheit des Schulauer Ufers deutlich zu machen und wenn der Leser nun mit anderen Augen dieses Ufer und seine Umgebung besser zu verstehen gelernt haben sollte, wäre das gesetzte Ziel mehr als erreicht.

 

Dank

 

Der Verf. dankt Herrn Professor em. Dr. Gerd Lüttig in Celle für viele Anregungen und ganz besonders für die Überlassung seiner Geschiebezählungsdaten von Wittenbergen sowie für die abschließende Bestimmung der eigenen Geschiebe aus dem Till unterhalb von Tinsdal. Privatdozent Roger Schallreuter in Greifswald sei herzlich gedankt für die pädagogisch klug gemachte Anregung, besser Verführung zur Weiterarbeit an der Kaerlein-Bibliographie. Dem Diplom-Geologen und Geschiebeforscher Werner Bartholomäus, Hannover, ist der Verf. ebenfalls zu großem Dank verpflichtet, wegen stetiger Zuarbeit. Ferner unterzog er sich der Mühe, diesen Artikel redaktionell zu überprüfen. Die Archivarin Anke Rannegger vom Stadtarchiv Wedel stellte dankenswerterweise Literatur über Johann Rist zur Verfügung.

 

PS.: Am 08.01.2005 schrieb Professor Lüttig dem Verf. die folgenden Zeilen zum Thema Holstein-Interglazial:

 

Zu Ihrer Frage bezüglich einer Bohrung in Dockenhuden folgendes: Im Zusammenhang mit den Bemühungen der Subkommission für Quartärstratigraphie, eine Beschreibung der Typlokalitäten für die deutschen Interglaziale zu schaffen, ist in den 70er Jahren in der Direktorenkonferenz der Deutschen Geologischen Dienste der Vorschlag gemacht worden, aus den in der Gemeinschaftsaufgabe Bodenforschung vorhandenen Geldern eine Forschungsbohrung auf das Holstein-Interglazial nahe seiner Typlokalität Uetersen-Schulau niederzubringen. Diese sollte eine Kernbohrung sein; die Hälfte des Kernes sollte als Beleg im Landesamt aufbewahrt, die andere für Forschungszwecke verbraucht werden.

 

Als Lokalität wurde von Herrn Niedermayer ein Sportplatz in Dockenhuden vorgeschlagen. Zugleich wurde als Zweitbeleg von Herrn E. F. Grube die Tongrube in Hummelsbüttel in's Auge gefaßt; wir beide haben dann dort eine Befahrung durchgeführt und Sicherungsmaßnahmen beraten. Die Sache fand dann Eingang in die Geotopdiskussion, in der später mein Assistent F. W. Wiedenbein und ALF Grube tätig geworden sind.

 

Wie das mit der Bohrung weitergegangen ist, ist mir jetzt nicht im Einzelnen erinnerlich; eine Befragung von EITELFRIED GRUBE würde sicher weiterhelfen. Ich weiß nur, daß die Bohrung abgeteuft wurde, und daß über spätere Bohrungen (qho3) JÜRGEN EHLERS (1993, Geol. Jb. (A) 138: 147-157) u.a. berichtet hat. Dort stehen sicherlich die Zitate der älteren Arbeiten. Fest steht aber, daß diese Bohrungen nicht die ersten Holstein-Bohrungen gewesen sind.

 


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Einige geologische Begriffserläuterungen


 

Grundmoräne           genetische Bezeichnung einer vom Inlandeis ausgeschmolzenen Gesteinsmenge.

 

Geschiebemergel    petrographische Bezeichnung einer vom Inlandeis ausgeschmolzenen kalkhaltigen Gesteinsmenge.

 

Geschiebelehm        petrographische Bezeichnung einer vom Inlandeis ausgeschmolzenen kalkfreien Gesteinsmenge.

 

Eem-Interglazial       die zeitlich zwischen der Weichsel- und der Saale-Kaltzeit stattgefundene Warmzeit.

