Nach der Quartierbeziehung in der Pension ''Heidi'' am Freitag, den 16. Juli, machten sich alle Exkursionsteilnehmer auf den Weg zur Bergakademie, wo wir um 14.00 Uhr s.t. im Institut für Wissenschafts- und Technikgeschichte der TU und Bergakademie Freiberg vom Institutsleiter, Prof. Dr. Helmuth Albrecht, und seinem Mitarbeiter Dr. Frieder Jentsch empfangen wurden. Nach einer Kurzen Begrüßung und Einführung in die Bestände der dortigen Bibliothek erfolgte eine Führung durch die umfangreiche Modellsammlung des Instituts mit Herrn Dr. Jentsch. Die Modellsammlung umfaßt einen Zeitraum vom 18. bis 20. Jahrhundert. Darunter befinden sich Anschauungs- und Demonstrationsmodelle zur Wasserhaltung und Bohrtechnik aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts sowie neueste Modelle aus der DDR-Zeit für Brikettierungs- und Raffinerieanlagen.
Den ersten Tag der Exkursion beendete ein geselliges Beisammensein im Innenhof eines von Prof. Albrecht vorgeschlagenen Wirtshauses in der Altstadt am Untermarkt.
Am Sonnabend, den 17. Juli, fuhren die Exkursionsteilnehmer nach dem Frühstück zur Kehrgrube ''Reiche Zeche'' , wo uns um 9.00 Uhr Dr. Ing. Manfred Beyer erwartete. Nach dem ''Glück Auf'' der Begrüßung folgte eine kurze Einführung und Einweisung in bergbauliche Belange des Lehrpfades der Grube. Mit dem Personenförderkorb gelangten wir nach einer knappen Minute Seilfahrt in ca. 150m Teufe (Tiefe) auf die Ausgangstrecke der Befahrung. Die Erzvorkommen bildeten die Grundlage für einen über 800jährigen Bergbau auf Silber, Buntmetalle, Eisen und in der letzten Betriebszeit auch auf Uran. Das System von Erzgängen (Gänge entstehen infolge größerer tektonischer Bruchsysteme in der oberen Erdkruste; Spaltenöffnungen unteschiedlicher Mächtigkeit, Erstreckung und räumlicher Orientierung sind abhängig von tektonischen Hauptspannungen und der Plastizität des Gesteins.) wurde durch hydrothermale, mineralhaltige Lösungen gebildet, die in tektonisch geöffneten Spaltensystemen zirkulierten. Unter bestimmten Druck-, Temperatur- und geochemischen Bedingungen setzten sich aus den Lösungen die Gangminerale ab. Sehr tief reichende Brüche können auch als Aufstiegswege magmatischer Schmelzen dienen (z.B. ein Quarzporphyrgang). Die Freiberger Gangerzlagerstätte gehört zum Typ der Blei-, Zink-, Silber-Erzlagerstätten. Der Gang im Freiberger Revier beinhaltet überwiegend Erzminerlien, wovon hauptsächlich Buntmetalle und Silber das Nutzinteresse fanden. Die Notwendigkeit der Orientierung in den Grubenbauen aund die Bestimmung der räumlichen Lagen von Lagerstätten oder Lagerstättenteilen führte zur Markscheidekunst (''Mark'' bedeutet ''Grenze'' ), d.h. dem Vermessungswesen unter Tage. Gangtafeln und Markscheidezeichen /z.B. Neigungs- und Richtungsangaben) auf den von uns befahrenen Strecken sind Zeugen markscheiderischer Tätigkeit. Um das in die Grube eindringende und sich ansammelnde Wasser zu Tage zu fördern, sind maschinelle Einrichtungen wie Wasserräder zur Betreibung von Pumpen oder das Auffahren von Wasserlösungsstollen erforderlich. Nach dieser eindrucksvollen Befahrung und den vielen Erläuterungen dazu bedanken wir uns alle herzlich bei Dr. Beyer. Anschließend besichtigten wir noch die Betstube und anschließende Räumlichkeiten der ehemaligen Schachtanlage ''Alte Elisabeth'' , in denen sich Werkzeuge des Bergmanns, Pochbänke, auf denen Erzklumpen von Pochknaben (Alter zwischen 10 und 12 Jahren) mit Hämmern zerkleinert wurden, und eine 150 Jahre alte Balancierdampfmaschine (Sie wurde uns über eine Preßluftanlage vorgeführt.) sowie ein alter Pumpensatz befinden.