 

Holstein-Interglazial die zeitlich zwischen der Saale- und der Elster-Kaltzeit liegende Warmzeit.

 

Soll                             (plattdt.: „Wasserloch“) kleine oft mit Wasser gefüllte kreisrunde Bodensenke, die durch Nachsacken des Bodens über einem Toteisblock entstanden ist.

 

Toteis                        eine beim Rückzug des Inlandeises zurückgebliebene durch besondere Umstände länger erhalten gebliebene Eismenge.

 

Toteisloch                 eine beim endgültigen Schmelzen eines Toteisblockes entstehende Bodensenke.

 

 

Einige paläontologische Begriffserläuterungen

 

Agnatha                     waren im Altpaläozoikum, kieferlose fossile Panzerfische (Ostracodermen). Rezent sind sie in Form der Cyclostomen (Rundmäuler, wie das Neunauge) vertreten.

 

Brachiopoden           sind in zahlreichen Gattungen auch heute noch lebende Armfüßer, zweiklappige, bilateral-symmetrische Meeresbewohner, die Ähnlichkeit mit Muschel haben, aber mit diesen nicht verwandt sind.

 

Leiosphaeren           sind vom Ordovizium bis zur Kreide feststellbare kugelige Hüllen und gehören zu den Hystrichosphaeren, einer Sammelgruppe verschiedener Mikrofossilien unbekannter taxonomischer Stellung.

 

Scolecodonten         sind sehr vielfältig gestaltete Kiefernelemente des ausgestorbenen zu den Ringelwürmern (Anneliden) gezählten und im Ordovizium und Silur besonders häufigen Scolecodontentieres.

 

Trilobiten                  sind ausgestorbene Dreilappkrebse, die sowohl senkrecht als auch waagerecht eine dreigeteilte Form ihres Panzers aufweisen. Ihre Blüte erreichten sie im Oberkambrium und Ordovizium.

 


 

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Literatur

 

Agassiz L 1838 Über Gletscher, Moränen und Geschiebe - Rede, gehalten zu Neuchâtel am 24. Juli 1837, bei Eröffnung der Sitzungen der Helvetischen Gesellschaft für die Naturwissenschaften — Berghaus HKW (Hrsg.) Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde (3. Ser.) 6 (3): 193-207, Breslau (Grass, Barth & Co.).

Ahrenswald von 1775 [auch Arenswald (Capitän von)] Geschichte der pommerischen und mecklenburgischen Versteinerungen. I. Stück. hrsg. von J. E. J. Walch — Der Naturforscher 5: 145-168, Halle (Saale). [Nachdruck von Arenswald von 1774; Nachdruck: Geschiebekunde aktuell 20 (1): 23-30, Hamburg / Greifswald.]

Bartholomäus WA, Stinkulis G, Elbracht J, Laging P & Schneider S 2004 Petrographie und Fossilbestand erratischer Kugelsandsteine (Devon) — Archiv für Geschiebekunde 3 (8/12) [Schallreuter-Festschrift]: 557-594, 8 Taf., 8 Abb., 4 Tab., Greifswald. [u.a. 25 Funde vom Schulauer Ufer untersucht Abb. 2]

Bernhardi A 1832 (1996) Wie kamen die aus dem Norden stammenden Felsbruchstücke und Geschiebe, welche man in Norddeutschland und den benachbarten Ländern findet, an ihre gegenwärtige Fundorte? — Geschiebekunde aktuell 12 (4): 123-132, Hamburg. (Nachdruck aus: Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde 3: 257-267, Heidelberg).

Bolles EB 2003 Eiszeit  Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten — Fischer Taschenbuch 15316: 257 S., 1 Abb., 3 Bildnisse, Frankfurt a.M. (S. Fischer / Argon).

Buch CL von 1815 Über die Ursachen der Verbreitung großer Alpengeschiebe. — Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, phys. Klasse 1804-1811: 161-186, Berlin. [Vergleich der Geschiebevorkommen in den Alpen mit denen in Norddeutschland im letzten Absatz; Schlammfluttheorie]

Cameron D 1965 Goethe, discoverer of the ice age — Journal of Glaciology 5 (41): 751-754, Cambridge (International Glaciological Society). ["That Goethe was one of the world's greatest poets is well known. It is less well known that he was a scientist, a geologist, and that among his achievements he was one of the first to attribute the transport of erratic blocks to glaciers, and to believe that an ice sheet covered northern Germany; furthermore, he was the very first to believe in an ice age."]

Cosack E 1999 Schaber oder Flintensteine — Die Kunde (N.F.) 50: 257-264, 3 Abb., Hannover (Niedersächsischer Landesverein für Urgeschichte). [Feuersteine für Steinschlosswaffen Abb. 2]

Credner H 1879 Über Gletscherschliffe auf Porphyrkuppen bei Leipzig und über geritzte einheimische Geschiebe. — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 31: 21-34, Berlin.

Credner H 1880 [Credner Hermann] Über die Vergletscherung Norddeutschlands während der Eiszeit. — Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 7 (8): 359-369, Berlin. [Geschiebe zur Erklärung der Vergletscherung; Feuersteinlinie nur grob dargestellt]

Dürkob C 2000 Wedel  Eine Stadtgeschichte — 280 S., 185 Abb., Pinneberg (A. Beig). [Johann Rist (1607-1667) „... ein überaus grosser Stein / fast wie ein kleines Hauß ...” S. 16; Scheibenbeilfund von 1957 Abb. 2; Flintdolchfund von 1997, Sammlung Rolf Hübner Abb. 3; Schulauer Ufer von 1905 Abb. 20] [Geschiebekunde aktuell 16 (3): 92, 2000; Schöne, Hamburg.]

Ehlers J 1993 Feinkieszählungen von Proben aus den Kernbohrungen qho 3 und qho 4 in Hamburg-Dockenhuden — Geologisches Jahrbuch (A) 138 [Holstein-Interglazial]: 147-157, 6 Abb., 4 Taf. als Anl., Hannover. [Scholle von miozänem Glimmerton S. 151; an elsterzeitlichem Material aus 244,4-254,5 m Tiefe wurde eine Geschiebezählung durch K-D Meyer (Hannover) durchgeführt S. 153; Anteil roter und grauer paläozoischer Kalke in den Elster-Proben Abb. 5; Geschiebe-Einregelungsmessungen von 100 Kiesen, an der Isfeldstraße Abb. 6]

Ehrenberg R 1897 Aus der Vorzeit von Blankenese und den benachbarten Ortschaften Wedel, Dockenhuden, Nienstedten und Flottbek. — 124 S., 5 Taf., 17 unnum. Abb., 3 Ktn. im Anh., Bleckede (Otto Meißner). [Allgemeines über Geschiebe S. 1; Hinweise auf vorgeschichtliche Altertümer (Steinkammern, Steinsetzungen, Bernstein-Grabbeigaben) S. 3-5; über das "Steindenkmal" von Johann Rist verbunden mit einem Aufruf, auf dem "Riesenkamp" in Wedel Nachgrabungen zu veranstalten S. 5-6; Kopie der Elb-Karte von Schulau-Flottbeck nach Melchior Lorich (1568) im Anh.]

Eissmann L & Müller A 1994 Gedenkexkursion 150 Jahre Inlandeistheorie in Sachsen. Flußterrassen, Endmoränen und Gletscherschliffe in Nordwestsachsen (Exkursion B 3) — Eissmann L & Litt T (Hrsg.) Das Quartär Mitteldeutschlands  Ein Leitfaden und Exkursionsführer  Mit einer Übersicht über das Präquartär des Saale-Elbe-Gebietes Deutsche Quartärvereinigung e.V. 27. Tagung, Leipzig, 19. bis 21. September 1994 „Quartär- und Umweltgeologie Mitteldeutschlands. 150 Jahre Inlandeistheorie in Sachsen.” [Altenburger Naturwissenschaftliche Forschungen 7]: 378-430, 8 Taf., 22 Abb., 2 Tab., Altenburg. [”5. Gletscherschliffe in den Hohburger Bergen: Hier wurde bereits 1844 die Inlandvereisung bewiesen.”]