Abschließend besichtigten wir mit fachlicher Führung auf dem historischen ''Thurmhof Schacht'' das noch vorhandene, 1857 errichtete Pochwerkskunstrad, ein hölzernes oberschlächtiges Wasserrad mit 9m Durchmesser, das über einen Kunstgraben sein Aufschlagwasser zugeführt bekommt. Es wurde im Rahmen der Führung auch in Betrieb gesetzt. Seinerzeit diente es dem Antrieb der Nockenwellen für die Pochwerke in dem erhaltenen Aufbereitungsgebäude.
Nach einem Stadtrundgang und anschließender Erholung in einem Café am Obermarkt genoß jeder auf seine Art den herrlichen Sommerspätnachmittag. Abends besuchten wir gemeinsam ein historisches Weinlokal.
Am Sonntag, den 18. Juli, fuhren wir von unserem Quartier unter der sachkundigen Führung von Professor Dr. Otfried Wagenbreth zunächst in das südliche Freiberger Revier, um an einigen von ihm im Gelände ausgewählten Stellen vor Ort nocvh erhaltene Gebäude, Schachtförderanlagen und Teile des Freiberger Kunstgrabensystems mit den dazu gehörigen Teicanlagen, die als Wasserspeicher dienten, zu besichtigen. Erste Stadion war der ''Dreibrüderschacht'' , der heute als Kavernenkraftwerk genutzt wird, mit einem Oberwerk (mit 2 Turbinen von 2000 kW) und einem knapp 150 m tiefer liegenden Unterwerk (mit 4 Turbinen von 2400 kW). Als nächste Station fuhren wir auf ein ehemaliges Schachtgelände der Grube ''beschert Glück'' , auf dem sich u.a. ein noch gut erhaltenes Huthaus von 1786 mit Glockenturm befindet. Ein Huthaus ist auf Sächsisch gleichbedeutend mit Zechenhaus im Harzer Bergbau und das Gebäude, worin die Gezähe (Werkzeuge des Bergmanns) und Materialien aufbewahrt werden und wo sich die Bergleute vor dem Einfahren und nach dem Ausfahren versammeln. Anschließend ist Professor Wagenbreth mit uns Teile des Freiberger Kunstgrabensystems abgegangen. Er gab dabei Hinweise auf vereinzelte Halden im Gelände, wo sich sogenannte Lichtlöcher, d.h. von der Geländeoberfläche aus niedegebrachte enge Schächte befanden, um im Gegenortvortrieb und nach beiden Seiten hin einem von den Talsohlen bereits vorgetriebenen Stollen entgegen zu arbeiten und somit einen Wasserlösungsstollen oder Wasserlauf aufzufahren.
Abschließend fuhren wir in Bereiche des nördlichen Freiberger Reviers, zuerst zum Gelände eines stillgelegten Amalgamierweriks einschließlich Erzwäschen. Amalgamieren bedeutet das Ausziehen des Silbers aus den fein zerkleinerten Erzen mittels Quecksilber, wobei sich das Silber im Quecksilber löst und die Gesteinsanteile sich an der Oberfläche sammeln und mühelos abgetrennt werden können. Bei der anschließenden Destillation wird das Quecksilber in reiner Form wiedergewonnen, während das Silber zurückbleibt. Als letzte Objekte besichtigten wir noch erkennbare Reste der Altväterbrücke bei Rothenfurth, die Ende des 17. Jahrhunderts als Aquädukt errichtet worden war, um die Betriebswasser von einem jenseits der Mulde befindlichen Kunstgrabens zur Grube ''St. Anna samt Altväter'' auf das dortige Kunstrad (Wasserrad) leiten zu können, und das erste bekannte, 1788 ebenfalls an der Mulde gebaute ''Schiffshebewerk'', ein Kahnhebehaus. Nachdem ein Erzkahn von der Mulde aus in das Hebewerk eingefahren war, wurde er an einen Flaschenzug angehängt und gehoben. Eine Laufkatze befördert den Kahn dann innerhalb des Hebewerks über ein Oberbecken zum höhergelegenen Wassergraben, über den der Erzkahn zum Bestimmungsort gelangen konnte. Der zu bewältigende Höhenunterschied betrug etwa 12 Meter.
Alle sieben Teilnehmer dankten Professor Wagenbreth ganz herzlich
für seine informative Führung im Gelände und luden als
kleine Geste der Dankbarkeit Professsor Wagenbreth zum Mittagessen in
Freiberg ein. Am späten Nachmittag traten wir dann mit unseren
Privatfahrzeugen die Rückreise nach Hamburg an. Für alle
Teilnehmer war die Exkursion nach Freiberg und ins einstige
Bergbaugebiet ein in jeder Hinsicht bleibendes Erlebnis.