Engelhardt W von 1999 Did Goethe discover the ice age? — Eclogae Geologicae Helvetiae 92 (1): 123-128, Basel (Birkhäuser).

Faber FJ 1967 Geologie  De bekoring van het zoeken — 454 S., zahlr. S/W-Abb., Amsterdam / Brüssel (N.V. Uitgeversmaatschappij Agon Elsevier). [Großgeschiebe (Kalkstein) aus den Savoyer Alpen, gefunden im Rhonetal, südlich Lyon Abb. 17.2].

Geisler T 1999 CirMap 3.0: ein 32bit Windows-Programm zur Auswertung und Präsentation von Leitgeschiebezählungen nach der Circle-Map-Methode (CirMap 3.0: a 32bit Windows Program for the analysis and presentation of indicator counts by the Circle Map Method) — Archiv für Geschiebekunde 2 (8): 597-600, 2 Abb., Hamburg.

Gertz J 1985 Geest, Marsch und Urstromtal; Naturräumliche Gliederungen und geologische Strukturen des Wedeler Raumes — Steyer G (Hrsg.) Wedeler Tagebuch 1979-1984: 134-148, 9 Abb., 1 Tab., Wedel (Ilsemarie Steyer & Co.).

Goethe JW von 1820 Goethes Antwort an C. A. von Preen auf dessen Brief vom 08.04.1820 — Goethes Werke 32 Briefe v. 30.08.1819-22.04.1820. Hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimar (Hermann Böhlaus Nachf.).

Gohlke W 1996 Die Markgrafensteine in den Rauenschen Bergen bei Fürstenwalde / Spree - Ein Beispiel für die Verwendung eines großen Findlings — Geschiebekunde aktuell 12 (3): 73-77, 7 Abb., Hamburg.

Gottsche C & Wibel F 1876 Skizzen und Beiträge zur Geognosie Hamburg’s und seiner Umgebung. — Hamburg in naturhistorischer und medicinischer Beziehung. Den Mitgliedern und Theilnehmern der 49. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte als Festgabe gewidmet.: 1-38, Taf. 5, 2 Tab., Hamburg. [„Alle grösseren Geschiebe sind stark abgerundet, und statt der feinen parallelen >>Diluvialschrammen<<, die jeder Kalkstein des mittleren Diluviums (besonders bei Schulau) in so ausgezeichneter Weise zeigt, findet man nur unregelmässige Kritzer.” S. 15 (Kap. I. Oberes geschiebeführendes Diluvium.)]

Gripp K 1929 Glaziologische und geologische Ergebnisse der Hamburger Spitzbergen-Expedition 1927 — Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg 22 (3/4): 145-249, 39 Abb., 32 Taf., Hamburg.

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Heck H-L 1932 Überblick der geologischen Geschichte Schleswig-Holsteins und seiner Bodenverhältnisse. — 38 S., 47 Abb., 1 Tab., 1 Kte., Kiel (Überreicht von der Landesbrandkasse). [Junginterglaziales Torflager im Elbufer bei Schulau (Fot.: Emeis) Abb. 43-44]

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Hucke K 1967 Einführung in die Geschiebeforschung (Sedimentärgeschiebe) Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben und erweitert von Ehrhard Voigt (Hamburg) — 132 S., 50 Taf., 24 Abb., 1 Bildnis, 5 Tab., 2 Ktn., Oldenzaal (Nederlandse Geologische Vereniging).

Hucke Ka 1936 [Karl Hucke, Sohn von Kurt Hucke] Der Flint und seine Bearbeitung in der Vorzeit. — Zeitschrift für Geschiebeforschung und Flachlandsgeologie 12 (4): 165-178, 9 Abb., Leipzig. [Kippstein-Herstellung für Flinten Abb. 8+9]

Illies H 1954 Entstehung und eiszeitliche Geschichte der unteren Elbe — Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg 23: 42-49, 5 Abb., Hamburg.

Jagt JWM & Schöne G 2001 Fundbericht: Zwei Stunden am Schulauer Ufer (Find Report: Two Hours at the Beach of Schulau) — Geschiebekunde aktuell 17 (2/3) (Festschrift 65 Jahre Deutsches Archiv für Geschiebeforschung): 107-110, 1 Taf., Hamburg.

Kaiser K 1975 Die Inlandeis-Theorie, seit 100 Jahren fester Bestand der Deutschen Quartärforschung — Eiszeitalter und Gegenwart 26: 1-30, 3 Taf., 4 Abb., Öhringen/Württemberg. [Bildnisse von: Bernhard Friedrich Kuhn, Ignatz Venetz-Sitten,  Johann Georg von Charpentier, Louis Agassiz, Friedrich Karl Schimper, Adolf von Morlot, Jens Esmark, Otto Torell, Gabriel de Mortillet, Theodor Kjerulf; Zeittafel von 1605-1875]

Kegel H 1997 Johann Rist  Pfarrer, Barockdichter und Arzt in Wedel — Unveröff. Referat und Zusammenstellung von Heinz Kegel anlässlich seines 330. Todestages: 60 unnum. S., 31 Abb., Wedel (Stadtbücherei).

Lienau H-W 2003 Geschiebe Boten aus dem Norden — 230 S., 41 Taf., 76 Abb., 17 Tab., Hamburg (PacoL). [abgebildete Funde von Schulau: Diplotrypa [Monticulipora] petropolitana; Astylospongia praemorsa; Protochonetes striatellus; Acaste dayiana; Microsphaeridiorhynchus nucula; Ptylodictya lanceolata; Asmussia membranacea und Preleaia sp.; Fisch-Otolithen im Sternberger Kuchen; Carinatosquilla wulfi]

Linde R 1924 Die Niederelbe 6. Aufl. — Ambrosius E & al. (Hrsg.) Monographien zur Erdkunde 28: (VI+) 200 S., (1+) 104 teils farb. Abb., 1 farb. Kte., Bielefeld / Leipzig (Velhagen & Klasing).

Linke G & Hallik R 1993 Die pollenanalytischen Ergebnisse der Bohrungen Hamburg-Dockenhuden (qho 4), Wedel (qho 2) und Hamburg-Billbrook — Geologisches Jahrbuch (A) 138 [Holstein-Interglazial]: 169-184, 4 Abb., 1 Tab., Hannover. [Baumpollendiagramm für den hangenden marinen Abschnitt des Holstein-Interglazials in Wedel Abb. 3]

Lüttig G 1958 Methodische Fragen der Geschiebeforschung — Geologisches Jahrbuch 75: 361-417, Taf. 17-19, 17 Abb., 1 Tab., Hannover. [Geschiebezählungen in der Mark Brandenburg, Altmark (Ergebnisse der Umrechnung von Zählungen von Hesemann), Lüneburger Heide, bei Nienburg/Weser, im Harz-Weser-Gebiet, im Raum Hannover, Westfalen, Ruhrgebiet, Emsland, Niederlande; ”Die TGZ der wichtigsten nordischen Geschiebe” S. 403-410]

Lüttig G 2002 JULIUS HESEMANN - Zur Wiederkehr seines hundertsten Geburtstages (Julius Hesemann - On the Anniversary of his 100th Birthday) — Geschiebekunde aktuell 18 (2): 41-48, 1 Abb., Hamburg. [Julius Hesemann im Gespräch mit Hans Stille]

Lüttig G 2004 Ergebnisse geschiebestatistischer Untersuchungen im Umland von Hamburg — Archiv für Geschiebekunde 3 (8/12) [Schallreuter-Festschrift]: 729-746, 4 Abb., 3 Tab., Greifswald. [Ergebnisse von rund 370 Geschiebezählungen aus Holstein, West-Mecklenburg und Nord-Niedersachsen]

Martin C 2000-2002 (Hrsg.) Lexikon der Geowissenschaften — in 5 Bänden + Register-Bd., ca. 450 S. pro Bd., ca. 2500 Abb., Heidelberg etc. (Elsevier / Spektrum Akademischer Verl.). [mehr als 200 Autoren, ca. 20000 Stichworte, 30 Essays, ca. 400 biographische Artikel über Forscherpersönlichkeiten; parallel als CD-ROM erschienen (Landscape Gesellschaft für Geo-Kommunikation mbH, Köln); Essay über die Steinzeit von Michael Grigo Band Silc bis Z: 75-78, über Trilobiten von Ingelore Hinz-Schallreuter S. 242-245]

Meyn L 1859 Dolomitgeschiebe in Holstein. — Mittheilungen des Vereins Nördlich der Elbe zur Verbreitung Naturwissenschaftlicher Kenntnisse 3: 79-101, Kiel. [Aufzählung der Funde von Meyn, Martens und Fack und Vergleichung der reichhaltigen Funde in Schulau mit denen in Groningen]

Müller AH 1993 Lehrbuch der Paläozoologie 2 [Invertebraten] (1 [Protozoa - Mollusca 1]) 4. Aufl. — 685 S., 746 Abb., Jena / Stuttgart (Fischer). [Leiosphaera media Abb. 96; Astylospongia praemorsa Abb. 147]

Murawski H & Meyer W 2004 Geologisches Wörterbuch 11. erw. Aufl. — 262 S., 86 Abb., Amsterdam etc. / Heidelberg (Elsevier / Spektrum Akademischer Verl.).

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Petersen J 1900 Geschiebestudien. Beiträge zur Kenntniss der Bewegungsrichtungen des diluvialen Inlandeises. 2. Theil. Mit zwei Originalkarten. — Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg 16: 67-156, 2 Ktn., Hamburg (L. Friederichsen & Co.). [Cancrinit-Aegirinsyenit (auf Funde in Wiegers F 1899 von Schulau hingewiesen), Diabas-Gesteine; Gabbro und Hyperit; Eruptivgesteine des Christianiagebiets; Essexit, Pyroxenit, Augitporphyrit, Strahlsteinfels, Laurvikit, Laurdalit, Foyait, Nordmarkit, Rhombenporphyr (14 Stücke von Schulau S. 99), Grorudit, Gesteine der Diabasgruppe; Gesteine aus dem Rapakivigebiet, Granitische Gesteine von Angermannland, Rapakivi, Granit und Granitporphyr von den Ålandinseln, Granitische Gesteine aus Finnland; Ostsee-Quarzporphyr, Dalarneporphyre, Quarzporphyr, Venjanporphyrit; Granitporphyre und Hälleflinten aus Småland; Die Bewegungsrichtungen des diluvialen Inlandeises S. 139-156]

Picardt J 1660 Korte Beschryvinge van eenige vergetene en verborgene Antiquiteten der provintien en Landen gelegen tusschen de Noord-Zee, de Yssel, Emse en Lippe : Waer by gevoeght zijn Annales Drenthiae, dat zijn eenige aenteyckeninghen en memoiren, van sommige gedenckwaerdige geschiedenissen, gepasscert in het antiquiteet-rijcke landschap Drenth ... Mits gaders een korte beschrijvinge der Stadt ; Met koopere platen verciert / t'Samen vergadert, en aen't licht gebracht  — 302 S., 7 Taf., Amsterdam (van Goedesbergh).

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Rannegger A 2005 Auf den Spuren der Fundstücke der Vergangenheit  Gesucht wird: Der Opferstein des bekannten Wedeler Theologen und Dichters Johann Rist — Wedel-Schulauer Tageblatt 48 (4) vom 06.01.2005: 3, 2 Abb., Pinneberg (A. Beig).

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Rudolph F 2004 Strandsteine Sammeln & Bestimmen von Steinen an der Ostseeküste und im Binnenland — 153 S., 164 Farb-Abb., 1 Tab., 2 Farb-Ktn., zahlr. kleine S/W-Ktn., Neumünster (Wachholtz). [die S/W-Karten zeigen die jeweiligen Herkunftsgebiete der Gesteine]

Rust A 1962 Die Kulturreste der Altonaer Stufe von Wittenbergen — Rust A & Steffens G 1962 Die Artefakte der Altonaer Stufe von Wittenbergen Eine mittelpleistozäne Untergruppe der Heidelberger Kulturen — S. 25-80, 78 Tafeln, Neumünster (Wachholtz).

Schallreuter R 2004 20 Jahre Gesellschaft für Geschiebekunde (GfG) und 80 Jahre Gesellschaft für Geschiebeforschung (GfGf) — Geschiebekunde aktuell 20 (2/3) [Doppelheft 20 Jahre Gesellschaft für Geschiebekunde]: 33-42, 4 Abb., 3 Tab., Hamburg / Greifswald.

Schöne G 2002 Geschiebezählung am Schulauer Ufer (Teil II) - Der saalezeitliche Till von Tinsdal bis Wedel-Schulau [Indicator Geschiebe (glacial erratic boulders) Counts at Schulauer Ufer (Part II) - The Saalian Till from Tinsdal to Wedel-Schulau] — Geschiebekunde aktuell 18 (4): 113-127, 16 Abb., 2 Tab., 2 Ktn., Hamburg. [historische (Johannes Korn) und aktuelle (det. Gerd Lüttig) Geschiebezählungen]

Schöne G 2003 Eiszeit-Zeugen vom Schulauer Ufer — Jahrbuch für den Kreis Pinneberg 2004:  195-205, 10 teils farb. Abb., Pinneberg (Kommissionsverl. Brunhild Andreesen).

Schöne G 2004 (Hrsg.) Festschrift zum 65. Geburtstag von Roger Schallreuter — Archiv für Geschiebekunde 3 (8/12) [Schallreuter-Festschrift]: 461-848, zahlr. kapitelweise numm. Farb- u. SW-Abb., Greifswald. [Bildnisse des Geehrten S. 469+470]

Schöne G 2004 Bibliographie der geologischen und mineralogischen Veröffentlichungen zum Schulauer Ufer — 1 Diskette mit ca. 44 kByte [~ 9 S. Text], Hamburg (Gesellschaft für Geschiebekunde). [Bisher sind 65 Zitate zusammengestellt worden. (Stand 31.12.2004)]

Schöne G 2004 Bibliographie der Geschiebe des pleistozänen Vereisungsgebietes Nordeuropas Teil I - Teil VI Version 3.8 — 1 CD-ROM mit 12 866 Titeln, Hamburg (Gesellschaft für Geschiebekunde). [Enthält: Kaerlein F 1969, 1985, 1990; Schallreuter R 1998, Schöne G 2002 sowie 2795 weitere Zitate des in Arbeit befindlichen Teils VI; Stand 29.12.2004]

Schöne T & Schöne G 2003 Der Geschiebe-Browser - Recherchier-Software, angewendet auf die umfangreiche Geschiebe-Literatur zum Pleistozän — Geschiebekunde aktuell 19 (3): 97-100, 1 Abb., Hamburg / Greifswald.

Schroeder H & Stoller J 1909 Diluviale marine und Süßwasser-Schichten bei Uetersen-Schulau. — Jahrbuch der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt 27 (1906): 455-527, Taf. 13-15, 4 Abb., 11 Tab., Berlin. [Geschiebebearbeitung von Korn S. 473-480]

Sefström NG 1836 Über die Spuren einer sehr großen urweltlichen Fluth. — Poggendorff JC (Hrsg.) Annalen der Physik und Chemie 38 (115): 614-618, Leipzig.

Sefström NG 1838 Untersuchung über die auf den Felsen Skandinaviens in bestimmter Richtung vorhandenen Furchen und deren wahrscheinliche Entstehung. — Poggendorff JC (Hrsg.) Annalen der Physik und Chemie 43 (120): 533-567, 2 Taf., Leipzig. [Urtext: Undersökning of de räfflor; Erklärung der Felsschrammen mit der Rollsteintheorie]

Semper JO 1856 Zur Kenntniß der bei Teufelsbrücke und am Elbestrande sich findenden Miocän-Conchylien. — Schulzeitung für die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg 10 vom 6. Dezember 1856: 41-42, Kiel. [Auf dem rechten Elbufer von Altona bis Schulau festgestellte 21 Species.]

Silberschlag JE 1780 Geogenie oder Erklärung der mosaischen Erderschaffung nach physikalischen und mathematischen Grundsätzen  Theil 1: X+194 S., 9 Taf., Berlin (Verl. der Buchhandlung der Realschule).

Steno N 1988 De solido intra solidum naturaliter contento dissertationis prodromus [Nicolaus Stenonis Versuch einer Annäherung ; Essai ; Dem Essai vorangestellt: Vorläufer einer Dissertation über feste Körper, die innerhalb anderer fester Körper von Natur aus eingeschlossen sind] —173 S., mit 1 Taf., Berlin (Akademie-Verl.) [Faksimile der Ausgabe Florenz und Nachdruck der Übersetzung von Karl Mieleitner, Leipzig 1923, Hrsg. Eginhard Fabian]

Torell O 1875 [Schliffflächen und Schrammen auf der Oberfläche des Muschelkalkes von Rüdersdorf] — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 27 [Protokoll der Sitzung vom 3.11.1875]: 961-962, Berlin (Wittertz). [Über einen gemeinschaftlich mit den Herren Berendt und Orth nach den Rüdersdorfer Kalkbergen unternommenen Ausflug. Begründung der Inlandeistheorie für Norddeutschland.]

Voigt E 1936 Die Lackfilmmethode, ihre Bedeutung und Anwendung in der Palaeontologie, Sedimentpetrographie und Bodenkunde — Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 88 (4): 272-292, 3 Taf., Berlin. [auch für Kreide-Bryozoen S. 280]

Voigt E 1938 Eine neue Methode zur mikroskopischen Untersuchung von Bernsteineinschlüssen — Forschungen und Fortschritte  Nachrichtenblatt der Deutschen Wissenschaft und Technik 14 (5): 55-56, Berlin. [mittels Lackfilm abgeformte Medianschnitte von Inklusen]

Voigt E 1949 Die Anwendung der Lackfilmmethode bei der Bergung geologischer und bodenkundlicher Profile — Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg 19: 111-129, 6 Taf., 2 Abb., Hamburg.

Wagenbreth O 1960 Aus der Vorgeschichte von Torells Glazialtheorie — Berichte der Geologischen Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik für das Gesamtgebiet der geologischen Wissenschaften 5 (3): 175-190, 3 Abb., Berlin. Zeise O 1889 Beitrag zur Kenntnis der Ausbreitung, sowie besonders der Bewegungsrichtungen des nordeuropäischen Inlandeises in diluvialer Zeit. — Inaugural-Dissertation, Albertus-Universität zu Königsberg in Pr.: 66 S., 1 Abb., 7 Tab., Königsberg. [Leitgeschiebe von den Ålands-Inseln und Finnland S. 42; Sedimentärgeschiebe und Krystallinische Geschiebe vom Schulauer Ufer S. 47-48]

Zwenger WH 2000 Petrographie und Heimat der Markgrafensteine in den Rauener Bergen bei Fürstenwalde (Spree) — Archiv für Geschiebekunde 2 (12): 897-903, 6 Abb., Hamburg.

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Erstellt: 24. April 2001. Last update: 7. Februar 2013.